Mörderische Weihnachten
Kommentar.
»Hast du dir weh getan?«
Und ob. Durch meinen Schädel zuckten Blitze, als wollten sie ihn vierteilen. Martin raste weiter.
Er hatte sehr gute Laune bekommen. Da ich keine Weihnachtslieder mehr hörte, mußte ich mich auf sein Pfeifen konzentrieren. Es schien ihm eine diebische Freude zu bereiten, mich bald tot zu sehen. Ich erholte mich nur mühsam. Die Stiche in meinem Schädel ebbten allmählich ab. Durch den offenen Mund holte ich Luft. Manchmal wallten auch Schatten vor meinen Augen, die sich in Kreisel verwandelten, welche meinen Kopf umschlossen. Mühsam drehte ich mich auf dem Boden zur Seite. Die Matten stanken erbärmlich. Ich hätte fast noch hineingebissen.
Das Pflaster wurde leider nicht besser. Es besaß Löcher und Risse. Durch jede Unebenheit schaukelte der Wagen hindurch. Nicht immer konnte ich dies ausgleichen.
Wieder lenkte Martin den Wagen in eine Kurve. Diesmal rechts herum. Ich hatte die Knie ein wenig anziehen und mich abstützen können. So war der Ausgleich einigermaßen geschaffen.
Bis zum plötzlichen Ruck, der entstand, als Adamic hart abbremste. Das Fahrzeug neigte sich mit seiner Kühlerschnauze noch für einen Moment nach vorn, wippte wieder zurück und blieb ruhig.
Martin rührte sich nicht. Er hockte auf seinem Sitz und sagte: »Zu Ende, Sinclair! Die Fahrt ist zu Ende. Wir sind am Ziel!«
Ich unterdrückte eine Antwort, hörte aber, wie die Tür geöffnet wurde und der Mann ausstieg.
Er ging um den Wagen herum. Seine Schritte waren schlurfend. Hinter mir zog er die Tür auf, so daß kühle Luft gegen mein Gesicht fächerte. Sie brachte auch einen bestimmten Geruch mit, den ich einigermaßen gut kannte.
Hafengeruch…
Nach Ol, nach brakigem Wasser roch es und auch nach irgendwelchen Rauchabgasen, die ungereinigt aus den hohen Schornsteinen drangen. Acht Finger und zwei Daumen krallten sich in meinem Haar fest.
»Ich schaffe dich jetzt dorthin, Bulle, wo du hinwolltest!«
Er machte es hart und rücksichtslos. Ich flog auf das Pflaster, schlug aber nicht mit dem Kopf auf, weil mich der Mann festhielt. »Jetzt schleife ich dich zu ihm!« versprach er flüsternd. »Das wirst du schon erleben. Du kannst ihn ja kennenlernen, du…«
Ich hörte einen Fluch, dann legte er mich zu Boden. Fast in eine Pfütze hinein, jedenfalls nicht weit davon entfernt. Ich sah die Oberfläche ölig schimmern.
Der Boden war noch regennaß. Die Feuchtigkeit saugte sich schnell in der Kleidung fest. Ich rechnete damit, daß mich Adamic weiterschleifen würde, das tat er nicht. Statt dessen rannte er weg, und ich hörte einen seiner hämmernden Schritte.
War es eine Flucht? Bei ihm kaum vorstellbar. Vielleicht mußte er noch Vorbereitungen treffen.
Da er mir Zeit gelassen hatte, arbeitete ich wieder an den Fesseln. Die Füße interessierten mich auch jetzt nicht. Ich bog und verdrehte die Hände, aber der Draht blieb. Auch wenn ich die Finger so lang wie möglich über die Handflächen hinweg nach innen drückte, ich bekam die beiden Drahtenden nicht zu fassen.
Daher ließ ich diese Bemühungen bleiben und kümmerte mich um etwas anderes. Mit einem heftigen Ruck gelang es mir, mich aufzurichten. Der Körper schwang hoch, ich blieb auch sitzen und schaute mich um, nachdem das Hämmern in meinem Kopf etwas nachgelassen hatte. Wo man mich genau hingeschleppt hatte, wußte ich auch nicht. Licht gab es kaum, meine Augen aber hatten sich inzwischen an die Dunkelheit gewöhnt.
Ich mußte in einem Hof liegen, soviel stand fest. Sehr schwach erkannte ich die hohen Schatten, die ich mir gut als Brandmauern vorstellen konnte.
Eine Einfahrt entdeckte ich ebenfalls. Im rechten Winkel dazu stand ein barackenähnliches, flaches Gebäude.
Aus ihm lief Martin Admic. Er hatte seinen Weihnachtsmann-Mantel nicht geschlossen, so daß dessen Schöße beim Lauf nicht nur hoch-, sondern auch noch hinter ihn geweht wurden. Seine Schritte hämmerten auf den Asphalt, so daß deren Echos zwischen den Mauern wetterten. Neben mir blieb er stehen, beugte seinen Rücken durch und atmete schwer. Vom Laufen allein konnte diese Kurzatmigkeit nicht stammen, er mußte irgendeine Arbeit verrichtet haben.
»Es ist soweit«, sagte er mit schwerer Stimme, ging weiter und blieb vor meinen Füßen stehen. »Es ist wirklich soweit. Jetzt wirst du die Hölle erleben.«
»Wie schön.«
Seine Augen hatten einen dunklen Glanz bekommen. »Hast du keine Angst vorder Hölle oder dem Teufel?«
»Nein.«
»Wieso
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