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Mörderische Weihnacht

Mörderische Weihnacht

Titel: Mörderische Weihnacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellis Peters
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Jahreszeit, die sie Glück empfinden ließ und ihnen ein großes Fest zu feiern gab.
    Die Neuigkeit machte in der Vorstadt fast verstohlen die Runde, wurde leise und ohne viele Worte von Ohr zu Ohr geflüstert und ließ sich Zeit, ehe sie die Außenbezirke der Gemeinde erreichte, doch bis zur Abenddämmerung war sie allen bekannt. Die Danksagung geschah ohne Lärm, ohne offene Erwähnung des Vorfalls, ohne sichtbare Aufregung.
    Dennoch feierten die Gemeindemitglieder der Vorstadt das Weihnachtsfest mit der innigen Leidenschaft von Menschen, von denen über Nacht ein bedrückender Schatten gewichen war.
    In der Friedhofskapelle, die um diese Jahreszeit bitterkalt war, schauderten die um die Bahre Versammelten und bliesen sich in die verschränkten Finger in den rauhen
    Fausthandschuhen, um das kalte Blut in Bewegung zu bringen und die Taubheit abzuschütteln. Vater Ailnoth, kälter als sie alle, lag nackt und unbekümmert vom stärker werdenden Frost auf seinem steinernen Bett.
    »Nun, so müssen wir schließen«, erklärte Abt Radulfus schwer, »daß er in den Teich stürzte und ertrank. Aber was wollte er dort zu dieser Stunde am Weihnachtsabend?«
    Niemand konnte diese Frage beantworten. Um die Stelle zu erreichen, an der sie ihn gefunden hatten, mußte er ohne Wort oder Zeichen an allen Häusern vorbeigegangen sein, um in der öden, menschenleeren Einsamkeit zu sterben.
    »Er ist gewiß ertrunken«, erklärte Cadfael.
    »Ist bekannt«, erkundigte sich Prior Robert, »ob er schwimmen konnte?«
    Cadfael schüttelte den Kopf. »Das ist mir nicht bekannt, und ich bezweifle, daß es irgend jemand hier weiß. Aber es dürfte nicht sehr wichtig sein, ob er schwimmen konnte oder nicht. Er ist gewiß ertrunken. Weniger gewiß aber, fürchte ich, ist, ob er einfach ins Wasser fiel. Seht nur, an seinem Hinterkopf…«
     
    Er hob den Kopf des Toten mit einer Hand, richtete Kopf und Schultern mit dem rechten Arm auf, und Bruder Edmund, der mit ihm zusammen schon die Leiche untersucht hatte, bevor Abt Radulfus und Prior Robert gerufen worden waren, hob eine Kerze, um den Nacken und den dichten Kreis des drahtigen schwarzen Haares zu beleuchten. Eine offene Wunde, mit losen, abgeschürften Hautfetzen darum, ein gebleichter, feuchter Mittelpunkt, der jetzt, nachdem der Körper im Teich eingeweicht gewesen war, nur noch schwach von Blut verfärbt war. Die Wunde erstreckte sich vom Rand der Tonsur zackig durch den Haarkranz und lief in der Krümmung des Halsansatzes aus.
    »Er erhielt einen Schlag auf den Kopf, bevor er ins Wasser fiel«, sagte Cadfael.
    »Von hinten niedergeschlagen«, sagte der Abt voller Abscheu und beugte sich vor. »Seid Ihr sicher, daß er ertrank?
    Daß er nicht am Schlag starb? Nach dem, was Ihr sagt, war es ja kein Unfall, sondern ein vorsätzlicher Angriff. Oder kann er den Schlag durch ein Unglück bekommen haben? Ist das möglich? Der Weg hat tiefe Rillen und war vereist. Kann er gestürzt sein und sich selbst verletzt haben?«
    »Das bezweifle ich. Wenn ein Mann ausgleitet, setzt er sich schwer auf den Hintern und kann sich sogar die Schultern verrenken, aber er wird kaum in voller Länge hinschlagen und sich so heftig den Kopf anschlagen, daß er bricht. Das könnte nicht auf rauhem Untergrund gesehen, nur auf glattem Eis. Und seht, die Wunde folgt nicht der Rundung seines Kopfes, sondern sie liegt tiefer und zieht sich sogar bis zum Nacken hinab. Und sie ist gezackt, als wäre er mit einem groben, schartigen Gegenstand geschlagen worden. Ihr habt die Schuhe gesehen, deren Sohlen mit Fell beschlagen waren. Ich glaube, er ging gestern abend in der Glätte sicherer als viele andere Männer.«
    »Aber«, sagte Radulfus, »er kann doch an dem Schlag gestorben sein?«
     
    »Nein, unmöglich! Sein Schädel ist nicht gebrochen. Es reichte nicht, um ihn zu töten, nicht einmal, um ihm dauerhaften Schaden zuzufügen. Aber er mag eine Weile bewußtlos oder so benommen gewesen sein, daß er hilflos war, als er ins Wasser fiel. Als er fiel«, erklärte Cadfael nachdrücklich aber traurig,
    »oder gestoßen wurde.«
    »Und welche dieser beiden Möglichkeiten«, sagte der Abt kalt und gefaßt, »haltet Ihr für die wahrscheinlichere?«
    »Im Dunkeln«, sagte Cadfael, »kann man leicht zu nahe an einen steilen Hang kommen und einen Fehltritt tun, wenn die Böschung unterspült ist. Aber was auch immer sein Grund war, den Weg zu nehmen, warum ging er am letzten Haus vorbei?
    Ich kann nicht glauben, daß er diese

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