Mörderische Weihnacht
Becher wegstellte und sich erhob, um Abschied zu nehmen. »Um so mehr, als diese Angelegenheit wirklich direkt vor meine Tür gelegt wurde, während der junge Bachiler hundert oder mehr Meilen entfernt sein kann. Doch etwas demonstrativer Eifer kann und wird niemand schaden.«
Cadfael begleitete ihn in den Garten hinaus. Benet tauchte gerade jenseits der Rosenbeete auf, wo der Grund zu den Erbsenfeldern und zum Bach hin abfiel. Er kam fröhlich pfeifend heran und schwang unbeschwert eine Axt in der Hand, mit der er gerade das Eis auf den Fischteichen aufgebrochen hatte, damit die Insassen Luft bekamen.
»Was sagtet Ihr noch, Hugh, wie der Vorname dieses jungen Bachiler war, den Ihr jagen sollt?«
»Ninian. So hörte ich es jedenfalls.«
»Ah, ja!« sagte Cadfael. »So lautete er - Ninian.«
Benet kam nach dem Mittagessen, das er mit den
Laienbrüdern eingenommen hatte, in den Garten zurück und sah sich etwas unschlüssig um. Er trat vor die hartgefrorenen Erdschollen, die er vor kurzem erst umgegraben hatte, und betrachtete die geschnittene Hecke, die jetzt mit Reif überzogen war und nach jeder Nacht um einen frischen weißen Saum wachsen würde. Wenn die Zweige sich bewegten, klingelten sie wie Glas, und das Erdreich war hart wie Stein.
»Gibt es noch etwas für mich zu tun?« fragte er, als er in Cadfaels Hütte trampelte. »Dieser Frost hält alles auf. Bei so einem Wetter kann man nicht pflügen oder graben. Ganz zu schweigen davon, Buchstaben zu kopieren«, fügte er hinzu und machte große Augen, als er an die Brüder im Skriptorium dachte, die mit tauben Fingern versuchten, große Buchstaben mit kostbarer Goldfarbe auszumalen oder wenigstens eine gerade Linie zu ziehen. »Aber sie bemühen sich, die armen Kerle. Nun, wenn man einen Spaten oder eine Axt in die Hand nimmt, wird einem wenigstens warm. Kann ich Holz für die Kohlenpfanne spalten? Wir haben Glück, daß Ihr die Wärme für Eure Gebräue braucht, denn sonst wären wir schon blaugefroren wie die Schreiber.«
»An Tagen wie diesem zünden sie beizeiten ein Feuer im Wärmeraum an«, erwiderte Cadfael gelassen, »und wenn sie die Feder oder den Pinsel nicht mehr halten können, haben sie Erlaubnis, die Arbeit zu unterbrechen. Ihr habt alles umgegraben, was hier umgegraben werden mußte, die Hecken sind beschnitten, und Ihr braucht Euch nicht schuldig zu fühlen, wenn Ihr einmal untätig dasitzt. Wenn Ihr Lust habt, könnt Ihr auch Einblick in meine Geheimnisse gewinnen. Nichts, was man lernt, ist verschwendet.«
Benet war gern bereit, sich an allem zu versuchen. Er kam näher, um neugierig über Cadfaels Schulter zu lugen und zu sehen, was dieser in dem Steintopf umrührte, der auf einem Gitter am Rande der Kohlenpfanne erhitzt wurde. In der vertrauten Abgeschiedenheit bewegte er sich entspannt, und die vorübergehende Unruhe und das Entsetzen, das sein Strahlen am Weihnachtstag getrübt hatte, war vergessen.
Menschen sterben, und ein kluger Mensch sieht in jedem Tod ein Stück des eigenen Endes, aber die Jungen erholen sich rasch. Und schließlich, was hatte Vater Ailnoth dem jungen Benet bedeutet? Zwar hatte er ihm freundlich erlaubt, seine Tante zu begleiten, doch auf der Reise hatte er die Dienste des willigen Jungen in Anspruch genommen. Ein gerechter Tausch.
»Habt Ihr gestern abend Frau Hammet besucht?« fragte Cadfael, als er sich an eine andere mögliche Quelle der Sorge erinnerte. »Wie geht es ihr?«
»Immer noch angeschlagen und erschüttert«, erwiderte Benet, »aber sie hat einen unbeugsamen Geist. Sie wird sich bald erholen.«
»Die Soldaten haben ihr doch nicht zu sehr zugesetzt? Hugh Beringar ist zurück und wird alles von ihr selbst hören wollen, aber sie soll sich deshalb keine Sorgen machen. Hugh weiß bereits, wie alles zusammenhängt, und sie braucht es nur zu wiederholen.«
»Oh, sie waren die Höflichkeit selbst«, sagte Benet. »Was macht Ihr da eigentlich?«
Es war ein großer Topf, in dem eine große Portion duftenden braunen Sirups leise kochte. »Eine Mischung für Husten und Erkältungen«, erklärte Cadfael. »Wir können sie jetzt jeden Tag gebrauchen, und zwar in großen Mengen.«
»Was kommt da hinein?«
»Viele verschiedene Dinge. Lorbeer und Minze, Huflattich, Weißer Andorn, Königskerze, Senf und Mohn - gut für Kehle und Brust - , und ein Schuß von dem starken Schnaps, den ich brenne, schadet in solchen Fällen auch nicht. Aber wenn Ihr arbeiten wollt, dann nehmt den großen Mörser
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