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Moerderische Fracht

Titel: Moerderische Fracht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lukas Erler
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aussprach, dass sie sich wie ein einziges Wort anhörte.
    »Bonjour Madame, parlez-vous allemand?«
    »Natürlich, Monsieur! Was kann ich für Sie tun?«
    »Hier ist Dr. Nyström aus München. Ich möchte mich erkundigen, wie es Monsieur Morisaitte geht. Er ist Patient in Ihrem Haus.«
    Die Dame am Telefon schaffte es, die Temperatur ihrer Stimme in Sekundenbruchteilen um mindestens fünfzehn Grad abzusenken.
    »Sind Sie ein Verwandter, Monsieur?«
    »Ich bin sein Cousin.«
    »Pardon, Monsieur, wir geben am Telefon prinzipiell keine Auskünfte über unsere Patienten. Ich glaube, das ist in Deutschland auch so!«
    Sie legte auf.
    »Arrogante Kuh«, schimpfte Anna.
    »Das hätte ich dir gleich sagen können!«
    »Ach ja? Und warum hast du nicht?«
    »Jetzt reichts! Du wolltest doch, dass ich da anrufe!«
    »Scheiß drauf, dann müssen wir eben hinfahren!«
    »Sonst noch was? Glaubst du wirklich, ich lasse hier jetzt alles stehen und liegen und schau mal eben in Antwerpen nach, ob ein schwerbehinderter Rollstuhlfahrer mit seinem Urinbeutel auch schön an Ort und Stelle ist?«
    Anna bückte sich und stellte den Küchenstuhl, den sie umgeworfen hatte, wieder auf. Steifbeinig ging sie zum Kühlschrank und holte eine Flasche Aquavit heraus. Sie betrachtete die Flasche nachdenklich, stellte sie wieder zurück, setzte sich hinter den Küchentisch und sah mich durchdringend an.
    »Du bist ein großer Schlaukopf, nicht wahr? Doktortitel, Forschungsgelder, Lehrauftrag, alles super! Leider kannst du nicht klar denken. Seit Jahren beschäftigst du dich mit Rehabilitation. Du bist stolz, wenn Patienten wieder laufen und sprechen lernen und du etwas dazu beitragen konntest. Und du wirst fuchsteufelswild, wenn irgendein blöder Ignorant behauptet, bei diesem oder jenem Patienten sei sowieso nichts mehr zu machen. Nur bei diesem einen, bei dem du dir sehnlichst wünschst, er möge in seinem Rollstuhl verrotten, da bist du dir ganz sicher, dass er das auch brav tut.«
    Ich schwieg betroffen. Obwohl ich tatsächlich absolut sicher war, dass Anna nicht recht haben konnte, hatte sie mich mit sieben Sätzen matt gesetzt und war mir bereits wieder einen Zug voraus.
    »Am besten, du fliegst«, sagte sie, »ich habe das vorhin schon gecheckt. Wenn du morgen früh um 9.25 Uhr vom Franz-Josef-Strauß-Flughafen abfliegst, bist du um kurz vor zwei in Antwerpen. Du kannst am frühen Abend zurückfliegen und bist um 22 Uhr wieder hier. Keine große Sache.«
    »Natürlich nicht. Im Grunde der reinste Spaziergang, vor allem mitten in der Woche! Und hast du auch schon gebucht?«
    »Nein«, sagte Anna bissig, »ich wollte dich nicht übergehen. Ich versuch es jetzt gleich mal online.«
    Während sie sich an meinem PC zu schaffen machte, rief ich im Institut an und nahm mir für den nächsten Tag frei. Ich dachte daran, wie oft ich früher Helens Sturheit verflucht hatte. Da kannte ich die kleine Schwester noch nicht.

Drei
    7. September
    D
    as Wetter in Antwerpen war erheblich schlechter als in München. Als ich am nächsten Tag nach der Landung am Flughafen in ein Taxi stieg, hatte sich der Himmel verdunkelt, und ein wolkenbruchartiger Sommerregen machte den Scheibenwischern derartig zu schaffen, dass der Fahrer für die Fahrt zur Klinik beinahe dreißig Minuten benötigte. Als ich ausstieg, hatte der Regen zwar etwas nachgelassen, doch auf dem kurzen Weg durch den Park zum Hauptportal wurde ich trotzdem innerhalb von zwanzig Sekunden bis auf die Haut durchnässt.
    Die elegante Mittvierzigerin an der Rezeption war die gleiche Dame, die mir vor über zwei Jahren den Weg gewiesen hatte, nur dass sie ihr ehemals hochgestecktes Haar jetzt offen trug. Ihr missbilligender Blick wanderte von der Spur, die ich auf dem Weg von der Tür zum Empfang hinterlassen hatte, zu meinen klatschnassen Haaren und dann hinunter zu den Pfützen, die sich um meine Schuhe bildeten. Nach einem kurzen Zögern riss sie sich zusammen und brachte ein sparsames Lächeln zustande.
    »Goedemiddag«, sagte sie.
    »Hallo«, sagte ich fröhlich, »hoe gaat het met u?«
    Sie lächelte überrascht. »Prima. En met u?«
    »Dank u wel. Kunt u mij alstublieft helpen? Mijn naam is Nyström. Ik spreek alleen maar’n beetje Nederlands. Waar vind ik …?«
    Sie strahlte mich jetzt förmlich an. Mein halbstündiger Blick in den Sprachführer während des Fluges hatte sich gelohnt.
    »Das war schon sehr gut«, sagte sie auf Deutsch, »ein wirklich netter Versuch. An der Aussprache müssen Sie

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