Mörderische Weihnacht
sprachen Bände. Cadfael erwartete schon fast, daß er sich angesichts solch düsterer Geheimnisse bekreuzigte, doch Benet konnte sich gerade noch beherrschen. Auch gut, dachte Cadfael, der ihn aufmerksam und amüsiert beobachtete, ich hätte es ihm sowieso nicht geglaubt.
»Das könnt Ihr auch alles lernen, wenn Ihr eifrig Eure Pflichten erfüllt«, sagte er trocken, »aber es wird einige Jahre dauern. Das sind nur Arzneien - Gott hat jede Zutat geschaffen, die hineinkommt. Es ist keine Zauberei dabei. Doch wir wollen mit dem Dringendsten beginnen. Ein großes Stück des Gemüsegartens muß umgegraben werden, und ein kleines Gebirge von gut abgelagertem Stallmist liegt herum und wartet darauf, daß Ihr ihn zwischen den Pflanzen und in den Rosenbeeten verteilt. Je eher wir anfangen, desto eher sind wir fertig. Kommt und seht es Euch an!«
Der Junge folgte ihm bereitwillig und sah sich mit strahlenden, lebhaften Blicken interessiert um. Hinter den Fischteichen lagen zwei Erbsenfelder, die sich bis hinunter zum Ufer des Meole-Baches, der westlichen Grenze der Enklave, erstreckten. Die Stengel der Erbsen war schon vor längerer Zeit dicht über dem Boden abgeschnitten und als Stroh für die Ställe getrocknet worden. Die Wurzeln waren bereits unter den Boden gepflügt, aber die schwere Arbeit, den reifen, gut gemischten Dung aus den Ställen und vom Bauernhof auf den Feldern zu verteilen, war noch nicht getan. Die paar Bäume im kleinen Obstgarten mußten gestutzt werden; das Gras zwischen ihnen wurde in diesem milden Dezemberwetter von zwei einjährigen Schafen kurz gehalten. Die Blumenbeete trugen ihr übliches, etwas zerlumptes Herbstkleid; es würde reichen, sie zu gegebener Zeit ein letztes Mal zu jäten, bevor die Kälte jedes Wachstum unterbrach. Der leergeerntete Küchengarten lag, mit Unkraut überwuchert und zertrampelt, bereit und erwartete den Spaten - eine beängstigend weite Fläche. Aber Benet war anscheinend nicht so leicht zu beängstigen.
»Ein gutes Stück Land«, sagte er fröhlich, während er das große Hauptbeet ohne Anzeichen von Entmutigung musterte.
»Wo sind die Geräte?«
Cadfael zeigte ihm den niedrigen Schuppen, in dem die Geräte aufbewahrt wurden, und stellte interessiert fest, daß sich der junge Mann mit einem leicht verunsicherten Gesichtsausdruck umtat, bis er endlich den mit Eisen verstärkten Holzspaten in der Hand hatte, der für die zu erledigende Arbeit das richtige Werkzeug war. Dann betrachtete er einen Moment das langgestreckte Beet und begann umsichtig und kraftvoll, wenn auch etwas ungeübt, mit der ersten Reihe.
»Wartet!« sagte Cadfael, als er die dünnen, abgetragenen Schuhe des Jungen bemerkte. »Wenn Ihr Euch so beschuht an die Arbeit macht, werdet Ihr bald geschwollene Füße haben. Ich habe in der Hütte Holzpantinen, die Ihr Euch unter die Füße schnallen könnt; damit könnt Ihr so fest auftreten, wie Ihr wollt.
Aber überstürzt es nicht, sonst ertrinkt Ihr in Eurem Schweiß, ehe Ihr ein Dutzend Reihen geschafft habt. Ihr müßt mit einer gleichmäßigen Geschwindigkeit arbeiten und Euren Rhythmus finden, dann könnt Ihr den ganzen Tag arbeiten, während der Spaten Euch die Zeit abmißt. Singt dazu, wenn Ihr genug Luft habt, oder summt leise und spart Euch die Luft. Ihr werdet überrascht sein, wie schnell Ihr die Reihen umgegraben habt.«
Er unterbrach sich, als er sich etwas verspätet bewußt wurde, daß er viel zu viel von dem verriet, was er soeben bemerkt hatte. »Wie ich hörte, habt Ihr vorher vor allem mit Pferden gearbeitet«, sagte er direkt. »Nun, jede Arbeit erfordert ihre eigene Kunstfertigkeit.« Und bevor Benet ein Wort zu seiner Verteidigung sagen konnte, marschierte er davon und holte die Holzpantinen, die er selbst geschnitzt hatte, um seine Füße in tiefem Boden oder Schlamm zu schützen.
Auf diese Weise beschuht und beraten begann Benet umständlich zu arbeiten, und Cadfael blieb nur lange genug, um zu beobachten, daß Benet schließlich ein gutes, gleichmäßiges Tempo fand. Dann kehrte Cadfael in seine Hütte zurück, um frische Kräuter für eine von ihm selbst entwickelte Salbe zu zerstoßen, die gut zur Behandlung rissiger Hände war, unter denen die Kopierer und Illustratoren im Skriptorium wie gewöhnlich in der Kälte des Januars leiden würden. Später würde es zweifellos auch Hustenanfälle und Erkältungen geben; es war die richtige Zeit, die Arzneien vorzubereiten, die während des Winters gebraucht wurden.
Als es
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