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Mörderische Weihnacht

Mörderische Weihnacht

Titel: Mörderische Weihnacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellis Peters
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träumender Mann.
    Sie schwieg einen Augenblick, dann fragte sie: »Hat Bruder Cadfael es dir gesagt?«
    »Ich habe gefragt…«
    Wieder Schweigen und die Andeutung eines Lächelns, als hätte er etwas gesagt, das sie erfreute und sogar einen Moment von der Absicht ablenkte, in der sie gekommen war.
     
    »Ich kenne dich auch. Giffard mag Angst haben, ich nicht.
    Wenn er dir nicht helfen will, dann will ich es tun. Wann können wir sprechen?«
    »Jetzt!« sagte er, plötzlich hellwach und mit beiden Händen eine Gelegenheit ergreifend, von der er nicht zu träumen gewagt hätte. »Nach der Mitternachtsmesse werden einige Leute gehen, und wir können diese Gelegenheit nutzen. Die Brüder bleiben bis zum Morgengrauen hier. Der Augenblick ist gut!«
    Er spürte ihre Wärme im Rücken und wußte, daß sie sich in stillem, heftigen Lachen schüttelte. »Und wo?«
    »In Bruder Cadfaels Hütte.« Es war der Ort, der seines Wissens die beste Möglichkeit zur Abgeschiedenheit versprach, während sein Eigentümer hier in der Kirche die Vigilie abhielt.
    Die Kohlenpfanne in der Hütte war gedämpft, um mit kleiner Flamme die Nacht über zu brennen. Er konnte sie leicht wieder zum Leben erwecken, damit sie es warm hatten. Natürlich würde er diese Gelegenheit, wenn er mit der jungen Verschwörerin allein war, nicht mißbrauchen und sie in Gefahr bringen, aber wenigstens war es eine Gelegenheit, allein mit ihr zu sprechen und seine Augen an ihrem ernsten, eifrigen Gesicht zu weiden und mit ihr die Vertrautheit von Verbündeten zu teilen. Er würde es sein Lebtag nicht vergessen, und wenn er sie nie wiedersah.
    »Durch die Südtür und durch den Kreuzgang«, sagte er.
    »Niemand wird uns heute abend sehen.«
    Der weiche, warme Hauch in seinem Ohr sagte: »Müssen wir denn noch warten? Ich könnte sofort zur Tür schlüpfen. Die Mitternachtsmesse wird heute sehr lange dauern. Kannst du gleich folgen?«
    Und damit war sie fort, ohne seine Antwort abzuwarten. Sie stahl sich still und unauffällig über die Kacheln des Kirchenschiffs und blieb ein paar Augenblicke stehen, damit sie zu sehen war, wie sie andächtig über die singenden Mönche hinweg den Hochaltar anblickte, falls jemand ihre Bewegung bemerkt hatte. Er wäre ihr inzwischen gefolgt, wohin auch immer sie ihn führen wollte. Es schmerzte sogar, geduldig die wenigen Minuten abzuwarten, die sie zögerte, bevor sie den richtigen Augenblick abpaßte, um sich in die Dunkelheit der südlichen Vorhalle zurückzuziehen. Als er ihr folgte, vorsichtig und Schritt für Schritt, bis er mit einem gewaltigen, erleichterten Seufzen die geschlossene Tür erreichte, wartete sie schon reglos, die Hand auf den schweren Riegel gelegt. Dort warteten sie, eng beisammen und zitternd, auf den ersten jubilierenden Wechselgesang der Mitternachtsmesse:
    »Christ ist uns geboren!«
    »So lasset uns beten!«
    Benet legte die Hand über ihre Hand, um den schweren Riegel zu heben, und zog ihn langsam hoch, während die Hymne begann. Die Dunkelheit draußen war ein Spiegel der Dunkelheit drinnen. Wer achtete jetzt schon auf zwei junge Menschen, die durch den Türspalt hinausschlichen in die kalte Nacht und behutsam den Riegel wieder vorlegten? Niemand war im Kreuzgang, niemand war im großen Hof, den sie still durchquerten. Ob es nun Benet war, der nach ihrer Hand langte, oder ob sie die seine ergriff, sie umrundeten jedenfalls Hand in Hand die dichte Buchsbaumhecke des Gartens und wurden dort, keuchend und lächelnd, etwas langsamer, die Handflächen aneinandergedrängt, den Atem als leichte Dampfwolken ausstoßend. Die weite Himmelskuppel, fast schwarz und mit einer winzigen Spur von Blau, funkelnd vor glänzend polierten Sternen, ließ eine stille Kälte auf sie sinken, die sie nicht spürten.
    Bruder Cadfaels Holzhütte, die massiv und gut geschützt in der Umfriedung lag, verlor nie ganz ihre Wärme. Benet schloß hinter ihnen sachte die Tür und tastete auf dem kleinen Regal herum, das er inzwischen fast so gut kannte wie Cadfael selbst, wo eine Schachtel mit Zunder und eine Lampe bereitlagen. Er brauchte zwei oder drei Versuche, bis das verkohlte Tuch den Funken fing. Er blies ihn vorsichtig an, und der Docht der Lampe gebar eine kleine, schwankende Flamme, die größer wurde, einen hellen Schein warf und schließlich ruhig brannte.
    Der Blasebalg lag neben der Kohlenpfanne, und er mußte nur ein oder zwei Torfstücke umschichten und eine Minute heftig pumpen, bis die Kohlen hell glühten, so

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