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Mörderische Weihnacht

Mörderische Weihnacht

Titel: Mörderische Weihnacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellis Peters
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hier entlanggekommen sein kann. Die alte Dame im Haus nebenan ist ans Haus gefesselt, sobald der Frost beginnt. Sie war sicher daheim.«
    »Und sie ist taub wie ein Stein«, sagte Bruder Ambrose gleichmütig. »Ein Mann, der direkt vor ihrer Tür um Hilfe ruft, würde vergebens rufen.«
    »Ich meinte nur«, erwiderte der Müller, »daß Vater Ailnoth sie vielleicht besuchen wollte, da er wußte, daß sie nicht einmal den Weg zur Kirche schafft. Es ist seine Pflicht, die Alten und Kranken zu besuchen und zu trösten…«
    Das Gesicht, das er an diesem kalten Abend gesehen hatte, aufflammend und wieder verblassend, als der Mann an den Fackeln vorbeistürmte, hatte nicht gerade nach Trost ausgesehen, aber Cadfael verkniff sich die Bemerkung. Selbst der Müller, der freundlich diese Möglichkeit angedeutet hatte, schien zu zweifeln.
    »Aber selbst wenn nicht«, sagte er energisch, »die junge Dienerin, die sich um die alte Dame kümmert, hat scharfe Ohren und kann ihn gehört oder gesehen haben, wenn er diesen Weg nahm.«
    Sie teilten sich in zwei Gruppen auf, um die Wege auf beiden Seiten des Teiches abzusuchen. Bruder Ambrose nahm sich die ferne Seite vor, wo ein schmaler, ausgetrampelter Fußweg zu den drei anderen Häusern und unter den steilen Gärten entlang zum Wasser führte. Cadfael suchte den Fuhrweg ab, der zur Mühle führte und dahinter in einem Fußweg auslief. Auf beiden Wegen waren im weißen Reif dunkle Fußabdrücke zu sehen, die aber eindeutig vom Morgen stammten. Der Reif hatte alles versilbert und verborgen, was in der Nacht entstanden sein mochte.
    Die älteren Eheleute, die zurückgezogen im ersten Haus lebten, hatten seit dem vergangenen Tag ihr Heim nicht mehr verlassen und wußten nicht, daß der Priester vermißt wurde.
    Die sensationelle Neuigkeit ließ sie beinahe begeistert die Augen aufreißen, und ihre Zungen wackelten aufgeregt und bedauernd, brachten aber keine nützlichen Hirt weise hervor.
    Sie hatten schon früh Fenster und Tür verrammelt, den Kamin nachgelegt und waren ungestört eingeschlafen. Der Mann, der früher Förster im Abteiwald von Eyton gewesen war, zog hastig seine Stiefel an und warf einen sackartigen Mantel über, um sich an der Suche zu beteiligen.
    Beim zweiten Haus wurde ihnen die Tür von einem hübschen, etwa achtzehnjährigen Mädchen geöffnet. Sie hatte eine dunkle Haarmähne und kühne, forschende Augen. Die Mieterin selbst war nur als quengelnde Stimme von drinnen zu vernehmen, die sich erkundigte, warum die Tür in dieser Kälte offen stünde. Das Mädchen huschte einen Augenblick hinein, um sie zu beruhigen und erklärte mit lauten Schreien und wahrscheinlich heftigen Gesten, denn die Klagen gingen in befriedigtem Murmeln unter. Dann kam das Mädchen zurück.
     
    Sie hatte einen Schal um ihren Hals geschlungen und schloß hinter sich die Tür, um weitere Beschwerden zu vermeiden.
    »Nein«, sagte sie, indem sie heftig die dunkle Mähne schüttelte, »gestern abend kam niemand vorbei, soweit ich weiß. Und warum auch? Ich habe nach Einbruch der Dunkelheit kein Geräusch mehr gehört, und sie ging zu Bett, als es dunkel wurde und hätte die Trompeten von Jericho verschlafen. Ich war noch eine Weile wac h, doch ich habe nichts gehört oder gesehen.«
    Sie ließen das neugierige, hilfsbereite Mädchen auf der Türschwelle stehen. Sie sah ihnen nach, als sie am dritten Haus vorbeigingen und sich der hohen, wuchtigen Mühle näherten. Rechts neben ihnen lag der stille Mühlteich wie trübes Silber; zur Straße hin, von der sie gekommen waren, als rundes Becken ausgeweitet und vor ihnen, zum Ablauf hin, der das Wasser zum Meole-Bach und zum Fluß zurückbeförderte, spitz zulaufend. Mit Rauhreif bezuckertes Gras hing über dem steilen Ufer des Mühlkanals, dessen rasch fließendes Wasser die Böschung unterspült hatte. Immer noch keine Spur einer schwarzen Gestalt in dieser bleichen Winterlandschaft. Der Frost hatte die flachen Stellen mit einer dünnen Eisschicht überzogen, wo dichte Schilfbänke einen Halt boten. Der Weg lief neben der Mühle zu einem schmalen Pfad aus, der sich zwischen dem Gebäude mit dem spitzen Dach und der Abteimauer hindurchwand und den Mühlkanal mit einer Holzbrücke mit nur einem Geländer überquerte. Das Mühlrad stand still, denn die Schleuse darüber war geschlossen, und der Überlauf entließ einen gleichmäßigen Strom in den Kanal darunter und in den Teich. Die stumme Kraft war nur als Schauer unter der sonst völlig stillen

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