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Mörder im Zug

Mörder im Zug

Titel: Mörder im Zug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Goyke
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schließen, aber dann wird er uns nicht mehr los. Wir brauchen überhaupt für alles 50 Jahre länger – haben wir eigentlich schon überall elektrisches Licht? Aber apropos Marvin: Wie geht es ihm?«
    »Gut, nehme ich an.«
    »Nehmen Sie an?« Uplegger spürte Barbaras kritischen Seitenblick. »Sprechen Sie denn mit ihm nicht über seine Gefühle?«
    »Äh … kaum.«
    »Das sollten Sie aber. Und auch über Ihre Gefühle – das wird Ihnen beiden gut tun. Ich habe gelesen …«
    »In der Ostsee-Zeitung ?«
    »Vielleicht …« Barbara kratzte sich nachdenklich am Kinn. »Nein, eher in unserem Fachblatt Der Kriminalist . Wissenschaftler der Universität Cardiff, also nicht die der Hühner-Uni, haben herausgefunden, dass Gespräche mit dem Vater der beste Schutz vor Nikotinsucht bei Jugendlichen sind.«
    »Jetzt psychologisieren Sie«, sagte Uplegger, den dieses Thema peinlich berührte. »Sie wissen doch, dass ich Psychologie für eine Pseudo-Wissenschaft halte.«
    Barbara blickte aus dem Fenster. Was sie zu sehen bekam, nannte man Großwohnsiedlung in Plattenbauweise, aber die Platte war unter Dämmstoffen und Farbschichten verschwunden und sah jetzt einigermaßen wohnlich aus. Trotzdem würden sie keine zehn Pferde in ein solches Neubaugebiet bekommen. Das Abgezirkelte der Straßen und das Schachtelartige der Häuser störten sie.
    Die Schneeschicht, die den Stolteraer Weg bedeckte, war noch unberührt. In den Einfamilienhäusern, die den Weg säumten, waren jedoch schon hier und da Fenster erleuchtet. Bald würden sich die ersten auf den Weg zur Arbeit machen und dem Schnee seine Jungfräulichkeit nehmen.
    Das Haus der Familie Medanauskas befand sich einige Meter von einem Hotel namens Warnemünder Hof entfernt. Das weißgestrichene Eigenheim wirkte ziemlich neu, und wenn man die Mansarde mitzählte, hatte es vier Geschosse. An der östlichen Wand erstreckte sich über drei Etagen ein Wintergarten beziehungsweise verglaste Balkons.
    Uplegger hielt in einer Ausweichbucht schräg gegenüber dem Haus. Sie waren hier so nah am Meer, dass die Luft intensiv nach Salz roch.
    Ein eisiger Nordwest biss in Wangen und Nase. Trotzdem gingen sie ein paar Schritte, um sich die Umgebung anzuschauen.
    Das Nachbarhaus war schlichter. Es stand mit der Giebelseite zur Straße und war grau verputzt. Eine Feldsteinmauer umgab das Grundstück, und neben dem Gartentor stand ein von innen beleuchtetes Firmenschild; man hatte vergessen, die Lampen auszuschalten, denn es war absurd anzunehmen, dass um halb sechs jemand das Bedürfnis hatte, sich bei Tina’s Nails & More die Nägel feilen oder die Füße massieren zu lassen. Der Spruch, mit dem Tina um Kunden warb, gefiel Barbara: Himmlische Schönheit hat eine irdische Adresse. Sie hob den Blick und betrachtete die westliche Seite des Hauses, das Perviltas Medanauskas für sich und seine Familie hatte bauen lassen. Im Fenster des Mansardenzimmers, aus dem ein seltsamer grünlicher Lichtschein drang, hing eine Fahne. Der breite blaue Streifen und die Hansekogge in dem Medaillon in der Mitte verrieten sofort, dass es sich um die Fahne des FC Hansa handelte. Um im diffusen Licht der Straßenlaternen auch die Beschriftung zu erkennen, musste Barbara die Augen zusammenkneifen. Plötzlich schüttelte sie ein lautloses Lachen, und sie winkte Uplegger herbei.
    »Können Sie lesen, was auf der Fahne da oben steht?«
    »Bisschen dunkel«, sagte er und streckte das Kinn vor. »Über dem Streifen steht F. C. Hansa Rostock . Darunter: Unsinkbar seit 1965.«
    »Unsinkbar wie die Titanic , oder?«
    »Tja. Wollen wir hineingehen?«
    »Wollen? Nein. Müssen? Ja.«
    Im Haus der Medanauskas’ brannte noch kein Licht. Der große Carport beherbergte einen schwarzen Mercedes und einen dunkelblauen Audi, aber es war noch Platz für einen dritten Wagen, was Barbara vermuten ließ, dass der Gastronom Perviltas bereits unterwegs war, um im Großmarkt einzukaufen. Dann musste er aber sehr früh aufgebrochen sein, womöglich nach Hamburg, und der Schnee hatte die Reifenspuren längst überdeckt.
    Uplegger läutete an der Gartenpforte. Im Haus erklang eine unbekannte Melodie.
    Es dauerte eine Weile, doch schließlich ging in der zweiten Etage hinter einer Gardine Licht an. Die Gardine wurde ein Stück zur Seite geschoben, und der Kopf eines Mannes erschien. Barbara hielt ihren Dienstausweis in die Höhe. Der Mann konnte natürlich nicht erkennen, dass es ein Polizeiausweis war, aber er wusste nun, dass ihn amtlicher

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