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Moerderische Sehnsucht

Moerderische Sehnsucht

Titel: Moerderische Sehnsucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J. D. Robb
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nicht mehr schaffen, sie wiederzubeleben, das wusste sie. Ein Teil von ihr sehnte diesen Augenblick herbei, doch diesen Teil– den schluchzenden, schicksalsergebenen Teil von sich– vergrub sie möglichst tief in ihrem Inneren.
    Jemand würde ihr zu Hilfe kommen. Sie würde am Leben bleiben, und dann würde jemand kommen und sie aus den Händen dieser Bestie befreien.
    Als er abermals den Raum betrat, wollte sie schreien. Wollte immer weiter schreien, bis die Kraft dieses Geräuschs all die gläsernen Wände bersten ließ. Bis sie ihn bersten ließ. Sie stellte sich vor, dass das ruhige, freundliche Gesicht wie die Wände aus Glas in tausend Stücke sprang.
    » Könnte ich… darf ich bitte etwas Wasser haben?«, krächzte sie.
    » Tut mir leid, aber das ist nicht erlaubt. Du bekommst genügend Flüssigkeit durch die Infusion.«
    » Aber mein Hals ist so trocken, und ich hatte gehofft, wir könnten noch ein bisschen reden.«
    » Ach ja?« Er trat vor sein Tablett. Sie würde nicht hinsehen, wagte nicht zu gucken, welches Instrument er diesmal nahm.
    » Ja. Über Musik. Was ist das für Musik, die Sie gerade spielen?«
    » Ah, das ist von Verdi. La Traviata.«
    Er schloss kurz die Augen und bewegte seine Hände wie ein Dirigent. » Brillant, nicht wahr? Anrührend und leidenschaftlich zugleich.«
    » Hat… hat Ihre Mutter dieses Stück gesungen?«
    » Ja, natürlich. Es war eine ihrer Lieblingsarien.«
    » Es muss furchtbar hart für Sie gewesen sein, als sie gestorben ist. Ich hatte eine Freundin, deren Mutter sich das Leben genommen hat. Es war schrecklich für sie. Es ist… es ist schwer zu verstehen, dass jemand so traurig oder so verloren sein kann, dass ihm der Tod wie die einzige Lösung vorkommt.«
    » Natürlich ist er das. Weil er schließlich am Ende die Lösung für uns alle ist.« Er trat näher an den Tisch heran . » Er ist alles, worum wir noch bitten, wenn unsere Zeit gekommen ist. Das hat sie getan. Und das wirst du auch.«
    » Ich will nicht sterben.«
    » Irgendwann wirst du es wollen«, wiederholte er. » Genau wie sie. Aber keine Angst, ich werde dir die Bitte erfüllen und dir dieses Geschenk machen. Genau wie damals ihr.«
    Andere Stimmen drangen an sein Ohr, denn die Dreier-Teams erstatteten Bericht. Roarke holte sich einen Kaffee, ging weiter irgendwelche alten Unterlagen durch, grub bruchstückhafte Informationen aus und versuchte, sie zusammenzusetzen, damit sich ein vollständiges Bild ergab.
    Das zweite Gebäude hatte einen Keller. Obwohl Eve wusste, dass die Chance gering war, dass sie Ariel dort fände, sah sie sich die Räume an.
    Das Haus passte nicht zu ihm, das erkannte sie sofort. Zu modern, zu hässlich, zu beengt und zu gut überwacht. Hier konnte man kaum eine verängstigte oder besinnungslose Frau hereinschleppen, ohne dass ein Nachbar Anstoß daran nahm.
    Trotzdem klingelte sie an den Türen und zeigte den Leuten Lowells Bild.
    Was, wenn sie sich irrte, überlegte sie. Was, wenn sein Versteck gar nicht in der City war? Vielleicht hatte er sich ein verdammtes Haus in einem der Vororte gekauft und benutzte Manhattan nur als Jagdrevier und anschließend zum Abladen der toten Frauen? Wie viel Zeit hätte sie mit der Suche nach dem richtigen Gebäude in der Innenstadt vergeudet, brächte er die Frauen auf irgendeiner Ranch in White Plains oder in Newark um?
    Sie kehrte zu ihrem Wagen zurück. Am besten führe sie noch einmal zu der Bäckerei und sähe sich in Greenfelds Wohnung um. Vielleicht hatte sie ja irgendetwas übersehen. Vielleicht hatten sie alle irgendetwas übersehen. Auf alle Fälle sähe sie sich noch einmal im Heim und am Arbeitsplatz des Opfers um.
    Sie lenkte das Fahrzeug auf die Straße und tat ihre Absicht auf der Wache kund. » Dadurch bin ich noch eine Zeit lang unterwegs, biete ihm also die Gelegenheit, sich an mich heranzumachen, und erwecke richtigerweise den Eindruck, als drehe ich mich bei meinen Ermittlungen im Kreis.«
    » Ich habe noch ein mögliches Gebäude ausfindig gemacht«, erklärte Roarke . » Eine ehemalige Nähmaschinenfabrik, die Ende des zwanzigsten Jahrhunderts in Lofts umgewandelt worden ist. Während der Innerstädtischen Revolten wurde sie als Truppenunterkunft benutzt und hat einiges abbekommen. Später wurden die Schäden behoben, und Anfang der Dreißiger wurden die Lofts darin erneut verkauft.«
    » Okay, ich sehe mir das Ding mal an. Gib mir die Adresse.« Sie presste die Lippen aufeinander, als sie sie genannt bekam. Sie war von

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