Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mörder im Zug

Mörder im Zug

Titel: Mörder im Zug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Goyke
Vom Netzwerk:
sagen.«
    »Aber wir sind Angehörige.« Riccardo stellte die Tüte mit dem bauchigen Gegenstand auf einen winzigen Tisch und rief: »Mama! Dein Essen!«
    Barbara schaute auf die Uhr: Es war kurz vor eins.
    »Papa kocht ihr jeden Tag etwas«, erklärte der Junge.
    Frau Medanauskas kehrte mit einer gläsernen Kaffeekanne und einem Stövchen zurück. Riccardo küsste sie auf die Wange und schickte sich an, den Laden zu verlassen, doch Barbara hielt ihn mit einer Handbewegung zurück. Die Mutter setzte Kanne und Stövchen auf den Tisch, nahm die Tüte, ging abermals ins Hinterzimmer und holte dort drei Tassen und ein Milchkännchen. An dem Tisch standen nur zwei zerbrechlich wirkende Stühlchen, die Barbara ihr und ihrem jüngsten Kind überließ; sie selbst lehnte sich an den Verkaufstisch.
    »Sprechen wir weiter über Claudia Brinkmann – und über Morten Kröner.«
    Riccardo zuckte zusammen, seine Mutter schenkte Kaffee ein und reichte Barbara eine Tasse.
    »Und über Andreas Auto.«
    »Sein Auto?« Lukrecija Medanauskas schaute Barbara aufmerksam an, Riccardo betrachtete das Stövchen. Ihm schienen diese Dinge unangenehm zu sein, aber das war verständlich, da er ja wusste, was es mit dem Verhältnis von Andriejus und Claudia auf sich hatte. »Was ist mit Auto?«
    »Eins nach dem anderen. Frau Medanauskas, es gibt etwas, das sie noch nicht wissen: Andrea war nicht mehr mit Claudia zusammen.«
    »Nein?« Sie wechselte ein paar lettische Worte mit ihrem Sohn, der nickte, den Kopf schüttelte und abermals nickte. Frau Medanauskas sank ein wenig in sich zusammen. »Warum er hat nicht gesagt?«
    »Das frage ich Sie. Sie beide. Ihnen, Frau Medanauskas, und auch Ihrem Mann hat er die Trennung verschwiegen. Riccardo, Sie wussten davon. Woher?«
    »Ich hab ihn irgendwann gefragt, was mit Claudia ist, weil er kaum noch von ihr erzählt hat. Also hat er es mir gesagt.«
    »Aber Ihnen gegenüber, Frau Medanauskas, hat er manchmal behauptet, er fahre noch zu ihr und übernachte dort, obwohl sie doch schon auseinander waren?«
    Die Mutter nickte. Aus ihren Augenwinkeln lösten sich ein paar Tränen und rannen über die Wangen.
    »Wussten Sie, Riccardo, wohin er wirklich gefahren ist?«
    »Nein.«
    »Aber dass er Ihre Eltern belogen hat …?«
    Riccardo stellte seine Tasse mit einer jähen Bewegung auf die Untertasse, sodass Kaffee überschwappte.
    »Er hat nie gelogen«, rief er gereizt.
    »Anscheinend doch. Wo könnte er denn gewesen sein?«
    »Keine Ahnung.«
    »Nein? Ihnen hat er sich doch anvertraut!«
    »Vielleicht ist er nur so durch die Gegend gefahren, um sich wegen des Ärgers bei der Arbeit abzureagieren?«
    »Die ganze Nacht?« Barbara löste sich von der Ladentheke und machte ein paar Schritte auf Riccardo zu. »Oder hatten seine nächtlichen Fahrten etwas mit Rauschgift zu tun?«
    »Rauschgift?« Riccardo bekam eine Fistelstimme. Seine Mutter erstarrte. »Was reden Sie denn da?« Die Stimme wurde etwas fester. »So ein Blödsinn! Rauschgift! Sie haben sich etwas einreden lassen von diesen Deppen aus den anderen Restaurants, stimmt’s? Bloß weil wir in Italien waren, haben wir doch nicht gleich was mit Drogen zu schaffen! Es gibt auch normale Menschen in Neapel! Da ist nicht jeder bei der Mafia.«
    »Das habe ich nicht behauptet.« Barbara stellte ihre Tasse auf den Tisch, beugte sich vor und blickte Riccardo tief in die Augen. Nach wenigen Sekunden senkte er die Lider. »Wir haben Marihuana und Kokain in Andriejus’ Passat gefunden. Deshalb frage ich.«
    »Sie lügen!« Riccardo sprang auf. Das Stühlchen stürzte um. »Sie wollen einem Toten etwas anhängen. Schämen Sie sich!«
    Barbara blieb die Ruhe selbst. »Wie kommt der Stoff in das Auto?«
    »Das wissen wir doch nicht.« Er stellte sich schützend vor seine Mutter. »Sehen Sie denn nicht, wie sehr Sie Mama mit Ihrem Verdacht belasten?«
    Das hatte Barbara bislang nicht gesehen, und nun verdeckte ihr Riccardo den Blick.
    »Wer hat Andriejus’ Wagen außer ihm benutzt?«
    »Claudia«, kam es wie aus der Pistole geschossen.
    »Das dürfte längere Zeit her sein. Mir scheint, dass jetzt Sie jemandem etwas anhängen wollen. Außerdem habe ich den Ersatzschlüssel in dem Körbchen in Ihrer Küche liegen sehen.«
    »Irgendwo muss er ja liegen.« Riccardo war in höchstem Maße erregt und stieß die Worte hervor. In seinem Blick lag eine enorme Wut, auch Hass – und Angst. Die Angst überwog.
    »Also ich hätte ihn mit auf mein Zimmer genommen«, sagte Barbara

Weitere Kostenlose Bücher