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Mörder im Zug

Mörder im Zug

Titel: Mörder im Zug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Goyke
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interessierte es sie trotzdem. Noch mehr allerdings beschäftigte sie die Frage, warum er ein solches Gewese um den Ersatzschlüssel von Andriejus’ Wagen gemacht hatte.
    Riccardo verschwand nach rechts in die Kirchenstraße. Barbara folgte, schließlich war der Kirchenplatz ihr Ziel.
    Auf Höhe der Apotheke steckte Riccardo das Handy in die Hosentasche. Er blieb stehen, schaute nach links, schaute nach rechts, überquerte die Straße aber nicht. Barbara ging schnurstracks zur Buchhandlung und warf einen Blick in die Auslagen, studierte die Spiegel – Bestsellerliste und stellte fest, dass sie wieder einmal nur Ramsch enthielt. Auf Platz 1 der sogenannten Sachbücher stand eine Anleitung zum Glücklichsein.
    Riccardo telefonierte wieder. Das Gespräch war kurz, und wenig später schoss ein roter Mitsubishi Pajero hinter der Kirche hervor, der mit quietschenden Reifen vor Riccardo anhielt.
    Barbara kniff die Lider zusammen, um den Fahrer besser sehen zu können. Es half alles nichts, sie musste endlich der Wahrheit ins Auge schauen und sich eine Brille beschaffen.
    Riccardo stieg ein. Kaum hatte er die Tür geschlossen, fuhr der Wagen an. Der Fahrer war höchstens dreißig, er hatte ein schmales Gesicht, wirres langes Haar und offenbar auch einen dünnen Vollbart.
    Barbara blickte dem Pajero hinterher. Am Heck klebte ein Reserverad, auf dessen Hülle sie die blau-weiß-rote Kogge des FC Hansa ausmachen konnte.
    Schon wieder Fußball! Barbara ging zu ihrem Wagen. Das Kennzeichen hatte sie sich eingeprägt. Zugelassen war der Pajero im Altkreis Bad Doberan, der unlängst in den trüben Fluten einer Reform untergegangen war.
     
    Uplegger und Barbara telefonierten. Er hatte das Handy vorschriftsgemäß in die Freisprecheinrichtung geklemmt, sie hielt es sich ordnungswidrig ans Ohr. Er fuhr 43 statt 50, sie 110 statt
    80. Barbara dachte: Wenn er das wüsste, würde er in die Luft gehen. Uplegger dachte ähnlich.
    »Andriejus führte neben seinem sichtbaren anscheinend noch ein unsichtbares Leben, für das ihm Claudia als Vorwand diente«, sagte sie. »Ich hab’s gewusst!«
    »Heißt Riedbiester etwa Rutengänger?«
    »Dumm tüch! Sie reden auch was zusammen, wenn der Tag lang ist! Ich brauche keine hellseherischen Fähigkeiten, ein Blick in sein Zimmer hat mir genügt. Es war so gewöhnlich wie das Zimmer eines Mannes, dem man es nicht zutraut.«
    »Es?«
    »Nun, was schon? Ein düsteres Geheimnis.«
    »Neunzig Prozent der Menschen leben in gewöhnlichen Zimmern«, sagte Uplegger und stoppte an einer roten Ampel.
    Barbara hatte grüne Welle und Lust, 120 zu fahren. Auf der Überholspur ließ sie alle hinter sich.
    »Ja, eben. Neunzig Prozent, was sage ich, neunundneunzig haben verbrecherische Gedanken, und das letzte Prozent wünscht sich, es hätte welche.«
    »Ist das Riedbiesters kategorischer Imperativ?«
    »Genau, Jonas. Übrigens hat mich der Mann ohne Eigenschaften angerufen und etwas von Pressekonferenz gemurmelt. Ich gehe zu so etwas ja nie hin, aber er hatte auch wirklich Wichtiges in petto. Die beiden Glatzen haben sich gemeldet.«
    »Freiwillig?«
    »Sieht so aus. Sie haben von dem Delikt gelesen oder gehört und sich gleich an die KPI gewandt.«
    »Was für anständige Bürger!«
    »Anständig wie neunzig Prozent.« Barbara näherte sich dem Schutower Ring, wo sie die Stadtautobahn verlassen wollte und daher die Geschwindigkeit drosseln musste, wollte sie nicht über die Leitplanke getragen werden. »Ann-Kathrin hat kurz mit ihnen gesprochen und erst einmal keinen negativen Eindruck. Sie hat sie für übermorgen zum Verhör vorgeladen. Was war bei Ihnen?«
    Uplegger fuhr auf der Rennbahnallee in Richtung Neuer Friedhof. Zu beiden Seiten der Straße erstreckte sich das Gelände des Zoos, den er lange nicht mehr besucht hatte, weil Marvin Zoobesuche inzwischen ablehnte: Tiere gucken war Marvins Ansicht nach etwas für kleine Kinder. Es war uncool.
    Uplegger erstattete einen knappen Bericht.
    »Mir ging heute schon einmal das Wort Sumpf durch den Sinn«, sagte Barbara. Uplegger hörte ein fürchterliches Gekreisch von Bremsen und fragte lieber nichts. »Alles Sonntagsfahrer! Also Sumpf auch bei Morten Kröner. Nun ja, es gibt noch uns, den faulen Pfuhl abzuziehen.«
    »Auch abzuziehn.«
    »Ja, ja, ich weiß, dass auch Sie eine höhere Bildungseinrichtung absolviert haben – und mit Gewinn!« Barbara drohte einem aufgebrachten Mann mit der Faust, dem sie die Vorfahrt genommen hatte. »Wo sind Sie?«
    »Auf

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