Moerderische Schaerennaechte
die Wand, um besser hören zu können.
»Würdest du das nicht? Verdammt peinlich, nicht als Reserveoffizier bei der Flotte angenommen zu werden. Jedenfalls bei so einem Vater.«
Es folgte ein Murmeln, das ich nicht verstand.
»Er hat immer noch die Möglichkeit, sich bei den Aufnahmen im September als Reserveoffizier bei der Küstenartillerie zu bewerben. Das ist nicht ganz so nobel, aber andernfalls endet er wohl als einfacher Zugfeldwebel.«
»Was der Papi dann wohl sagen würde …?«
Wieder Gelächter.
»Wenn er sich beim Abschlussmanöver im August blamiert, ist das Ding für ihn gelaufen. Genau wie für alle Soldaten, die er rausgeworfen hat.«
Einer der beiden spuckte auf die Erde.
»Wahrscheinlich ist das der Grund, warum er seine Jungs so piesackt. Er ist so verdammt darauf aus, dass sie eine gute Figur machen, die armen Teufel.«
Ich wartete gespannt auf die Fortsetzung.
»Für ihn ist das blutiger Ernst.«
»Sag ich ja. Er muss sich vor seinem Vater beweisen. Du weißt, dass sie sagen, der Alte könnte nächstes Mal Oberbefehlshaber werden?«
Die Stimmen wurden schwächer, und ich hörte Schritte, die sich entfernten. Aus der Ferne waren die Schreie von Möwen zu hören, die sich um die Küchenabfälle des Tages zankten.
Es durchlief mich kalt, ein unbehagliches Gefühl, das nicht weichen wollte.
Mittwoch (dritte Woche)
Kapitel 62
Simons Bemerkung vor dem Einschlafen hatte Nora hart getroffen. Sie hatte mit den Tränen gekämpft, während sie die letzten Sachen aufräumte und sich bettfertig machte.
Nach Hause, hatte er gesagt. In ihr altes Reihenhaus.
Ihre neue Wohnung zählte für ihn nicht. Das war nur eine vorübergehende Lösung, bis er wieder in sein richtiges Zuhause zurückziehen konnte.
Als der Wecker am nächsten Morgen um fünf nach sechs klingelte, wollte sie nicht aufwachen; ihr Körper war bleischwer und träge vor Schlafmangel. Mit müden Schritten schleppte Nora sich unter die Dusche und wünschte, sie müsste nie mehr aus dem heißen Wasserstrahl heraustreten. Sie hatte keine Ahnung, wie sie es schaffen sollte, die Aufgaben des Tages zu bewältigen, aber schließlich drehte sie das Wasser ab und griff nach einem Handtuch.
Es war immer noch schummrig draußen, als Nora in die Küche kam, und sie zündete ein paar Teelichter an, um das ungemütliche Gefühl zu vertreiben.
Da kamen die Tränen.
Nora sank am Esstisch zusammen. Ihre Schultern bebten, während sie über Simons Wunsch weinte, darüber, dass Henrik am Abend zuvor mit Marie gekommen war, und darüber, dass Jonas sich nicht gemeldet hatte.
Ihr kam es vor, als wäre es eine Ewigkeit her, dass sie im Värdshuset gesessen hatte und so froh und voller Erwartung gewesen war.
Als sie schließlich aufhörte zu weinen, waren ihre Nase rot und die Wimperntusche verlaufen.
Nora holte tief Luft und riss ein Blatt Küchenpapier ab, um sich zu schnäuzen. Sie spritzte sich etwas kaltes Wasser ins Gesicht und stellte den Wasserkocher an. Dann ging sie ins Bad, um ihr Make-up auszubessern. Es war höchste Zeit, die Jungs zu wecken, wenn sie pünktlich zur Schule kommen sollten. Sie konnte es sich nicht leisten, noch länger zu heulen.
Als sie die Spuren einigermaßen beseitigt hatte, ging sie in Adams Zimmer. Sein Wecker hatte bereits geklingelt, aber er schlief oft wieder ein. Sie setzte sich auf die Bettkante und berührte ihn sanft an der Schulter.
»Ich bin wach«, murmelte er.
»Ich wollte nur nachsehen, sicherheitshalber.«
Nora zögerte, dann beugte sie sich hinunter und umarmte ihn leicht.
Er entzog sich ihr neuerdings so oft, dass sie nicht sicher war, ob er eine Zärtlichkeitsgeste von seiner Mutter akzeptieren würde.
Zu ihrer Überraschung erwiderte er die Umarmung, beinahe als verstünde er, wie verletzlich sie an diesem Morgen war.
Es ging ihr gleich etwas besser, als sie ihren Ältesten so in den Armen hielt.
»Papa war ziemlich blöd gestern«, murmelte er an ihrer Schulter.
Nora drehte den Kopf und sah ihm ins Gesicht.
»Wieso das?«
»Weil er Marie mitgebracht hat.«
»Magst du sie nicht?«
»Nein, das nicht.« Er schüttelte den Kopf. »Aber dies ist unsere Wohnung, nicht ihre. Ich fand’s doof, dass sie mitgekommen ist.«
»Ach, Schatz.« Nora fuhr ihm durchs Haar. »Ich bin sicher, Papa hat sich nichts Böses dabei gedacht.«
Adam nickte.
»Mhm … Ist es okay, wenn ich Lisa heute Nachmittag mitbringe? Bevor ich zu Wille gehe?«
Adams Stimme war leise. Nora strich ihm weiter übers
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