Moerderische Schaerennaechte
Staubkorn wurde vom Rock gewischt.
»Als Sie die Informationen über die Gruppenmitglieder anforderten, habe ich angenommen, dass Sie nur die Daten der Personen haben wollten, die tatsächlich als Küstenjäger entlassen wurden.«
»Aha«, sagte Margit in einem Ton, der andeutete, dass die Erklärung sie nicht zufriedenstellte.
»Deshalb habe ich nur die Daten dieser sieben zusammengestellt.« Sie blickte Elsa Harning unsicher an. »Es war ganz sicher nicht meine Absicht, irgendetwas zu verfälschen.«
»Wie hieß der Mann, der nach Hause geschickt wurde?«, fragte Margit.
Birgit Hagelius zeigte auf den Aktenordner, der auf dem Tisch lag. Er war dunkelblau, und auf dem Ordnerrücken sah Thomas eine Jahreszahl. Mit schwarzen Buchstaben stand dort 1976.
»Das war ein Soldat namens Pär Andersson.«
»Warum musste er die Ausbildung abbrechen?«, fragte Thomas.
Nervös nahm Birgit Hagelius den Ordner auf den Schoß, blickte aber nicht hinein, bevor sie antwortete.
»Er wurde nicht nach Hause geschickt. Er ist gestorben.«
Kapitel 64
»Gestorben?«, wiederholte Thomas. »Wie das?«
Birgit Hagelius schien sich unbehaglich zu fühlen. Sie strich wieder ihren Rock glatt.
»Er hat Selbstmord begangen.«
»Wie bitte?«, sagte Margit.
»Er hat sich das Leben genommen«, sagte Birgit Hagelius. »Eine ganz traurige Geschichte.«
»Und absolut ungewöhnlich«, mischte Elsa Harning sich ein. »Es passiert äußerst selten, dass wir in unseren Streitkräften Fälle von Suizid zu verzeichnen haben. Das liegt daran, dass wir bei der Musterung sehr sorgfältige Tests durchführen. Personen mit Suizidneigung werden noch vor der Aufnahme abgefangen.«
»Aber in diesem Fall hat das also nicht geklappt?«, fragte Thomas.
Harning schüttelte den Kopf.
»Leider nicht.«
Thomas blickte wieder zu Birgit Hagelius.
»Wie ist das passiert?«
Sie öffnete den dunkelblauen Ordner, fuhr mit dem Zeigefinger am Register entlang und schlug den Buchstaben A auf.
»Eine Sekunde«, sagte sie und blätterte, bis sie zu einer eng beschriebenen Seite kam. »Pär Andersson wurde früh eines morgens im Duschraum der Baracke gefunden, in der seine Gruppe untergebracht war. Er hatte sich an einem Strick erhängt. Als man ihn fand, war er seit mehreren Stunden tot. Es war zu spät, um noch etwas tun zu können.«
»Oh Gott«, sagte Margit. »Das muss für Riesenaufsehen gesorgt haben.«
Birgit Hagelius nickte.
»Jetzt verstehen Sie vielleicht, warum ich ihn ausgeschlossen habe.«
»Gab es irgendeine Erklärung, warum er sich das Leben genommen hat?«, fragte Thomas.
»Ja. Auf seiner Stube wurde ein Brief gefunden, in dem er schrieb, dass er es nicht mehr aushält.«
»Was war das, was er nicht mehr ausgehalten hat?«, wollte Margit wissen.
Elsa Harning mischte sich erneut ein.
»Damals ging es ziemlich hart zu bei den Küstenjägern. Darüber sprachen wir ja bereits bei Ihrem letzten Besuch. Vermutlich hatte er den Leistungsdruck nicht mehr ertragen. Das ist sehr bedauerlich, kann aber in Einzelfällen vorkommen. Manchen Soldaten fehlt einfach der notwendige Killerinstinkt. Diese Erkenntnis kann für den Betreffenden schwer zu verdauen sein, in diesem Fall allzu schwer.«
»Wann ist dieser Todesfall passiert, welches Datum?«, fragte Margit kühl.
Thomas kannte die Anzeichen ihrer Verärgerung. Elsa Harnings Versuch, Pär Andersson die Schuld zu geben, hatte dafür gesorgt, dass Margit instinktiv Partei für den toten Soldaten ergriff.
»Moment, ich sehe nach.« Birgit Hagelius überflog den Text. »Das war im Spätsommer 1977, am 31. August, genauer gesagt.«
»Also vor fast genau dreißig Jahren? Habe ich das richtig verstanden?«
»Ja.«
»Wo ist er gestorben?«, fragte Thomas.
Er ahnte schon, was die Antwort sein würde.
»Auf Korsö.«
Thomas nickte. Immer mehr deutete darauf hin, dass Korsö der Schlüssel war.
»Können Sie uns eine Kopie der Akte Pär Andersson überlassen?«, fragte Margit.
Elsa Harning wirkte irritiert, verbarg es aber schnell hinter einer neutralen Gegenfrage.
»Wozu?«
Thomas konterte mit gleicher Münze.
»Gibt es formelle Gründe, uns nicht an dem Material teilhaben zu lassen?«
Elsa Harning schüttelte den Kopf, als hätte sie in Sekundenschnelle die Vor- und Nachteile, ihm das Gewünschte zu verweigern, gegeneinander abgewogen.
»Bitte denken Sie daran, dass es sich um sensible Informationen handelt, die nicht an die Öffentlichkeit gelangen sollten«, sagte sie. »Der Mann hat
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