Moerderische Idylle
noch einen Schlüsselbund mit allerlei Schlüsseln, für die Haustür und sonstige Schlösser auf Papas Gutshof. Einen Autoschlüssel für einen zwei Jahre alten Volvo Modell S 40, den Linda von ihrem Vater zum Abitur geschenkt bekommen hatte. Sorgfältig auf dem privaten Parkplatz gleich vor dem Haus abgestellt. Jetzt stand er auf dem Hof des Polizeigebäudes, und die technische Untersuchung hatte nichts erbracht.
»Ja«, sagte Enoksson. »Vielleicht interessiert sich irgendwer für den Schlüssel zu Mamas Wohnung? Auch der liegt nämlich in der Schale auf dem Couchtisch.«
Enoksson zeigte eine weitere Großaufnahme der Keramikschale, mit einem kleinen roten Pfeil, der auf einen ganz normalen Patentschlüssel an einem metallenen Schlüsselring gerichtet war. Die einfache Erklärung dafür lautete nach Enoksson, dass sie den Schlüssel zu Mamas Wohnung meistens in der Hosentasche hatte, während der umfangreichere Schlüsselbund zu Papas Haus im Rucksack aufbewahrt wurde.
»Um die Sache mit dem Rucksack zu beenden«, sagte Enoksson, »so scheint nichts daraus zu fehlen. Und ihre Wohnung ist offenbar auch nicht durchsucht worden. Es scheint sich also nicht um einen Einbruch gehandelt zu haben. Das Geld in der Brieftasche, der Schmuck in der Schale und dann noch ihre Uhr… das ist so eine Rolex aus Gold und Stahl, die ihr Vater ihr zur Volljährigkeit geschenkt hat. Kostet wohl an die sechzigtausend.«
Nachdem sie den Inhalt von Lindas Rucksack durchgegangen waren, hatte Enoksson die verschiedenen Hilfsmittel vorgeführt, die der Täter benutzt hatte, um sein Opfer zu vergewaltigen, zu foltern und zu ermorden. Konkret handelte es sich um ein Tapeziermesser und fünf verschiedene Herrenschlipse. Sämtliche Hilfsmittel waren auf Bildern zu sehen, und für den Täter war es praktisch gewesen, dass alle sich bei seinem Eintreffen bereits in der Wohnung befunden hatten.
Das Messer hatten die Techniker auf dem Schlafzimmerboden entdeckt, doch ehe es dort gelandet war, hatte es zusammen mit allerlei anderen Anstreicherartikeln in einem roten Plastikeimer neben dem Spülstein in der Küche gelegen. Ein ganz normales Tapeziermesser, mit dem Tapeten, Textilien oder Teppichböden zurechtgeschnitten werden. Ein einschneidiges Messer mit schräger und verstellbarer Klinge mit einer Schneidefläche von etwa einem Zentimeter und scharfer Spitze am Ende.
»Damit hat er auf sie eingehackt«, sagte Enoksson. »Wir finden an Messer und Schaft ihr Blut, aber nicht die Fingerabdrücke des Täters. Sieht aus, als ob er die mit dem Laken abgewischt hat, mit dem sie zugedeckt war.«
Die fünf Schlipse hatten in einem Karton draußen in der Diele gelegen. Lindas Mutter hatte alte Bettwäsche, Handtücher und Kleidungsstücke zum Wegwerfen aussortiert. Auch fünf Herrenschlipse von etwas älterem und schmalerem Modell waren dabei gewesen. Irgendwann hatte der Vater des Opfers sie gekauft, und aus unklaren Gründen waren sie nach der Scheidung bei der Mutter gelandet und sollten jetzt weggeworfen werden, doch dann hatte der Täter sie benutzt, um die Tochter zu fesseln und zu erwürgen.
Drei Schlipse waren noch an Lindas Körper befestigt, als sie ermordet aufgefunden wurde. Der erste war um ihren Hals zusammengezogen, mit dem Knoten im Nacken, um dem rittlings auf ihr sitzenden Täter das Erwürgen zu erleichtern. Mit dem zweiten hatte er ihr die Hände auf den Rücken gefesselt. Der dritte war um ihren rechten Fußknöchel gebunden. Der vierte war zusammengeknüllt auf den Boden geworfen worden. An ihm waren Spuren von Lindas Speichel und ihren Zähnen gefunden worden. Der Täter hatte ihn als Knebel benutzt und ihn vermutlich nach dem Erwürgen selbst losgebunden. Der fünfte Schlips hing am obersten Brett am Fußende des Bettes, und andere Spuren wiesen darauf hin, dass er zu irgendeinem Zeitpunkt ebenfalls um Lindas linkes Fußgelenk gebunden worden war.
»Eine wirklich traurige Geschichte«, fasste Enoksson zusammen und schaltete seinen Projektor aus.
»Wie sieht es mit sonstigen Spuren aus«, fragte Bäckström. »Haare und Finger und andere Abdrücke und Fasern und dieser ganze Kleinkram, den Leute wie du an solchen Stellen eben finden?«
Da gab es allerlei, sagte Enoksson. Sie hatten etwa ein Dutzend unterschiedliche Haarproben gesichert und ans Labor geschickt. Kopfhaare, Körperhaare und Schamhaare.
»Ganz sicher stammen etliche von unserem Täter«, sagte Enoksson. »Aber die Analyse läuft noch. Wir haben
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