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Mörderische Weihnacht

Mörderische Weihnacht

Titel: Mörderische Weihnacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellis Peters
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bringt und beweist, daß ich ein Leibeigener und kein freier Mann bin?«
    »Das wird er nicht tun«, sagte Erwald beruhigend, »denn er kann den Beweis nicht führen. Und warum sollte er Euch so etwas antun? Er klebt wohl an den Buchstaben des Gesetzes, aber mehr auch nicht. Nun, jeder in der Pfarre kann es bezeugen. Ich werde es ihm sagen, und er wird sich einem vernünftigen Wort nicht verschließen.«
    Aber vor Einbruch der Nacht hatte die Geschichte die Runde gemacht.
    Der zweite kleine Fleck im klaren Himmel war ein Junge mit einer Platzwunde am Kopf, der unter Schluchzen und Schniefen zugab, daß er mit ein paar Altersgenossen recht laut an der Hauswand des Priesters, an einer fensterlosen, glatten Wand, die sich gut dafür eignete, Ball gespielt habe. Natürlich hätten sie dabei einigen Lärm gemacht. Aber sie hätten dort schon oft gespielt, und Vater Adam habe nie mehr getan, als mit gespieltem Zorn die Faust zu schütteln und zu grinsen und sie wie Hühner davonzuscheuchen. Diesmal aber sei eine große schwarze Gestalt aus dem Haus gestürzt, habe sie verflucht und einen dicken, langen Stock geschwungen, und obwohl sie erschrocken geflohen seien, wären sie nicht ohne Schaden davongekommen. Zwei oder drei hatten schlimme Platzwunden, und dieser unglückliche Junge hatte einen Schlag auf den Kopf bekommen, durch den er beinahe das Bewußtsein verloren hatte. Zurückgeblieben war eine offene Platzwunde, die eine Weile schrecklich geblutet hatte, wie es Kopfwunden eben tun.
    »Ich weiß, daß es Satansrangen sein können«, sagte Ewald zu Bruder Cadfael, als das Kind beruhigt, bandagiert und von seiner empörten Mutter weggezerrt worden war, »und ich glaube, Ihr und ich, wir haben viele Male einen Hintern versohlt oder ein Ohr langgezogen, aber doch nicht mit einem großen Gehstock, wie er ihn benutzte.«
    »Es könnte ein unglücklicher Schlag gewesen sein, der gar nicht diese Wirkung haben sollte«, erwiderte Cadfael. »Aber ich würde nicht sagen, daß er ebenso nachsichtig mit den kleinen Rangen umgeht wie Vater Adam. Am besten, sie halten sich ihm fern oder geben gut acht, wenn sie in seiner Reichweite sind.«
    Es wurde rasch klar, daß die Jungen genauso darüber dachten, denn es gab keine lautstarken Spiele mehr vor dem kleinen Haus am Ende der Gasse, und wenn die große, schwarz gewandete Gestalt durch die Vorstadt stolzierte, wobei der Mantel im Takt zu den ungestümen Schritten wie Krähenflügel flatterte, brachten sich die Kinder eilig in Sicherheit, selbst wenn sie sich absolut einwandfreien Beschäftigungen hingegeben hatten.
    Man konnte gewiß nicht sagen, daß Vater Ailnoth seine Pflichten vernachlässigte. Er befolgte gewissenhaft den Stundenplan und ließ sich durch nichts von seinen Gottesdiensten abbringen. Er hielt recht strenge Predigten, führte andächtig die Gottesdienste aus, besuchte die Kranken und ermahnte die Strauchelnden. Sein Trost für die Leidenden war streng, fast kalt, und seine Bußen waren schwerer als die, an die seine Herde gewöhnt war, aber er tat alles, was sein Amt ihm abverlangte. Er hütete eifersüchtig alle Nebeneinkünfte seines Amtes, den Zehnten und die Abgabe von den Feldern, bis sich einer seiner Nachbarn in den Äckern beschwerte, daß man ihm die Hälfte seines Landes umgepflügt habe. Aelgar protestierte, er habe den Befehl bekommen, bis dicht an die Grenze zu pflügen, da die Verschwendung guten Landes eine Sünde sei.
    Die Jungen, die ein paar erste Buchstaben von Vater Adam gelernt und die Stunden unter seinem Nachfolger weiterbesucht hatten, waren immer weniger bereit, zum Unterricht zu gehen und gaben ihren Eltern mürrisch zu verstehen, daß sie nun für den kleinsten Fehler geschlagen wurden, von einem größeren Vergehen ganz zu schweigen.
    »Es war ein Fehler«, sagte Bruder Jerome, »ihnen überhaupt derart die Zügel schießen zu lassen, wie Vater Adam es tat. Sie empfinden eine anständige Abreibung als Zumutung und nicht als gerecht. Was sagt die Ordensregel über dieses Thema? Die Jungen, die noch nicht verstehen können, eine wie große Strafe die Exkommunikation ist, müssen zu ihrem eigenen Wohl für ihre Vergehen entweder durch Fasten oder durch scharfe Schläge bestraft werden. Der Priester tut nur, was seine Pflicht ist.«
    »Ich kann einen Irrtum beim Lernen der Buchstaben nicht als Vergehen betrachten«, gab Bruder Paul zurück, der sich für die Knaben einsetzte, die kaum älter waren als seine Schützlinge.
    »Ein Vergehen setzt

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