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Mörderische Weihnacht

Mörderische Weihnacht

Titel: Mörderische Weihnacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellis Peters
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kann. Wenn mich jemand braucht, dann könnt Ihr für mich antworten, daß ich so bald wie möglich zurückkomme.«
    »Aber Ihr wart fast die ganze Nacht auf«, protestierte Benet zögernd.
    »Und Ihr?« gab Cadfael zurück und machte sich zum Torhaus davon, ehe Benet antworten konnte.
     
    Ailnoth war am Abend wie ein schwarzer Pfeil an ihm vorbeigeschossen, so blind und taub, daß er weder Bruder Cadfael gesehen noch dessen Gruß gehört hatte, obwohl die Worte im klirrenden Frost laut wie Glocken gehallt hatten. Von dieser Stelle in der Vorstadt aus konnte er zur Brücke unterwegs gewesen sein, was bedeutete, daß er zu jemand in der Stadt selbst wollte, oder zu einem der Wege, die ein Stück weiter abzweigten. Es gab vier solcher Wege. Einer führte nach rechts hinunter zum Flußufer und zur Gaye, wo sich fast eine Meile weit die Gärten, Felder und Obstgärten der Abteil ausbreiteten, bis das Waldland begann, an dessen Rand einige verstreute Kotten lagen. Drei Wege zweigten nach links ab; der erste führte vor dem Mühlteich zur Mühle und den drei kleinen Häusern, die dort am Wasser standen. Der zweite führte jenseits des Wassers in die gleiche Richtung zu den Häusern, die auf dem jenseitigen Ufer standen und endete als Sackgasse am Meole-Bach. Der dritte war die schmale, aber stark benutzte Straße, die kurz vor der Severn-Brücke nach links abzweigte, den Meole-Bach an der Mündung in den Severn mit einer hölzernen Fußbrücke übersprang und weiter nach Südwesten ins Waldland in Richtung der walisischen Grenze führte.
    Warum sollte Vater Ailnoth wie der Zorn Gottes über einen dieser Pfade eilen? Die Stadt schien das wahrscheinlichere Ziel, aber dort fragten schon die anderen nach, ob ihn die Wachen am Tor gesehen hatten, ob er angehalten und sich nach jemandem erkundigt hatte, ob ein schwarzer, unheildrohender Schatten unter den Fackeln am Torhaus vorbeigekommen sei. Cadfael konzentrierte sich auf die unwahrscheinlicheren Wege und blieb eine Weile an der Stelle stehen, an der er, soweit er sich erinnerte, Ailnoth zum letztenmal gesehen hatte.
    Die Vorstadt, die zur Gemeinde vom Heiligen Kreuz gehörte, erstreckte sich zu beiden Seiten der Straße. Rechts reichte der Bezirk bis zu den verstreuten Weilern hinter der Vorstadt, links bis zum Bach. Wenn Ailnoth jemanden in einer Kate besuchen wollte, dann wäre er von seinem Haus gegenüber dem Torhaus der Abtei aus direkt nach Osten gegangen und hätte die Hauptstraße der Abtei nicht betreten; es sei denn, sein Ziel war eins der Häuser jenseits der Gaye. Dort fiel die Suche nicht schwer. Cadfael schickte zwei Suchtrupps in jene Richtung und richtete seine Aufmerksamkeit auf den Westen. Dort gab es drei Wege. Einer war eine regelrechte Straße, wo die Suche mehr Zeit erforderte. Zwei waren ganz in der Nähe, kurze Wege nur, die man ohne große Mühe absuchen konnte. Es war praktisch auszuschließen, daß Ailnoth sich zu dieser späten Stunde auf eine weitere Reise begeben hatte. Nein, er wollte zu jemandem in der Nähe, aus Gründen, die nur er selbst kannte.
     
    Der Pfad auf dieser Seite des Mühlteiches zweigte als kleiner Fahrweg ab, den man benutzte, um das Korn aus dem Ort zur Mühle zu transportieren und das Mehl zurückzufahren. Er führte an den drei kleinen Häusern vorbei, die dicht an der Hauptstraße standen, zwischen ihren Türen und der Grenzmauer der Abtei entlang bis zum kleinen Platz vor der Mühle, wo eine Holzbrücke den Mühlgraben überspannte. Von dort aus führte ein kleiner Fußweg durch das hohe Wiesengras bis zum Wasser hinunter, wo sich einige gekappte Weiden krumm über das Ufer lehnten. In der ersten und zweiten Hütte wohnten ältere Leute, die sich lebenslänglich Bett und Speise erkauft hatten, indem sie ihr Vermögen der Abtei vermachten.
    Das dritte gehörte dem Müller, der, soweit Cadfael wußte, die nächtlichen Gottesdienste in der Kirche besucht hatte. Er nahm jetzt, am späten Morgen, an der Suche teil. Er war ein ergebener Mann, der sich eifrig mühte, die ihm von den Benediktinern gewährte Gunst und die Sicherheit seiner Anstellung zu hüten.
    »Nein, ich habe am Wasser keine Menschenseele gesehen, als ich gestern abend zur Kirche ging«, erklärte der Müller kopfschüttelnd. »Das muß etwa zu der Zeit gewesen sein, als Bruder Cadfael Vater Ailnoth auf der Straße begegnete. Aber ich bin durch die Pforte direkt in den großen Hof gegangen, nicht außen auf dem Weg herum, so daß er schon wenige Minuten später

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