Moerderische Sehnsucht
marschierte sie hinaus, und als sie aus der Garage auf die Straße bog, achtete sie instinktiv auf einen möglichen Verfolger. Während sie gedanklich bei der armen Ariel Greenfeld war.
Sie betete darum, das Bewusstsein zu verlieren, aber vor den fürchterlichen Schmerzen gab es einfach kein Entfliehen. Selbst als er endlich von ihr abließ, hielten sie die Schmerzen weiter wach. Sie versuchte, an ihre Freunde, ihre Familie, das Leben, das sie bisher geführt hatte, zu denken, aber all das kam ihr so fern vor, als hätte sie niemals etwas damit zu tun gehabt. Alles, was einmal gewesen war, nahm sie nur noch verschwommen wahr.
Es gab nur noch das Jetzt, nur noch die Schmerzen, nur noch ihn.
Und an der Wand tickte die Uhr. Sieben Stunden, dreiundzwanzig Minuten, während der Sekundenzeiger unbarmherzig weiterlief.
Also dachte Ariel daran, wie sie ihn dafür bezahlen lassen würde, dass er ihr alles genommen hatte, was ihr einmal wichtig gewesen war. Ihr Leben, ihren Ordnungssinn, ihre kleinen Freuden, ihre Hoffnungen und Träume. Wenn sie sich doch nur befreien könnte, würde sie den Kerl dafür bezahlen lassen, dass sie nackt auf diesem Stahltisch lag.
Du musst mit ihm sprechen, dachte sie. Finde einen Weg, um ihn noch einmal zum Reden zu bewegen.
Denn nur wenn du ihn zum Reden bringst, hast du noch eine Chance.
Eve stellte fest, dass es sie wütend machte, als niemand ihr zu folgen schien. Vielleicht hatte er es sich ja anders überlegt. Vielleicht hatte sie ihn auf irgendeine Art verschreckt und er machte sich genau in diesem Augenblick an eine andere unschuldige Frau heran .
» Bin am Ziel und gehe jetzt ins Haus«, sprach sie in ihr Mikrofon. » Feeney, mach mich froh.«
» Der Durchsuchungsbeschluss ist unterwegs.«
» Okay. Und jetzt haltet die Klappe, ja? Kommt in zehn Minuten nach.«
Sie studierte das Gebäude, während sie über die Straße ging. Es war aus solidem, wenn auch leicht verblichenem, rotem Backstein, hatte zwei Türen vorn, zwei Türen hinten sowie in der oberen Etage einen Notausgang. Einschließlich des Kellers wies es drei Geschosse auf. Vor den Fenstern waren Gitter angebracht und neben der Tür hing eine teure Überwachungskamera.
Falls Ariel in diesem Haus gefangen war, dann bestimmt in einem Kellerraum. Im Erdgeschoss befand sich das Bestattungsinstitut und im ersten Stock lagen wahrscheinlich die Büros und Räume für das Personal.
Sie erklomm die kurze Treppe, drückte auf den Klingelknopf und einen Moment später machte eine dunkelhäutige Frau in würdevollem Schwarz ihr auf. » Guten Tag. Was kann ich für Sie tun?«
Eve zückte ihre Dienstmarke. » Sarifina York.«
» Ja, wir versammeln uns gerade im Raum der Stille. Bitte kommen Sie herein.«
Eve betrat das Haus und sah sich um. Eine breite Eingangshalle teilte die Etage in zwei Hälften auf. Es roch nach Blumen und nach Möbelpolitur, durch die offene Flügeltür zu ihrer Linken sah sie, dass schon eine kleine Gruppe Menschen für die Feier dort versammelt war.
» Ich muss mit dem Verantwortlichen sprechen.«
» Dem Verantwortlichen für die Feier?«
» Dem Verantwortlichen dieses Ladens.«
» Oh. Selbstverständlich. Mr Travers spricht gerade mit einem Kunden, aber…«
» Was ist mit Mr Lowell?«
» Mr Lowell ist nicht da. Er lebt in Europa. Aber Mr Travers führt hier die Geschäfte.«
» Wann war Mr Lowell zum letzten Mal hier im Institut?«
» Das kann ich wirklich nicht sagen. Ich arbeite seit zwei Jahren hier und bin ihm bisher noch nie begegnet. Ich nehme an, man könnte sagen, dass er sich weitgehend aus dem Geschäft zurückgezogen hat. Möchten Sie mit Mr Travers sprechen?«
» Ja. Sie werden ihn stören müssen. Ich bin im Rahmen offizieller polizeilicher Ermittlungen hier.«
» Selbstverständlich.« Als tauche jeden Tag eine Polizistin in dem Laden auf, bedeutete die Frau ihr lächelnd, voranzugehen. » Wenn Sie bitte mitkommen würden, führe ich Sie in eins der Wartezimmer im oberen Stock.«
Eve warf im Vorbeigehen einen Blick in den Raum der Stille. Dort waren Fotos von Sarifina aufgestellt, es gab jede Menge Blumen und aus den Lautsprechern in den Ecken drang Big-Band-Musik im Retro-Stil, denn die hatte die Verstorbene geliebt.
» Was ist unten im Keller?«, fragte sie.
» Dort sind die Arbeitsräume. Dort richten wir die Verstorbenen her. Viele Hinterbliebene möchten die Menschen noch einmal sehen, die sie verloren haben.«
» Sie balsamieren die Toten also ein und schminken
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