Mörderische Weihnachten
nicht?«
»Weil ich den Teufel kenne, ich habe ihm schon einige Male gegenübergestanden und bin ihm immer wieder entwischt. Du siehst ja, daß ich noch lebe.«
»Aber nicht mehr lange, denn diesmal habe ich dich. Damals hat mir mein Vater den richtigen Weg gezeigt, ich hatte es nur nicht richtig verstanden. Heute aber ist das anders, viel anders. Ich fühle das Band. Es wird immer stärker. Mein Vater lebt nicht mehr, aber das Band konnte nicht reißen. Nein es ist einfach da, es wird niemals reißen, denn ich habe ihn gesehen…«
»Den Teufel?«
»Ja.«
»Wo denn?«
Martin duckte sich und streckte einen Arm aus. Er deutete auf die Baracke! »Dort!« flüsterte er er. »Dort lebt er, und es hat sich in den letzten zehn Jahren noch nichts verändert. Es ist alle so geblieben wie früher, als mich mein Vater hingeführt hat und ich den Teufel umarmen durfte. Ich begriff es leider nicht, ich hatte Angst. Jetzt aber weiß ich, welche Chance mir gegeben wurde.«
Allmählich sah ich klarer. Zwar war es nur eine Vermutung, aber ich wollte den Beweis bekommen. Darauf zielte auch meine Frage. »Bist du mit deinem Vater nach der Tat hierhergekommen?«
»Das bin ich.«
»Und hier hat er dir den Satan gezeigt?«
»Ja, er weihte mich ihm!«
»Willst du, daß ich ihm auch geweiht werde?«
Heftig schüttelte er den Kopf. »Auf keinen Fall, Sinclair, auf keinen Fall. Mit dir mache ich kurzen Prozeß. Ich werde dich in seinem Namen töten. Fliermit.« Er griff unter seinen Mantel und holte etwas Langes, Glänzendes hervor. Es war das Mordmesser!
Großer Himmel, war das eine Klinge. Es hatte tatsächlich Ähnlichkeit mit der Waffe, die auch Norman Bates in seinem Psycho-Filmen benutzte. Ich schaute auf den schmalen Rücken, doch als er die Klinge drehte und ich die breite Seite ansah, hatte ich den Eindruck, eine gleißende Sonne würde aufgehen.
Er bückte sich.
Ich bekam plötzlich Angst, weil das Messer in meine Nähe geriet. Er stieß nicht zu, statt dessen fragte er: »Hast du Angst, Sinclair? Hast du schon mal gespürt, wie es ist, wenn dich eine solche Klinge berührt oder in dein Fleisch eindringt?«
»Nein.«
»Aber Angst hast du?«
»Jeder Mensch hat Angst.«
»Das ist schön.« Er ließ sich auf die Knie fallen und starrte mich über die Messerklinge hinweg an, als wollte er mich sezieren. Dann senkte er die Klinge. Zwei Herzschläge später berührte sie meinen Hals.
Sie war kalt, so kalt, daß sich die Haut an der Vorder-und Rückseite des Halses zusammenzog. Auch im Innern wurde meine Kehle eng. Ich konnte mich auch nicht wehren. Hätte ich meine Knie angezogen und sie dann hochgerammt, hätte er sicherlich zugestoßen. So ließ er die Klinge liegen. »Ein teuflisches Gefühl, nicht wahr?« Als ich nicht antwortete, sprach er weiter. »Ich brauche sie nur zu kippen, dann bist du hin.«
Sein Gesicht hatte sich verändert. Es glänzte wie im Fieber. Selbst in der Dunkelheit erkannte ich die hektischen Flecken, die auf seinen Wangen tanzten.
Aus seinem spaltbreit geöffneten Mund strömte der säuerliche Atem hervor. Er widerte mich an.
Und das Gesicht des jungen Mannes veränderte sich. Die Haut, sowieso schon dünn, wurde noch durchscheinender, so daß ich das Gerippe sehen konnte.
Martin Adamic hatte etwas bemerkt, denn er fragte: »Nun, hast du das Zeichen gesehen?«
»Den zweiten Schädel?«
»So ist es.«
»Was hat er zu bedeuten?«
Während seiner Antwort blieb die flache Seite des Messers auch weiterhin an meiner Kehle liegen. »Es ist sein Zeichen, das Zeichen des Teufels, das seit meiner Kindheit in mir steckte. Wer es sah, der wußte Bescheid. Ich habe ihm damit gezeigt, wie nah der Tod bereits ist. Jeder, der mich einmal so gesehen hat, konnte einfach nicht überleben. Wenig später war er tot. Und so wird es auch dir ergehen, Sinclair!«
Im nächsten Augenblick nahm er das Messer wieder weg und stand mit einem Ruck auf. Er starrte mich an, ließ die Klinge wieder verschwinden, schaute zur Baracke hin und gab einen flüsternden Fluch von sich. Dann sah er zum Wagen. Wahrscheinlich überlegte er, ob er mich zur Baracke schleppen oder fahren sollte.
Er entschied sich anders. »Du hast so oder so keine Chance«, sagte er. Martin bückte sich und begann damit, meine Fußfesseln zu lösen. Ich dachte schon an einen Traum, es stimmte tatsächlich. Er brauchte nicht einmal lange, um den Draht aufzuknoten. Dann schleuderte er ihn einfach davon, umfaßte mich und riß mich auf die Füße.
Weitere Kostenlose Bücher