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Mörder im Zug

Mörder im Zug

Titel: Mörder im Zug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Goyke
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Hand. Marvin grinste. Uplegger wusste: Da war noch was.
    »Kann sein, dass wir bald das Geschäft unseres Lebens machen«, verkündete sein Sohn.
    »Wir?«
    »Du kriegst auch was ab.« Marvin grinste noch immer. »Guck mal in die Zeitung.«
    »Ja, das wird dich auch beruflich interessieren.« Oma Südstadt verließ den Raum und kehrte mit BILD zurück.
    »Seit wann lest ihr denn die?«
    »Marvin hat heute einen Schwung Zeitungen gekauft. Um deine Arbeit zu dokumentieren.«
    »Die Mörderjagd!«, rief Tim.
    »Über meine Arbeit steht nur selten etwas Wahres in der Zeitung«, sagte Uplegger genervt. Seine Mutter präsentierte ihm die Titelseite mit der Headline BRUTALER MORD IN ROSTOCKER S-BAHN, die ihn nicht überraschte. Die kleiner gedruckte Dachzeile lautete: Schweres Verbrechen versetzt Bahnfahrer in Angst . Ein Kurztext verwies zum Hauptartikel auf Seite 3. Uplegger schlug die Zeitung auf.
    Wie üblich weckte die Schlagzeile falsche Erwartungen, denn der Text war ziemlich kurz. Er enthielt keine Enthüllungen, und dass man den Mörder S-Bahn-Killer nannte, passte zum Blatt. Um die Seite zu füllen, gab es zwei Fotos.
    Das eine zeigte den von Polizisten bewachten Zug auf einem Abstellgleis des Hauptbahnhofs, vermutlich aus der Ferne von einem Bahnsteig aufgenommen. Das zweite elektrisierte Uplegger – und nervte ihn noch mehr. Als Quelle war privat angegeben, und es sah aus, als hätte es jemand mit dem Handy aufgenommen. Obwohl es unscharf war, erkannte Uplegger sofort das Haus und die Person, die sich halb abgewandt am Gartenzaun präsentierte. Außerdem ließ die Bildunterschrift keinen Zweifel zu.
    Von der Kripo verhört: Was weiß diese Künstlerin aus Schwaan über den S-Bahnmord?
    »Verdammt!«, fluchte Uplegger.
    »Aber Jonas!«, sagte seine Mutter.
    »Kapierst du, Papa?« Marvin stieß seinen Freund in die Seite. »Wir haben doch ein Bild von der. Das hab ich heute über Tims Smartphone im Internet angeboten.«
    »Was hast du?« Uplegger traute seinen Ohren nicht. »Bist du noch bei Trost?«
    »Wir haben es bei eBay eingestellt. Mit meinem Titel, also Bunter Knastausblick , aber ohne bunt. Als Gemälde der Rostocker S-Bahn-Mörderin … Du, das läuft wie Sau! Wir sind jetzt bei siebentausendfünfhundert.«
    »Nein, nein, nein!« Uplegger lehnte sich an die Wand. »Womit hab ich dieses Kind verdient? Woher hat er das bloß?«
    »Ich guck mal nach«, erbot sich Tim und zog ein iPhone aus der Tasche seines ACAB-Sweatshirts. Uplegger wusste, das der Aufdruck All cops are bastards bedeutete und den Straftatbestand der Beleidigung erfüllte, aber das war ihm egal. Alles war ihm egal, nur eines nicht: was sein Sohn tat.
    »Keine weiteren Angebote«, sagte Tim.
    Uplegger faltete die Zeitung zusammen und klemmte sie unter den Arm. »Wir sprechen uns noch!«
    »Aber du magst das hässliche Bild doch auch nicht. Oma meint, wir können einen röhrenden Hirsch an die Wand hängen.« Marvin feixte.
    »Das habe ich nie gesagt«, protestierte Upleggers Mutter.
    Uplegger ging wortlos. Eines musste er Penelope Pastor lassen, sie beherrschte die PR-Arbeit aus dem Effeff. Barbara würde vor Begeisterung im Rechteck springen.
     
    Sie sprang bereits, aber aus anderen Gründen. Der worst case aller Spirituosenliebhaber war eingetreten: Sie bekam den Flachmann nicht auf. Der perforierte Metallring, der normalerweise mit einem erfreulichen Knacken vom Schraubverschluss absprang, blieb an ihm hängen, eine Fatalität, die jedem Kenner von Taschenflaschen bekannt war. Wie Barbara gern sagte: Die größten Lügen des vergangenen Jahrhunderts waren der Kommunismus und die Sollbruchstelle.
    Als Uplegger eintrat, machte sie sich gerade mit einem Messer an dem Verschluss zu schaffen. Beides, Flasche und Messer, ließ sie schnell verschwinden, aber er hatte es zweifellos gesehen. Wütend knallte er die Zeitung auf ihren Schreibtisch.
    »Presseschau wollte ich erst heute Abend in der Badewanne machen«, sagte sie.
    »Dann werden die Zeitungen bloß nass. Hier, ein cooler Auftritt von Penelope!«
    Barbara betrachtete das unscharfe Foto, schüttelte den Kopf.
    »Clever ist unsere Amazone, keine Frage. Wenn ich ihr nur etwas am Zeuge flicken könnte … Wer mag sich wohl hinter privat verbergen? Sie selbst kann’s ja nicht sein. Simon Rauch?«
    »Das Foto kann jeder vorbeigekommene Schuljunge geschossen haben.«
    »Warum kein Schulmädchen? Wie auch immer, der Auftrag lautete, mach es unscharf. Ein Kind aus Neu Wiendorf, dem man befohlen

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