Moerderische Schaerennaechte
auf elf Uhr zu.
»Wie kommst du darauf?«
Thomas legte sein Buch weg.
»Sie hat mich heute Abend so merkwürdig angesehen. Meinen Bauch.«
Thomas beugte sich vor und gab ihr einen Kuss auf die Stirn.
»Meinst du nicht, du bildest dir das ein? Man kann überhaupt noch nichts sehen.«
»Machst du Witze?«, murmelte Pernilla, zog das Nachthemd hoch und zeigte auf ihren Bauch, von dem der Bauchnabel sich ein wenig abhob. »Siehst du nicht, wie rund der schon geworden ist? Wie ein Ball. Ich werde dick und fett sein, bis es soweit ist.«
Ein glückliches Lächeln flog über ihr Gesicht.
»Das wird ein richtiger Brummer.«
Thomas schüttelte den Kopf.
»Man sieht überhaupt nichts.«
»Ich kriege kaum noch die Jeans zu, und dabei sind es noch sieben Monate. Am Ende werde ich in einem Zeltkleid herumlaufen müssen.«
Pernilla sank mit übertriebenem Stöhnen zurück aufs Kissen. Thomas widmete sich wieder seinem Buch, und sie strich ihm mit dem Zeigefinger über den Rücken.
»Wie süß Simon heute Abend war.«
»Mhmm.«
Thomas war tief in seine Lektüre versunken.
»Simon war richtig tüchtig, dass er es geschafft hat, alle Kerzen auf einmal auszupusten, obwohl er noch so klein ist.«
»Mhmm.«
Sie stützte sich auf den Unterarm und betrachtete ihn.
»Hast du überhaupt gehört, was ich gesagt habe?«
Thomas zuckte zusammen.
»Was denn?«
»War Simon nicht toll, dass er alle Kerzen ausgepustet hat? Er ist erst acht.«
Irgendetwas in Thomas’ Unterbewusstsein rührte sich.
»Was hast du davor gesagt?«
»Simon war süß heute Abend.«
»Nein, das meine ich nicht. Du hast noch was anderes gesagt.«
Pernilla runzelte die Stirn, wiederholte jedoch: »Wie tüchtig von ihm, dass er alle Kerzen ausgepustet hat. Er ist ja erst acht.«
Acht. Wo hatte er die Ziffer acht neulich noch gehört?
Er sah Bo Kaufman vor sich. Das zerfurchte Gesicht, das aufleuchtete, als er in dem fleckigen Fotoalbum blätterte.
»Mich haben sie Hundertacht genannt. Ich war Hundertacht Kaufman.«
Die Gruppe hatte aus acht Küstenjägern bestanden, aber vom Marinekommando hatten sie nur die Namen von sieben Männern erhalten. Oder trügte ihn die Erinnerung?
»Ich muss kurz was nachsehen«, sagte er rasch zu Pernilla und stieg aus dem Bett. »Schlaf ruhig. Ich bin gleich wieder da.«
Thomas ging in die Küche, ohne Licht zu machen, und nahm Stift und Block aus einer der obersten Schubladen. Im Licht, das aus der Diele hereinfiel, schrieb er hastig alle Namen auf:
Kihlberg, Fredell, Kaufman, Martinger, Erneskog, Eklund.
Sechs Leute, waren das alle?
Er kaute auf dem Stift und versuchte, sich die Zettel mit den Lebensläufen in Erinnerung zu rufen.
Björn Sigurd, der Soldat, der in Bosnien gefallen war, fehlte. Thomas schrieb Sigurd auf die Liste.
Das waren nur sieben.
Es musste noch einen Küstenjäger geben.
Tagebucheintrag Juni 1977
Es ist schon fast halb elf, aber draußen ist es immer noch hell.
Wir sind den ganzen Tag gepaddelt, und das merkt man im Körper. Der Hintern tut weh, und die Muskeln schmerzen, dabei sind wir schon vor mehreren Stunden zurückgekommen.
Ich hatte hastig gegessen, um eine Weile allein auf der Stube sein zu können, bevor die anderen zu Bett gingen. Manchmal ist es schön, allein zu sein. Ich hatte mich gerade in meiner Koje ausgestreckt, als ich sie hörte.
Zwei Offiziere standen draußen vor dem Fenster und unterhielten sich.
Zuerst war es nur ein undeutliches Gemurmel, aber als ich glaubte, seinen Namen zu hören, wurde ich hellwach.
Sie mussten direkt an der Hauswand stehen geblieben sein, denn ich konnte sie jetzt deutlich verstehen. Zwei Männer, die über einen Dritten redeten.
Es ging um unseren Feldwebel.
»Kein anderer springt so mit seinen Leuten um«, sagte der eine. »Er lässt nicht eher locker, bis alles perfekt ist. Er ist brutal.«
Sie standen genau vor unserer Stube und rauchten, und durch das offene Fenster wehte der Duft ihrer Zigaretten herein. Vorsichtig schlüpfte ich aus dem Bett und stellte mich an die Wand neben dem Fenster.
»Er will wohl beweisen, dass er was taugt, genau wie alle anderen.«
»Als Ausgleich dafür, dass er es nicht auf die Marineschule geschafft hat?«
Das Gelächter, das darauf folgte, brauchte keine Erklärung; der Hohn war nicht zu überhören.
»Er dachte bestimmt, für ihn geht es wie geschmiert, weil sein alter Herr Admiral ist.«
Einer von ihnen riss ein Streichholz an und entzündete noch eine Zigarette. Ich presste mich an
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