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Mörderischer Stammbaum

Mörderischer Stammbaum

Titel: Mörderischer Stammbaum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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dann die
fettige Stadtrat-Stimme aus dem Hintergrund. „Das klingt ja wie eine Drohung.
Na, lass sie mal rein, Rosa!“
    Kovechluser hatte sich nicht
gezeigt, aber alles mitgehört. Jetzt war er offenbar nervös geworden.
    Die Kids duften also eintreten
und man musterte sich.
    Kovechluser trug
Cordhosen, Pullover und Slipper. Er
sah aus wie sein eigener Hilfsarbeiter.
    Und so stimmt der Eindruck!,
dachte Tim. Denn im Nadelstreifen-Kaftan mit seidenem Kulturstrick um den
Feistnacken wirkt er ja immer wie verkleidet. So echt wie ein Weihnachtsmann,
der mit dem Snowboard antanzt statt mit dem Klingelschlitten.
    Rosa hatte das Fenster
geschlossen und auch die Haustür. Die Diele war geräumig. Es gab eine — durch
einen Mauervorsprung abgeteilte — Garderobe, eine Treppe ins Obergeschoss, Türen
nach sonstwohin und eine Gruppe mit drei hübschen Sesseln.
    Wohndiele mit Klo-Anschluss und
Marmorboden, dachte Tim.
    Und hier sollte das Gespräch
stattfinden nach Kovechlusers Willen.
    Der Mann vergrub die Hände in
den Hosentaschen. Seine Frau blieb neben ihm stehen.
    „Um was für ein Verbrechen
geht’s?“, fragte er.

    „Um einen Raubüberfall.“ Auch
Tim vergrub die Hände in den Taschen.
    „Weshalb kommt ihr damit zu
mir?“
    „Weil Sie der Täter sind.“
    In Rosas dürrem Pferdegesicht
waren jetzt mindestens 20 Zähne zu sehen. Sie staunte.
    Kovechluser nahm die Hände aus
den Taschen. „Ich?“
    „Sie.“
    „Da habt ihr euch aber
gründlich geirrt. Ich mache keine Raubüberfälle. Ich bin Bauunternehmer und ich
bin Stadtrat.“
    „Sie wurden aber gesehen.“
    „Wo wurde ich gesehen?“
    „Vor etwa einer Stunde war’s:
in der Blechglanz-Straße. Sie kamen aus dem Apartmenthaus, in dem Petra Delius
wohnt. Aber Sie kamen nicht vorn heraus, sondern Sie liefen die Einfahrt von der
Tiefgarage herauf.“
    Das alles war kühne Behauptung,
denn einen Augenzeugen gab es ja leider nicht. Aber das konnte Kovechluser
nicht wissen.
    „Ich glaube, ich war noch nie
in der Blechglanz-Straße. Und vorhin schon gar nicht. Da hat mich jemand
verwechselt. Was ist denn passiert?“
    „Petra Delius, mit der Sie ja
total verfeindet sind, wurde in der Tiefgarage überfallen, beraubt — was
natürlich nur von dem wahren Motiv ablenken soll — und dann in den Kofferraum
ihres Wagens eingesperrt, nachdem der Täter sie mit Chloroform betäubt hatte.
Also ein Mordanschlag. Man hält es nicht für möglich, dass ein Mann in Ihrer
Position soweit geht. Ist Ihnen denn die Taubenvernichtung sooo wichtig?“
    Kovechluser wandte sich seiner
Frau zu. „Hast du das gehört? Die vier sehen doch ganz vernünftig aus. Aber sie
sind übergeschnappt.“
    „Sie haben ein Motiv“, beharrte
Tim. „Sie sind total verfeindet mit Petra Delius.“
    „Junge! Wir sind nicht
verfeindet. Wir sind nur unterschiedlicher Auffassung darüber, wie diese
Millionenstadt unter der Taubensch... erstickt.“
    „Diese Stadt erstickt höchstens
unter den falschen Beschlüssen der Politiker“, sagte Gaby. „Nicht unter dem
Taubenkot.“
    „Davon versteht ihr nichts.“
    „Mehr als Sie glauben.“
    Bevor das Gespräch zu
tierschützerisch wurde, schaltete sich Tim wieder ein.
    „Wo waren Sie vor einer Stunde,
Herr Kovechluser?“
    „Geht es um mein Alibi?“
    „Worum denn sonst? An Ihrem
Terminkalender sind wir nicht interessiert.“
    „Ich war hier.“
    Rosa, die bisher ihr Augenmerk
nur auf TKKG gerichtet hatte, warf regelrecht den Kopf herum und sah ihren Mann
an.
    „Ihre Frau fällt vor Erstaunen
fast um“, sagte Tim. „Und ich frage nochmals: Wo waren Sie vor einer Stunde?“
Kovechluser grinste. Aber seine Stirn glänzte feucht. „Wollte nur mal sehen,
wie beharrlich du bist. Ja, ich habe einen Spaziergang gemacht. Die Straße
runter bis nach Auenröde. Ich war ziemlich lange unterwegs. Wegen der frischen
Luft. Ich komme viel zu wenig raus.“
    „Sie sind natürlich allein
spaziert?“
    „Ich bin natürlich allein
spaziert. Meine Frau bevorzugt das Fernsehprogramm.“
    Das gefiel Rosa nicht. Sie sah
ihren Mann ärgerlich an. „Würden Sie mal die Unterlippe herabziehen, Herr
Kovechluser!“, verlangte Tim.
    „Was?“
    „Wir wollen Ihre unteren Zähne
sehen.“
    „Weshalb?“
    „Wir wollen sehen, ob da einer
fehlt.“
    „Und wozu soll das gut sein?“
    „Das sagen wir Ihnen hinterher.
Fehlt Ihnen einer der unteren vorderen Zähne?“
    „Nein!“
    „Zeigen!“
    Kovechluser fasste sich mit
Daumen und Zeigefinger in beide Mundwinkel

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