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Mörderische Weihnacht

Mörderische Weihnacht

Titel: Mörderische Weihnacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellis Peters
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daß er mit etwas Spaltholz einen warmen Herd aufbauen konnte.
    »Er wird bemerken, daß jemand hier war«, sagte das Mädchen, doch sie schien nicht besonders besorgt.
    »Er wird wissen, daß ich es war«, erwiderte Benet, während er mühelos von den Knien aufstand. Sein kühnes
    Jungengesicht nahm im Glanz der Kohlenpfanne eine sommerliche Bräune an. »Ich bezweifle, daß er überhaupt etwas sagen wird. Aber er wird sich fragen warum. Und mit wem.«
    »Warst du schon mit anderen Frauen hier?« Sie hob herausfordernd und überhaupt nicht entzückt den Kopf.
    »Noch nie bisher. Und nie mehr nachher. Es sei denn, du kommst ein zweites Mal«, sagte er und starrte sie feierlich und ernst an.
    Ein Harzknoten im nachgelegten Holz fing Feuer. Es zischte, und einen Moment stand eine helle, weiße Flamme zwischen ihnen. Über das bleiche, reine Gold hinweg sprangen die beiden jungen Gesichter aus der geheimnisvollen Dunkelheit hervor, schräg von unten beleuchtet, die Lippen geöffnet, die Augen erstaunt und ahnend weit geöffnet. Beide blickten in einen Spiegel und fanden ihr Ebenbild und konnten den Blick nicht wenden vom unerwarteten Bild der Liebe.
     
    5
     
    Zu früher Stunde und nach einer sehr kurzen Ruhezeit wurde die Prim gehalten, und beim ersten Tageslicht folgte die Frühmesse. Fast alle Bewohner der Vorstadt waren schon lange heimgegangen, und die Brüder, die vorn langen Stehen benommen und vom Singen und dem Zauber der Nacht angespannt waren, wanderten etwas unsicher die kleine Treppe hinauf, um kurz zu ruhen, bevor sie sich auf den Tag vorbereiteten.
    Bruder Cadfael, der steif war, nachdem er sich so lange stillgehalten hatte, spürte eher ein Bedürfnis nach Bewegung denn nach Ruhe. Allein im Lavatorium ließ er sich ungewöhnlich viel Zeit mit den Waschungen, rasierte sich gründlich und ging gerade rechtzeitig in den großen Hof hinaus, um zu sehen, wie Frau Diota Hammet durch die Pforte im Tor hereinkam. Sie stolperte und rutschte auf dem vereisten Pflaster, hielt den dunklen Mantel eng um sich und sah sich offenbar aufgeregt um. Auf dem Kragen ihres Mantels hatte sich ihr Atem als weißer Reifsaum abgesetzt. Auch die Mauern und Büsche waren mit glitzerndem Weiß versilbert.
    Der Pförtner war herausgekommen, um sie nach ihrem Anliegen zu fragen, doch sie hatte schon Prior Robert bemerkt, der gerade aus dem Kreuzgang trat. Sie flog auf ihn zu wie eine Taube, die in ihren Schlag heimkehrt, und machte ihm eine so ausladende und unvorsichtige Ehrenbezeugung, daß sie beinahe ausgeglitten wäre.
    »Vater Prior, mein Herr - Vater Ailnoth - war er die ganze Nacht bei Euch in der Kirche?«
    »Ich habe ihn nicht gesehen«, erwiderte Robert überrascht und streckte eilig eine Hand aus, um ihr wieder auf die Füße zu helfen, denn die abgerundeten Steine waren tückisch und trügerisch. Er hielt den Arm fest, den er gepackt hatte, und sah ihr besorgt in die Augen. »Was ist denn geschehen? Er muß doch bald selbst eine Messe halten. Um diese Zeit sollte er sich gerade umkleiden. Ich würde ihn nicht stören, wenn es nicht einen sehr wichtigen Grund gibt. Was bedrückt Euch?«
    »Er ist nicht da«, sagte sie unvermittelt. »Ich war auf, um ihn zu empfangen. Auch Cynric hat ihn erwartet, aber mein Herr ist nicht gekommen.«
    Prior Robert runzelte die Stirn, da ihn diese alberne Frau offenbar grundlos behelligte, aber dennoch beunruhigte ihn ihre Aufregung. »Wann habt Ihr ihn zum letztenmal gesehen? Ihr wißt doch sicher, wann er sein Haus verließ.«
    »Gestern abend vor der Komplet«, sagte sie tonlos.
    »Was? Und seitdem ist er nicht zurückgekommen?«
    »Nein, Vater. Er blieb die ganze Nacht aus. Ich dachte, er hätte an Euren nächtlichen Gottesdiensten teilgenommen.
    Doch niemand sah ihn dort. Und wie Ihr schon sagtet, sollte er sich jetzt für seine eigene Messe ankleiden. Aber er ist nicht da!«
    Cadfael war an der Haupttreppe stehengeblieben und konnte nicht anders als lauschen, und nachdem er gelauscht hatte, erinnerte er sich natürlich an den unheimlichen Vogel mit den schwarzen Flügeln, der etwa zu jener Stunde, in der Ailnoth nach Diotas Angaben sein Haus verlassen hatte, durch die Vorstadt zur Brücke geeilt war. Zu welchem Strafgericht mochten ihn seine Rabenflügel getragen haben, daß er an einem solchen Festtag seine Pflichten vernachlässigte?
    »Vater«, sagte er, indem er sich mit ungewohnter Hast einschaltete und auf den eisigen Pflastersteinen hinüberschlitterte, »ich traf den Priester

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