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Mörder im Zug

Mörder im Zug

Titel: Mörder im Zug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Goyke
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kühl.
    »Hat er eben nicht. Mama, ich glaube, wir sollten uns einen Anwalt nehmen.«
    »Ich nicht verstehen.« Frau Medanauskas lugte hinter dem Rücken ihres Sohnes hervor. Sie lächelte seltsam und hatte etwas Schüchternes und Kleinmädchenhaftes, als sie sagte: »Mir sehr leid tun, aber zu wenig Deutsch.«
     
    Morten Kröner konnte nicht mehr sitzen. Er stapfte durch den Raum, sog an der Zigarette, blies den Rauch zur Decke und gestikulierte.
    »Ich schwöre Ihnen, dass ich selber nicht kokse und es auch noch nie probiert habe. Ich weiß wirklich nicht, woher die Leute das Zeug bekommen. Aber ich hab das eine oder andere gehört und gesehen. Wie jeder, der sich im Nachtleben rumtreibt. Klar ziehen sich die Leute in den Klubs was rein. Oder in Bars.
    Außerdem hat mir mal jemand erzählt, dass der Stress in Nobelrestaurants so groß ist, dass dort nicht nur alle Köche eine Flasche mit Namensschild im Kühlschrank haben, sondern auch schnupfen. Oder die Kellner. Manchmal kriegen sie den Stoff sogar von ihren Chefs. Zur Leistungssteigerung. Sagt man. Nehmen Sie endlich zur Kenntnis, dass man Drogen fast überall bekommt; ich habe nicht übertrieben. Die Leute bringen sie aus Hamburg mit oder aus Berlin oder Amsterdam oder von sonst wo. Keine Ahnung, ob es auch in Rostock richtige Dealer gibt.« Erschöpft von seiner langen Rede, lehnte er sich an das Fensterkreuz und paffte.
    »Hm«, machte Uplegger bloß.
    »Was wollen Sie noch? Namen? Ich weiß keine!«
    »Was haben Sie in den letzten zwei Tagen gemacht?«
    Morten löste sich vom Fenster, trat zum Tisch und begann, die Bierflaschen zu schütteln. In einer fand er noch eine Neige, die er hinunterstürzte. Uplegger wurde übel. Der junge Mann brauchte dringend seinen ersten Joint.
    »Gestern hab ich im Casablanca aufgelegt. Das ist eine Disko am Alten Strom.«
    »Und dann kamen Sie erst halb sieben nach Hause? Wie lange …?«
    »Bis vier. Dann muss ich noch aufräumen und meine Anlage im Wagen verstauen. Einen Absacker nehmen. Um runterzukommen, bin ich kurz an den Strand gefahren, um den Kopf auszulüften. Ein paar Schritte Richtung Stoltera, aber es war mir zu kalt.«
    »Und am gestrigen Tag?«
    »Gepennt. Ich war am Abend davor in Güstrow.« Morten warf sich in den Sessel, drehte wieder eine Zigarette.
    Uplegger beugte sich vor, verschränkte die Hände im Schoß.
    »Sie waren am Tatabend in Güstrow? Wo genau?«
    » Gleis 5 . Da fand ein Ferkelschubsen statt. Schülerdisko.« Er beleckte die Klebefläche des Blättchens. »Von fünf bis neun. So etwas lohnt sich nie, aber man hat mich so nett gebeten …«
    »Wer?«
    »Ein Mädchen aus dem Klub.«
    »Jung?«
    »Neunzehn.«
    »Verstehe.« Uplegger schaute Morten an. Er schwieg, wartete einfach ab. Nachdem Morten die Zigarette angezündet hatte, wusste er wieder nicht, wohin mit den Händen. Upleggers Blick hielt er jedoch stand.
    »Ich bin natürlich mit meinem Auto nach Rostock gefahren und nicht mit der Bahn. Damit Sie nicht auf falsche Gedanken kommen …« Seine Stimme wurde leiser. »Ich war nicht in diesem Zug!«
    Uplegger schwieg.
    »Was wollen Sie denn noch?«
    Uplegger schwieg.
    »Ich kann Ihnen nicht mehr sagen.«
    »Wann haben Sie Andriejus zum letzten Mal gesehen?«
    »Vor drei Wochen. Sie nehmen an, weil ich mit Claudia gehe, war unsere Freundschaft beendet? War sie auch. Jedenfalls eine Weile. Aber ich hab ihn dann einmal in Güstrow getroffen. Speicherstraße. Er kam zu Fuß von der Arbeit, ich packte gerade mein Equipment aus. Muss irgendwann im September gewesen sein. Es war eine komische Situation, irgendwie peinlich. Für uns beide. Wir haben dann aber doch gequatscht: Was machst du so, was machst du? Wie geht’s Claudia? So was. Er kam dann sogar mit rein in den Klub, und wir haben ein Bier getrunken. War irgendwie ziemlich easy.«
    »Das war also im September?«
    »Hm.« Morten blies eine Rauchwolke in den Raum.
    »Und später?«
    »Er kam zweimal ins Gleis 5 . Musste nur aufs Plakat gucken, um zu sehen, wann ich da bin. Haben bisschen gelabert … Ich dachte, na, das wird wieder was mit uns. Denken Sie denn, dass ich nicht darunter gelitten habe, dass wir nicht mehr … Ich meine, er war mein bester Kumpel.« Morten schaute zu Boden und fuhr sich mit der rechten Hand über die Augen.
    Uplegger glaubte nicht, dass er zu sehr tiefen Empfindungen fähig war, doch das glaubte er nicht einmal von sich selbst. Vermutlich machte ihn bloß die Droge sentimental oder jetzt der Affe, den er

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