Mörderische Weihnachten
ging alles rasend schnell, dennoch bekam ich das Geschehen voll und ganz mit. Martin Adamic hatte die Richtung nicht geändert. Er fuhr geradeaus und konzentrierte sich sehr auf das Schießen, weil er irgendeinen von uns erwischen mußte.
Dabei achtete er nicht auf Hindernisse. Deckung gab es keine für uns, aber auf dem Hof stand Sukos Feuerstuhl.
Den rammte Adamic voll!
Es war wie in einem Action-Film. Noch bevor die beiden Scheinwerfer zu Bruch gingen, sah ich in ihrem blassen Totenlicht, wie die Maschine nach dem Zusammenprall in die Flöhe gewuchtet wurde, wieder zurückfiel und sich teilweise unter die Stoßstange des alten Fahrzeugs schob, so daß sie von dem Auto über den Boden geschleift wurde. Funken sprühten, der Wagen drehte sich. Dadurch kam die Maschine los und rutschte davon, und wie von Geisterhänden geführt, sprang pötzlich die Motorhaube auf, so daß der Fahrer nichts sehen konnte. Er bremste auch.
Wieder jaulten die Reifen, er verlor Profil und ließ sich gleichzeitig aus dem Wagen fallen.
Die Geschwindigkeit war nicht sehr groß gewesen, trotzdem überrollte sich der Mann in seiner ungewöhnlichen Kleidung, sprang wieder hoch und rannte davon.
Diesmal hatte er sich die Baracke als Ziel ausgesucht, wo alles begonnen hatte.
Er war einfach zu nahe dran, als daß wir ihn vor dem Eingang hatten einholen können. Suko und ich kamen aus verschiedenen Richtungen und trafen erst zusammen, als wir dicht vor dem Eingang stehenblieben.
»Jetzt entwischt er uns nicht mehr!« keuchte ich und preßte meine Hände gegen die Stirn, hinter der Schmerzen tobten.
Suko schaute mich besorgt an. »Willst du nicht draußen bleiben?«
»Nein!«
»Dann komm…«
***
Aus seinen Augen stürzten die Tränen wie Bach wasser und rannen über das Gesicht. Sie vermengten und vermischten sich mit dem Schweiß, der ebenfalls als klebrige Schicht auf der Haut lag. Sein Herz pumpte, und er glaubte sogar das Knirschen seiner Knochen zu spüren. Hatte ihn der Satan im Stich gelassen? Nein und abermals nein! Der Teufel ließ keinen seiner Diener im Stich, auch wenn es manchmal so schien. Er war etwas Besonderes. Wer sich ihm verschrieb, hatte ausgesorgt.
»Satan!« keuchte Martin. »Satan, hilf mir!« Er hetzte auf die Baracke zu, auch wenn ihn das rechte Knie schmerzte, das er sich beim Fall aus dem Wagen aufgeschlagen hatte.
Nur nicht an solche Kleinigkeiten denken. Gleich würde alles anders werden. Es war noch genauso wie früher. Er hatte die Klappe gefunden und innerhalb des breiten Schacht-Vierecks die Statue des Teufels gesehen. Um keinen Deut hatte sie sich verändert. Der dunkle Körper, die rötlichen Augen, die Ausstrahlung, die ihn wie ein Hauch getroffen hatte, all das erinnerte ihn an früher, und es war schön. An die beiden Verfolger dachte er nicht mehr. Sollten sie nur kommen, der Teufel würde ihnen einen würdigen Empfang bereiten. Er stolperte keuchend in die Baracke. Licht brauchte er nicht. Er fand sich auch zwischen den grauen Schatten zurecht und sah einen wesentlich dunkleren, der sich am Boden abzeichnete.
Das war der Schacht!
Mit wenigen Schritten hatte er den Rand erreicht, schaute hinab, entdeckte die leuchtenden Augen, die für ihn ein höllischer Willkommensgruß waren. Die Leiter nahm er nicht. Er sprang in die Tiefe. Sein Mantel flatterte dabei auf wie ein Fallschirm. Mit beiden Fußen berührte er den Untergrund gleichzeitig, aber er hatte nicht mehr an den schmierigen Belag gedacht, der in den letzten zehn Jahren eher noch zugenommen hatte. Deshalb rutschte ihm ein Fuß plötzlich weg. Im Knie durchtoste ihn ein Schmerz. Er stöhnte vor Wut auf, drehte sich herum und hatte Mühe, auf die Beine zu kommen.
Als er endlich stand, konnte er mit dem rechten Bein kaum auftreten. Noch immer rannen Tränen aus seinen Augen. Die leergeschossene Waffe hatte er fortgeschleudert. Statt dessen zog er sein Messer, steckte es zwischen seine Zähne, weil er beide Arme freihaben wollte, und umarmte die Statue. Ein irrer Glanz lag in seinen Augen. Der Atem pfiff über den Stahl der Klinge, und Martin hielt seine Arme ausgestreckt.
»Komm, Satan!« flüsterte er undeutlich. »Gib mir die Kraft!«
Er fiel gegen die Statue.
Wie schon vor zehn Jahren umarmte er sie heftig. Nur tat er es heute freiwillig, und er spürte es wie damals.
Diese warmen Wellen, die durch seinen Körper tosten, waren etwas Wunderbares. Ein Strom der Kraft, in der Hölle entstanden, durch die Statue weitergeleitet und als
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