Moerderische Sehnsucht
Und auch ihm selbst täte, verdammt noch mal, etwas zu essen gut.
Dann kehrte er an seinen Arbeitsplatz zurück und sah sich die Liste noch einmal an.
Lowell in der Lower East Side, ein Bestattungsinstitut. Dort fände die Gedenkfeier für Sarifina statt. Heute, fiel ihm ein. Er sollte kurz vorbeifahren und ihr seinen Respekt erweisen, überlegte er.
Er rief die Seite des Bestattungsinstituts auf dem Computer auf, um nach dem Termin für die Gedenkfeier zu suchen. Wenn er hier nicht wegkam– und die Lebenden hatten den Vorrang vor den Toten–, würde er zumindest ein paar Blumen schicken. Denn sonst käme er sich wirklich schäbig vor.
Er schrieb sich die Uhrzeit, die Adresse und den Raum, in dem die Feier abgehalten würde, auf. Es war wirklich clever, dachte er, dass man von der Seite auf die Homepage eines Blumenladens in der Nähe kam. Praktisch und bequem. Doch vertraute er die Auswahl des Gebindes lieber seiner Sekretärin Caro an.
Nachdenklich blickte er auf den Link › Geschichte‹ und klickte ihn kurz an. Vielleicht gab es auf der Seite ja ein bisschen mehr als die Standardinformationen, die er bisher ausgegraben hatte. Vielleicht hatte er ja Glück.
Einen Moment später wurden seine Augen kalt, sein Blut fing an zu kochen, und er wandte sich an Feeney, der vor seinem eigenen Computer saß.
» Ich glaube, ich habe was gefunden.«
20
Eve stemmte die Fäuste in die Hüften und studierte nachdenklich die Daten auf dem Wandbildschirm.
» Bei meiner bisherigen Suche ist der Laden nicht aufgetaucht, denn er wurde mehrmals umbenannt und hat während des Zeitraums, den ich auf deine Bitte hin überprüft habe, nicht durchgehend ein und derselben Person, Personengruppe oder ein und demselben Unternehmen gehört. Aber wenn man etwas tiefer gräbt, findet man heraus, dass das Gebäude– wenn auch gut getarnt– die ganze Zeit im Besitz der Familie Lowell war.«
» Ein Bestattungsinstitut. Ein Totenhaus.«
» Genau. Wie die Webseite zur Geschichte dieses Unternehmens zeigt, hat das Gebäude der Familie Lowell Anfang der zwanziger Jahre des zwanzigsten Jahrhunderts als Wohn- und Geschäftshaus gedient. Ein gewisser James Lowell hat dort das Bestattungsinstitut gegründet und darüber mit seiner Frau, zwei Söhnen und einer Tochter gelebt. Der ältere Sohn kam im Zweiten Weltkrieg um, der jüngere, Robert, hat in der Firma mitgearbeitet und sie nach dem Tod des Vaters übernommen, erweitert und Filialen in anderen New Yorker Stadtteilen und in New Jersey aufgemacht.«
» Der Tod ist eben ein einträgliches Geschäft«, bemerkte Eve.
» Allerdings. Vor allem in Kriegszeiten. Robert Lowells ältester Sohn, wieder ein gewisser James, ist in das Unternehmen eingestiegen und hat die Wohnung über dem zweiten Laden in der Lower West Side übernommen. Während der Innerstädtischen Revolten wurde das Gebäude von der Armee als Klinik und Basislager benutzt. Es wurden auch viele Tote hingebracht und von den Lowells, die als tatkräftige Unterstützer der Armee galten, versorgt.«
» Der zweite James Lowell ist zu alt.« Eve stemmte immer noch die Hände in die Hüften, während sie weitersprach. » Natürlich gibt es ein paar Männer über hundert, die durchaus noch lebendig sind, aber bestimmt nicht lebendig genug, als dass einer von ihnen unser Täter ist.«
» Das sehe ich genauso. Allerdings hatte auch dieser Lowell einen Sohn. Ein einziges Kind aus seiner ersten Ehe. Seine Frau starb infolge irgendwelcher Komplikationen während der Geburt, und sechs Jahre später hat er wieder geheiratet, wodurch der Junge eine Stiefmutter bekam.«
» Das passt. Haben wir auch den Namen des Sohnes und der zweiten Frau?«
» Bisher habe ich nichts über die zweite Frau gefunden. Während der Innerstädtischen Revolten wurden jede Menge Unterlagen zerstört, und das, was noch erhalten ist, ist alles andere als vollständig.«
» Deshalb konnten diese Clowns– die Lowells– die Daten so leicht manipulieren«, warf Feeney ein.
» Wahrscheinlich haben sie ursprünglich aus steuerlichen Gründen«, fuhr Roarke mit ruhiger Stimme fort, » ihr Institut während der Innerstädtischen Revolten in Bestattungshaus Manhattan umbenannt, den Verkauf des Gebäudes fingiert, das Unternehmen als Trauerhaus Sunset weitergeführt, es vor circa zwanzig Jahren abermals angeblich verkauft und sind erst nach einem weiteren angeblichen Wechsel des Besitzers vor fünf Jahren zum ursprünglichen Firmennamen Lowell zurückgekehrt.«
» Ein
Weitere Kostenlose Bücher