Mörderischer Stammbaum
und zog tatsächlich die Unterlippe
herab.
„Da fääällltsch
niiichchchtsssss“, sagte er undeutlich durch diese Grimasse.
Im selben Moment erhielt er
abermals von Rosa einen unbeabsichtigen Dolchstoß in den Rücken. Es war nur ein
Zusammenzucken, kaum merklich — doch Tim nahm es wahr.
Die richtige Vermutung
explodierte ihm förmlich hinter der Stirn.
„Aber da hat was gefehlt, nicht
wahr! Und Sie waren vorhin beim Zahnarzt.“
Schweigen.
Kovechluser bedachte Rosa mit
einem Warum-bist-du-nicht-vor-deiner-verdammten-Glotze?-Blick.
„Besser, Sie sagen es uns“,
warnte Tim. „Wir kriegen raus, wer Ihr Zahnarzt ist und tanzen dann mit der
Kripo dort an.“
Kovechluser schwitzte jetzt
stärker. „Ich verstehe nicht, was das alles soll. Aber gut! Ich sag’s. Ja, ich
habe mir heute Abend bei meinem Schwager Dr. Bachrippe einen Zahn einsetzen
lassen. Den hier!“
Mit dem Zeigefingernagel wurde
gegen den künstlichen Nagezapfen geklopft.
Tim spürte ein Kribbeln auf dem
Rückgrat.
Klößchen murmelte, Dr.
Bachrippe sei auch sein Zahnarzt. Gaby machte einen Schritt zurück, als fürchte
sie sich plötzlich vor Kovechluser.
„Wobei haben Sie den Zahn
verloren?“, fragte Tim.
„Bei einem Unfall auf der
Baustelle. Ich bin unglücklich gefallen. Eine Stahlstange hat mir den Zahn
rausgestoßen.“
„Wann war das?“
„Heute Mittag.“
„Gibt es dafür Zeugen?“
„Soviel du willst. Maurer,
Gipser, Hilfsarbeiter, mein Vorarbeiter Bialke. Sogar der Baggerführer Wrenzel
war da. Ich habe geblutet, und es tat weh. So! Und jetzt will ich wissen,
weshalb euch mein Zahn interessiert!“
„Das hat nichts mit dem
Taubenkrieg zu tun“, behauptete Tim, „sondern mit einem anderen Fall, in dem
wir nachforschen.“
„Nämlich?“
„Der Beißer — Sie wissen, wen
ich meine? — der hat heute Mittag bei einem Überfall am Tatort einen Zahn
verloren. Hat ihn sich ausgebissen an einem seiner weiblichen Opfer. Und wir
überprüfen jetzt jeden, der noch eigene Zähne hat.“ Kovechluser staunte. Dieses
Staunen war echt und verunsicherte Tim. Himmel! Wenn nun alles ein Irrtum war?!
„Davon weiß ich noch gar
nichts“, sagte der Stadtrat. „Aber wenn das so ist, habe ich einen heißen Tip
für euch. Denn mein Schwager Dr. Bachrippe sagte vorhin, als ich mit dem
Notfall zu ihm kam, heute sei wohl der Tag der ausgebrochenen Zähne. Weil...
Verdammt! Das darf ich nicht verraten.“
„Raus damit!“, forderte Tim.
Kovechluser atmete sich einen
Mühlstein von der Brust. „Ein anderer Patient hatte das gleiche Malheur, das
gleiche Missgeschick.“
„Wer?“
„Also das...“
„Wer?“
„Ihr wisst das nicht von mir.
Klar? Der Mann heißt Bierröder. Helmut Bierröder und...“
„Kennen wir. Ist auch so ein
Taubenfeind. Hat er gesagt, wie’s bei ihm passiert ist?“
„Eine Schlägerei.“
Tim nickte. Und sah seine
Freunde an. Genugtuung auf allen Gesichtern. Also doch!
Und mit sanierter Kauleiste,
dachte Tim, ist Bierröder dann gleich in den ,Biereimer’ abgetaucht. Und jetzt
zieht der Taubenhenker mit der blonden Tussi umher. Aber so fröhlich wird der
Abend nicht für ihn enden.
„Wie geht es Frau Delhis?“,
fragte Kovechluser.
„Inzwischen wieder recht gut.“
„Ist sie verletzt?“
„Zum Glück nicht. Wir wollten
sie besuchen und haben sie rechtzeitig in ihrem Wagen gefunden. Der Arzt hat
ihr dann ein Beruhigungsmittel gegeben. Jetzt schläft sie.“
„Im Krankenhaus?“
„In ihrer Wohnung.“
„Ich bin besorgt, weil der
Augenzeuge diese Aussage gemacht hat. Es gibt also einen Gewalttäter, der mir
ähnlich sieht.“
„Offenbar“, nickte Tim, nun
versöhnlich wie einer, dem die falsche Verdächtigung leid tut.
„Hoffentlich wird er bald
gefunden.“
„Das hoffen wir auch. Also,
dann entschuldigen Sie die Störung. Nichts für ungut. Man kann sich ja mal
irren: der Augenzeuge und wir. Aber es hätte so gut zusammengepasst. Sie
verstehen. Was die Tauben betrifft, müssen Sie aber weiterhin mit Petras
Widerstand rechnen. Und mit unserem auch.“
„Ich bin darauf vorbereitet“,
grinste Kovechluser.
Zwei Minuten später standen
TKKG bei einer Telefonzelle und Gaby rief im Präsidium an, wo ihr geliebter
Papi Nachtdienst hatte und — ein Glück — an seinem Schreibtisch war.
Gaby berichtete umfassend,
sparte aber Petras Entdeckung über den enthaupteten Frauenmörder Friedrich
Kovechluser noch aus.
Tim registrierte, dass der
Kommissar offenbar alarmiert war. Denn
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