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Mörderische Weihnacht

Mörderische Weihnacht

Titel: Mörderische Weihnacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellis Peters
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Wasserfläche zu erkennen.
    »Selbst wenn er hierher kam«, sagte der Müller
    kopfschüttelnd, »wird er nicht weitergegangen sein. Da hinten ist nichts mehr.«
    Nein, nichts außer dem Pfad, der die schmale Wiese hinunterlief und am Zusammenfluß von Bach und Mühlkanal im Nichts verschwand. Manchmal kamen Fischer hierher, im Sommer spielten hier Kinder, Liebende kamen in der Dämmerung, aber wer würde diesen Weg in einer frostigen Nacht nehmen? Dennoch ging Cadfael ein Stück weiter. Hier standen einige Weiden, die sich wie Betrunkene schief über das Wasser beugten, dessen Strömung sich unter die Böschung fraß. Die jüngeren Weiden waren nie beschnitten worden, aber zwei oder drei ältere waren gestutzt. Eine war nur noch ein Stumpf, aus dem ein Kreis neuer Äste entsprungen war wie die Haare um die Tonsur eines Riesen. Cadfael ging an den ersten Bäumen vorbei und blieb zwischen den winterlich weißen Grasbüscheln an der hohen Uferböschung stehen.
    Die Bewegung des Mühlgrabens, dessen Strom bis in die Mitte des Teichs spürbar war, sandte kleine Wellenmuster durch die bleierne Stille. Unter seiner Kraft, gedämpft aber gegenwärtig, zitterten die Ufer auf beiden Seiten auf einer Länge von etwa zehn Schritten. Direkt unter Cadfaels Standort lief die Strömung im metallischen Glanz des Wassers aus.
    Dieses allerletzte, kaum noch wahrnehmbare Schimmern erregte seine Aufmerksamkeit, und er senkte den Blick, bis er dort drunten etwas Dunkles sah, das sich leicht bewegte. Es war der Saum eines dunklen Gewandes, der träge unter dem hohen Gras der Böschung schwankte. Er kniete an der überhängenden Böschung nieder, teilte das Gras und lugte ins Wasser. Schwarzes Tuch klebte naß auf dem nackten Boden und den ausgespülten Wurzeln der Weiden, angespült vom Schub des Mühlgrabens und von dessen Druck fast außer Sicht getrieben. Zwei bleiche Flecken bewegten sich leicht, fast wie fremdartige Fische, die Cadfael einmal in einem Reisebuch gesehen hatte. Mit offenen, leeren Händen schien Vater Ailnoth einen aufklarenden Himmel anzuflehen. Eine Falte seines Gewandes bedeckte sein Gesicht.
    Cadfael erhob sich und wandte sich mit finsterem Gesicht an die Gefährten, die an der Holzbrücke warteten und den Suchern auf der anderen Seite des Wassers zusahen. Sie tauchten gerade unterhalb der Gärten auf, nachdem sie ihre Erkundigungen bei den gegenüberliegenden Hütten gemacht hatten.
     
    »Er ist hier«, sagte Cadfael. »Wir haben ihn gefunden.«
     
    Es war recht anstrengend, ihn herauszuziehen, obwohl Bruder Ambrose und seine Gefährten, angelockt vom Geschrei und aufgeregten Winken des Müllers, auf der Straße herbeigeeilt kamen, um Hand anzulegen. Die hohe, unterspülte Böschung mit dem tiefen Wasser darunter verhinderte, daß man hinunterlangen und ihn an der Kleidung packen konnte; selbst als sich der größte der Sucher flach auf den Bauch legte und die langen Arme ausstreckte, hingen seine Hände noch ein Stück über dem Wasser. Der Müller holte einen Bootshaken aus seiner Werkstatt, mit welchem sie den widerspenstigen Leichnam bis zum Rand des Mühlkanals bugsierten. Dort konnten sie zum Wasser hinuntersteigen und seine Kleider packen.
    Der schwarze, unheildrohende Vogel hatte sich in einen unmöglichen Fisch verwandelt. Er lag im Gras, nachdem sie ihn auf den Boden gezerrt hatten. Das Wasser des Teichs strömte aus seinem drahtigen schwarzen Haar und den nassen schwarzen Kleidern, sein entblößtes Gesicht blickte leer in den blaugrauen, marmornen Winterhimmel hinauf, die Lippen geteilt und die Augen halb geöffnet, die Muskeln in Wangen und Kiefern und Hals fest angespannt und an Kampf und Angst gemahnend. Ein kalter, kalter, einsamer Tod in der Dunkelheit, und seltsamerweise bewahrte sein Körper die Male auch jetzt noch, nachdem der Kampf vorbei war. Sie blickten ihn schweigend und furchtsam an, niemand hatte etwas zu sagen.
    Was sie taten, geschah ganz praktisch und ohne Aufhebens in völligem Schweigen.
    Sie nahmen in der Mühle eine Tür aus den Scharnieren und legten ihn darauf. Sie trugen ihn durch die Pforte in der Mauer in den großen Hof und weiter zur Friedhofskapelle. Dort verstreuten sie sich und gingen ihren verschiedenen Beschäftigungen nach, als Abt Radulfus und Prior Robert von ihrer Ankunft und ihrer Fracht unterrichtet worden waren. Sie waren froh, als sie gehen und sich dem Leben und der Feier des Lebens zuwenden konnten, die noch im Gange war. Froh über den Segen dieser

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