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Mönchsgesang

Mönchsgesang

Titel: Mönchsgesang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Günter Krieger
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erst einmal durch Dutzende von Leibern zwängen müssen, denn diejenigen, für die es keine Hocker mehr gab, hatten sich auf den Dielen des Fußbodens breit gemacht.
    Inzwischen war es zur Gewissheit geworden: Es würde zum großen Kampf zwischen den Nibelungen und den Hunnen kommen. Zahlreiche Tote waren bereits zu beklagen. Und Gunther, Hagen und ihre Mannen saßen eingeschlossen in König Etzels großer Halle in der Falle.
    Der Spielmann zupfte an seiner Laute und erhob seine Stimme:
    »Das harte Streiten währte
bis die Nacht dann kam,
da wehrten sich die Gäste,
wie Helden lobesam
wider Etzels Recken
den sommerlangen Tag.
Hei, was da an Helden
tot vor ihnen lag!«
    »Wie schrecklich!«, schrie Kunigunde, die Bäuerin, als der Spielmann seine Laute abrupt verstummen ließ.
    »Halts Mundwerk, dummes Weib«, brummte ihr Gatte unwirsch.
    Eine räudige Katze, die durch ein Fenster in die Schenke hüpfte und den Menschenpulk ungläubig betrachtete, wurde unbarmherzig wieder nach draußen befördert. Der Spielmann fuhr fort.
    Zum Entsetzen aller hatte Krimhild die Halle, in der die Burgunden sich verschanzten, an allen vier Ecken anzünden lassen.
    »Das war's dann«, flüsterte der Bauer Rudolf dem Dorfherrn zu.
    Mathäus nickte. Dieses Inferno würde sicherlich keiner überleben. Wie er sich irrte …
    Voller Staunen erfuhren die Zuhörer, mit welchen Finessen die Eingeschlossenen dem Tod entgingen. Ihre Schilde als Feuerschutz gegen herabstürzende Balken, das Blut der Gefallenen als labender Trunk gegen die unerträgliche Hitze …
    »Igitt!« Bäuerin Frieda presste eine Hand auf ihren Mund.
    Das Gemetzel ging weiter. Die Zahl der Burgunden schrumpfte immer mehr. Gernot, Giselher, Volker, Dankwart und auch Rüdiger von Bechlarn – die Helden, deren Schicksal die Meroder seit drei Tagen gespannt verfolgten, sie alle starben in einem mörderischen Rausch von Blut und Gewalt. Schließlich gelang es dem Recken Dietrich von Bern, auch die beiden letzten Überlebenden, König Gunther und Hagen von Tronje, gefangen zu setzen. Die Meroder atmeten auf. So also endete das Epos der Nibelungen. Der Spielmann ließ seine Leier sinken. Doch plötzlich, als sich bereits die ersten von ihren Plätzen erhoben, fuhr er mit heller Stimme in seinen Vortrag fort. Denn das Morden war noch immer nicht zu Ende. Kriemhild, die Rachsüchtige, suchte das Kerkerverlies ihres Bruders Gunther auf, hieb ihm mit einem einzigen Schwertstreich das Haupt vom Rumpf.
    Wieder entsetztes Schweigen. Die Voreiligen sanken auf ihre Plätze zurück.
    Mit Gunthers Haupt trat Kriemhild in das Verlies des Tronjers, dem sie nach hitzigem Wortgefecht den gleichen Tod bereitete. Dieses unehrenhafte Verhalten jedoch missfiel dem alten Waffenmeister Hildebrand; also rächte er die beiden Toten, indem er auch Kriemhild erbarmungslos niedermetzelte. Endlich schloss der Spielmann:
    »Ich kann euch nicht berichten,
was weiter noch geschah,
nur dass man all die Frauen
und Ritter weinen sah.
Und Knappen auch und Knechte
um lieber Freunde Tod.
Hier hat die Mär ein Ende.
Das ist der Nibelungen Not.«
    Ein paar Bäuerinnen schluchzten in ihre Schürzen. Draußen jaulte ein Hund. Nach ein paar Augenblicken der allgemeinen Bestürzung sprang der Spielmann von seinem Podest.
    »Es hat mir viel Freude gemacht, liebe Meroder Bürger, euch mit der Mär der Nibelungen zu erfreuen«, rief er. Seine heitere Stimme indes wollte gar nicht zu der schwermütigen Stimmung passen, die er durch seine Verse geschaffen hatte. »Und wenn ich mir eure Gesichter anschaue, stelle ich fest, dass sie euch beeindruckt hat.«
    »Ihr seid ein wahrer Meister«, rief jemand aus der letzten Reihe, und alle nickten zustimmend.
    »Danke, Freunde. Aber ihr werdet einsehen, dass ich von eurem Lob allein nicht leben kann. Ein bisschen muss es auch klingeln.«
    Er zückte eine hölzerne Schale aus seinem Wams und schritt durch die Reihen. Allmählich wurde wieder Gemurmel laut. Erst jetzt registrierte Mathäus den stickigen Mief in der Gaststube. Er ließ sowohl dem Spielmann als auch Leo ein paar Münzen zukommen, bahnte sich einen Weg bis zur Tür und verließ die Schenke.
    Draußen war es längst dunkel. Mathäus sog die frische Abendluft in sich auf, reckte sich genüsslich und versuchte die Eindrücke der Mordorgie abzuschütteln. Natürlich, die Geschichte von den Nibelungen und deren Tapferkeit hatte ihn sehr beeindruckt, doch andererseits war ihm die Bosheit und Grausamkeit der Menschen wieder

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