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Modesty Blaise 09: Die Lady fliegt auf Drachen

Modesty Blaise 09: Die Lady fliegt auf Drachen

Titel: Modesty Blaise 09: Die Lady fliegt auf Drachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter O'Donnell
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Jack. Schafft sie an Bord. Fesselt sie zuerst, wenn es nicht anders geht. Dieses Schlauchboot ist für ein Handgemenge nicht geeignet.»
    Die beiden Männer starrten einander an, dann starrten sie auf das dunkelhaarige braunhäutige Mädchen mit den langen Beinen, das seelenruhig im Heck saß.
    Das Aufflammen des Zornes in ihren mitternachtsblauen Augen hatten sie nicht gesehen; jetzt war ihr Gesicht völlig ausdruckslos, während sie gedankenverloren auf ihren Ersatzmast blickte. Jack sagte: «In Ordnung, Boss», und lachte etwas verlegen, als er sich auf die Kajüte zu bewegte. «Wie wär’s, wenn du friedlich kämst, Schöne? Es wäre zu deinem eigenen Besten.»
    Die
Wasp
bot keine stabile Basis für einen Wurf nach dem Lehrbuch, und sie wußte, daß sie improvisieren mußte. Mit einem resignierten Nicken streckte sie die Hand aus. Als er sie nehmen wollte, beugte sie sich vor, packte sein Handgelenk, drehte es herum, ging in die Knie, um seine Beine von hinten zu umklammern, und verwandelte damit seine Vorwärtsbewegung in eine seitliche Rolle, wodurch er mit Schwung über Steuerbord sauste. Sein heiserer Schrei voll ungläubiger Wut wurde vom Aufklatschen im Wasser erstickt.
    Solon stellte den Motor des Schlauchbootes ab und sagte: «Schweinerei. Pack sie, Charlie.»
    Charlie blickte einen Moment mit wütend zusammengepreßten Lippen ins Leere, dann sprang er vorwärts und duckte sich, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren. Sie drehte sich zu ihm und stand jetzt mit dem Rücken gegen die Treppe. Als er nahe genug war, streckte sie ihm ihren rechten Fuß entgegen, den er am Knöchel packte. Sofort brachte sie das Knie zum Kinn und riß ihn nach vorn. Die Ellbogen auf das Dach der Kajüte gestützt, schwang sie ihren freien Fuß hinter seinen Hals und den Mann selbst seitwärts nach Backbord. Um sich zu retten, ließ er ihren Knöchel los. Im gleichen Augenblick schleuderte sie den rechten Fuß vor, gegen seine Brust, und warf den Mann zurück. Solon hatte eben ein Bein über den Schandeckel geschwungen, als Charlie auf ihn prallte; beide fielen ins Schlauchboot. Es schwankte beim Aufprall hin und her, dann schwamm es langsam fort. Die
Wasp
drehte sich um ein paar Grade. Modesty sah Jack hustend und keuchend Wassertreten. Er schüttelte das nasse Haar von den Augen, blickte um sich und schwamm dann mit ungeschickten Brusttempi auf das Schlauchboot zu.
    Modesty startete den Motor, brachte die
Wasp
auf einen südlichen Kurs und setzte sich, während sie ein wenig ärgerlich ihren aufgeschundenen Ellbogen rieb, an die Ruderpinne. Es war nur eine kleine Verletzung mehr an ihrem wunden Körper, aber sie war überflüssig, und langsam wurde es ihr zuviel. Sie holte tief Atem, merkte, daß sie zitterte, und murmelte: «Ach, halt den Mund, du Jammerliese.»
    Als sie zwei Minuten später zurückblickte, sah sie, wie Jack ins Schlauchboot gezogen wurde, während seine Beine in der Luft herumruderten. Sam Solon kniete im Bug, schirmte mit der Hand die Sonne ab und blickte zu ihr herüber. «Tu, was man dir befiehlt, Mädchen!» wiederholte sie verwundert. Solons Arm bewegte sich. Sie sah ihn die Mütze abnehmen, sie hin und her schwenken und sie dann mit ausgestrecktem Arm hoch über den Kopf halten – als Salut. Es war ein freundschaftlicher Gruß, und vermutlich erwartete er, daß sie zurückwinkte, überlegte sie. «Großspuriger Hundesohn», sagte sie, dann führte sie Finger und Daumen zum Mund und stieß einen gellenden Pfiff aus. Sie wußte, daß er es nicht hören, wahrscheinlich nicht einmal die Geste erkennen konnte, aber es machte ihr Spaß, und sie fühlte, wie eine plötzliche Freude die Spannung der letzten Tage und der letzten Minuten von ihr nahm.
    Es bedeutete eine ungeheure Erleichterung, die Verantwortung für den kranken Mann los und wieder allein zu sein. Sie sah sich um und genoß bewußt die neue Situation. Schönes Wetter, eine Koje für sich allein und keine Krankenpflege mehr. Heute abend würde sie sich ein Festmahl zubereiten und eine Flasche Rotwein öffnen. Es war fast unmöglich, dem perfekten Glück näher zu sein, fand sie.
    Ohne Motor, das Großsegel auf dem Ersatzmast gehißt, glitt die
Wasp
zwanzig Minuten später in einer angenehmen Brise ruhig dahin. Modesty lag auf einer Matte, die sie auf dem Vordeck ausgebreitet hatte, auf dem Bauch und überließ ihren nackten Körper der heilenden Wirkung von Sonne und Wind, während sie in der zunehmenden Hitze vor sich hin döste. Das Flugboot

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