Modesty Blaise 09: Die Lady fliegt auf Drachen
unterhielten sich Blaise und Garvin hauptsächlich auf arabisch. Das schien nichts Gutes zu bedeuten, doch als Fouad, einer von Condoris Wächtern, geholt wurde, um die Bandaufzeichnung zu übersetzen, zeigte es sich, daß Dr. Fengs Gedächtnisblockierung gehalten hatte. Luke Fletcher hatte bloß seinen Namen erwähnt, sonst nichts. Der einzige Grund für die Geheimhaltung des Funkgesprächs war Modestys Wunsch, jede Publizität zu vermeiden.
Clarissa de Courtney-Scott hatte niemals unter Angst gelitten. Angst lag wie verschiedene andere damit verbundene Emotionen etwas außerhalb ihrer Gefühlswelt. Sie hatte sich keinerlei Sorgen gemacht, daß Fletcher sprechen könnte, als man ihn in das Spital in Sydney brachte. Wäre das der Fall gewesen, so hätten Beau oder der Patron eingegriffen. Eine Zeitlang berichteten alle Zeitungen über die Rettung Fletchers, doch die Story geriet bald in Vergessenheit. Der Patron aber blieb wachsam. Sobald er von Beau durch einen verschlüsselten Funkspruch von Fletchers Flucht gehört hatte, war er von Hobart nach Sydney geflogen und dort geblieben – jeden Augenblick bereit zu handeln, bis Fletcher nach Hause flog. Es hatte keine Probleme gegeben …
«Beau … darf ich … mich jetzt bewegen?»
«Warte.»
«Ohhh, du Scheusal.»
Als Fletcher ins Krankenhaus eingeliefert wurde, hatte der Patron bereits einen Vertrauensmann dort gehabt; vielleicht gehörte er zum Pflegepersonal. Jedenfalls kehrte Fletchers Erinnerung nicht zurück. Auch die Narkohypnose blieb erfolglos, und schließlich lehnte Fletcher alle weiteren Versuche ab. Zu diesem Zeitpunkt war auch Beau bereits in Sydney eingetroffen und bereit, wenn nötig, Fletcher jederzeit auszuschalten, aber …
Clarissa seufzte laut auf und klammerte sich an den Haltegriff. Beau würde wütend werden und sie wochenlang nicht anrühren, wenn sie nicht wartete. Zwischen zusammengepreßten Zähnen stieß sie hervor: «Ich weiß, daß man auf ihn aufgepaßt hat, aber das kann ja nicht ewig so weitergehen. Ich glaube … es wäre viel besser, ihn ein für allemal aus dem Weg zu räumen.»
«Das muß unser verehrter Patron entscheiden. Natürlich ist es ein Risiko, aber er ist, wie wir, ein Spieler.» Jetzt war Beauregard Brownes Stimme nicht mehr ganz beherrscht. «Aber es ist doch ein unerhört stimulierendes Spiel, Puppe? Findest du nicht auch?»
«Mmmhh.»
«Findest du nicht auch?»
«Mmmmhh. Beau!»
«Gut. Und jetzt los! Los, du geiles Luder! Weiter, weiter, weiter!»
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Eine Minute vor elf näherten sich Beauregard Browne und Clarissa de Courtney-Scott dem Hausboot auf einem Kanal nahe Ooster Park. Er trug eine schwarze Perücke und einen kleinen Schnurrbart. Aus dem linken Ärmel seines dunkelblauen Anzugs sah ein weißes Seidentaschentuch hervor. Das Mädchen hatte ihr Haar unter einem Schal verborgen. Sie trug Jeans, einen formlosen grauen Pullover und eine dunkle Brille. In der Hand hielt sie eine zusammengerollte Zeitung. Sie hatte keine Handtasche bei sich.
Als sie die kurze Gangway hinaufgingen und an der Tür klopften, öffnete ihnen ein breitschultriger Mann mit einem großen, eckigen Gesicht; er trug einen dunklen Anzug, ein weißes Hemd und eine grau-weiß karierte Krawatte. Er trat zurück, forderte sie mit einer Kopfbewegung auf, einzutreten, schloß die Tür hinter ihnen, blieb an der Tür gelehnt stehen und schob eine Hand unter den Rock. Weber saß an einem Tisch, rauchte eine braune Zigarette und machte auf einem Block Notizen. Auf dem Tisch standen ein paar Gläser und eine Flasche. Die frische, glatte Haut und das fröhliche Lächeln gaben Weber etwas Onkelhaftes. «Meine Freunde», sagte er und winkte einladend.
«Kommen Sie und setzen Sie sich. Wir wollen auf den Erfolg trinken.»
Beauregard blickte auf den großen Mann an der Tür und sagte: «Sie sind mißtrauisch, Mijnheer Weber. Das ist gut. Ich arbeite gern mit mißtrauischen Leuten. Das gibt mir ein Gefühl der Sicherheit.»
Weber grinste. «Bei mir sind Sie in Sicherheit, Mr. Smith. Kommen Sie. Sie und Miss Smith werden mit mir Schnaps trinken, ja?»
Sie gingen zum Tisch, schüttelten einander die Hand, nahmen die angebotenen Drinks und lächelten höflich, als Weber sein Glas auf «einen sehr klugen Engländer» erhob. Strahlend fuhr er fort: «Sie sind der Architekt, Mr. Smith, und ich bin der Baumeister. Sie entwerfen den Plan, und ich organisiere die Ausführung.»
Beauregard Browne nickte. In seinen Verhandlungen mit Weber hatte
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