Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mörderischer Stammbaum

Mörderischer Stammbaum

Titel: Mörderischer Stammbaum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
Vom Netzwerk:
hat sie Zoff? Wie wir jetzt erfahren, hat sie den
Kovechluser heute Nachmittag schwer unter Druck gesetzt. Genötigt. Erpresst. In
die Enge getrieben. Freilich! Als Motiv für den Überfall in der Tiefgarage ist
das zu mager. Guter Ruf hin, guter Ruf her. Ein ehrenwerter Name ist nicht
gleich im Eimer, nur weil in der Ahnengalerie ein Ungeheuer war. Nein! Deshalb
macht man keinen Mordversuch. Denn das — davon bin ich jetzt überzeugt — war’s.
Aber der Knackpunkt liegt ja auch woanders!“
    In den Mienen dämmerte
Verstehen und Tim fuhr fort: „Kovechluser muss etwas ganz anderes befürchten.
Nämlich dass jemand Parallelen zieht zwischen Uropa Friedrichs Metzelmethode
und dem Beißzwang des Beißers.“ Stille, Staunen. Petra war noch blasser
geworden.

    „Du meinst“, sagte Gaby,
„Friedrich hat sein unheilvolles Verhaltensmuster an unseren Taubenfeind
vererbt, hat es sozusagen weitergegeben in die vierte Generation.“
    Tim nickte. „Aber abgeschwächt.
Bernhard Kovechluser hat bisher nicht gemordet. Er ist nur — nur in
Anführungsstrichen — ein Unhold. Er vergeht sich an seinen Opfern. Aber vor
allem beißt er sie. Dieser Raubtierinstinkt liegt offensichtlich in der Familie.“
    „Wahnsinn!“, murmelte Klößchen.
„Bei uns ist es nur die Hinwendung zum guten Essen. Und zur Schokolade. Bin
gespannt, was meine Kinder mal machen werden. Vielleicht wird mein Sohn
Lakritzen-Freak und meine Tochter verkauft ihre Seele für eine Tüte Gummibärchen.“
    „Du wirst es erleben“, sagte
Tim. „Aber das hat ja noch Zeit. Aktuell ist dieser Mistkerl. Ich wette mein
Bike darauf, dass er Petra beseitigen wollte. Und das Verbrechen als
Raubüberfall getarnt hat. Als Raubüberfall mit überzogenem Abgang. Kovechluser
sieht die Parallelen zwischen sich und seinem ekelhaften Altvorderen.“
    Ein Frösteln lief durch den
Raum und überzog alle Häute. Selbst Tim fühlte sich peinlichst in seiner Seele
berührt.
    „Wir müssen uns Gewissheit
verschaffen“, sagte Gaby. „Gewiss doch!“
    „Ob ihm ein Zahn fehlt.“
    „Darauf wette ich schon
wieder.“
    „Dein Bike?“, fragte Klößchen
grinsend.
    „Was du willst.“
    Dann überlegten alle, wie jetzt
vorzugehen sei.
    „Wir suchen ihn heim“, sagte
Tim entschlossen. „Dein Vater, Pfote, muss sich trotz aller Befugnis beim
Vorgehen zurückhalten. Uns sind die Hände weniger gebunden. Wir können
Kovechluser die Unterlippe runterzerren. Ich mache das.“
    „Sicherlich wieder mit meinem
Handschuh“, sagte Karl.
    „Aber als ich heute Nachmittag
mit ihm gesprochen habe“, wandte Petra ein, „ist mir nichts aufgefallen.
Allerdings — er spricht ja immer mit fast geschlossenen Lippen. Man sieht seine
Zähne nicht. Die unteren schon gar nicht. Ich glaube, er hält das für vornehm.“
    Vornehmer wäre, dachte Tim,
wenn er seinen Trieb im Griff hätte. Aber dieser Mistkerl führt ein
Doppelleben. Stadtrat und erfolgreicher Unternehmer auf der einen Seite — auf
der anderen, der Nachtseite, schlägt Friedrichs genetische Erbmasse durch:
Geisteskrankheit, Abartigkeit, unkontrollierter Trieb, Verbrechen.
    „Wir holen ihn aus dem Bett“,
sagte Tim und stand auf. „Sie, Petra, bleiben natürlich hier. Sowas ist eine
TKKG-Äktschen. Wir rufen Sie an.“

19. Abgeschleppt
     
    Die Brünette hieß Hedwig. Aber
sie nannte sich Sabrina. Für ihren Nachnamen interessierte sich Redl nicht.
    Der Giftköder-Fabrikant hatte
die Animierdame eingeladen. Zu sich nach Hause. Dort wollten sie weiterfeiern.
Allein zu zweit. Und da er ihr allerlei Versprechungen machte — unter anderem
die Aussicht auf ein geldwertes Geschenk — war sie nur zu gern einverstanden.
    Jetzt saßen beide in Redls
protzigem Wagen und der Giftköder-Fabrikant fuhr aus der Großstadt hinaus in
die kleine Gemeinde im Umland, wo er sein Haus hatte und den Betrieb.
    Eine mondlose Nacht. Jedenfalls
hier. Über Wien war zwar längst der Vollmond aufgegangen und hatte dem
Privatdetektiv André Hawliczek die Brandstiftung vermasselt mit
verhängnisvollen Folgen, denn zur Zeit schwitzte der Typ im Sicherheitsbüro
unter strengem Verhör — hier jedoch, über der TKKG-Stadt und der Region,
waberte eine novembergraue Wolkendecke.
    „Du bist doch nicht etwa
verheiratet?“, fragte Sabrina.
    „Nö.“
    „Wirklich nicht?“
    „Ehrenwort nicht.“
    „Wäre ja auch schlimm, wenn
deine Frau plötzlich auftaucht.“
    „Ich habe keine. Helmut ist verheiratet.
Helmut Bierröder. Aber seine Gudrun hängt ihm

Weitere Kostenlose Bücher