Mörderspiel im Burghotel
Koffer packte, ist Achim mit dem Schmuck nach Amsterdam
geflogen und hat tatsächlich alles bei diesem Hehler verkauft. Hat zwar nicht
eine volle Million gekriegt, aber immerhin 960 000 Mark, was ja riesig ist. Wir
haben das Geld im Keller versteckt und dann ist alles ganz anders gekommen.
Robert Krämer wurde wieder gesund — jeden Tag ein bisschen mehr. Unaufhaltsam gesund.
Eine Katastrophe! O verdammt! Dieser alte Mistkerl! Warum gibt er nicht auf?
Wir haben Alte genug! Aber nein, der klammert sich ans Leben! Unerhört! Nimmt
keine Rücksicht auf andere. Schiet!
Robert Krämer wurde völlig
gesund, was er freilich mehr seiner Natur zu verdanken hatte als Renates
Pflege. Letzten Sonntag hatte er das Haus verlassen, war allein mit seinem
Volvo-Oldtimer zur Stadt zurückgefahren und hatte sich wieder eingenistet in
seiner Villa.
Wahnsinn! Die Wannigers fühlten
sich wie auf dem Pulverfass. Und tatsächlich! Am Dienstag hatte sich der Alte
telefonisch gemeldet und Achim erklärt, dass er seine Schmucksammlung nun doch
wieder zu Hause haben wollte. In seinem Safe, weil er sich dann die
Kostbarkeiten jederzeit ansehen könnte.
„Aber ich, Achim“, hatte er
gesagt, „komme nicht ran an meine Sammlung. Weil du das Schließfach beim
Bankhaus Obersoll gemietet hast. Du musst also herkommen. Am besten noch
heute.“
Achim hatte kaum reden können,
sich aber dann zusammengerissen, hatte versucht, den Alten davon zu überzeugen,
dass die Schmucksammlung im Schließfach sicherer sei. Vergebens! Der Alte
bestand starrsinnig auf seinen Wunsch.
„Also gut, Achim“, hatte er
gesagt, „wenn du diese Woche keine Zeit hast, herzukommen — dann aber
spätestens am Montag. Im Übrigen habe ich eine Überraschung für euch. Ich lade
euch ein. Als Dankeschön für die Aufnahme in eurem Haus und Renates aufopfernde
Pflege. Mein Freund Gero von Gebeinigen eröffnet nämlich an diesem Wochenende
sein Burghotel Falkenhain — mit einer besonderen Theateraufführung zum
Mitmachen: einem Mörderspiel. Ich soll unbedingt kommen. Und ich soll Gäste
mitbringen. Ich habe schon zugesagt. Und ihr kommt auch. Keine Widerrede! Wir
werden ein spannendes Wochenende verleben. Und dann am Montag, wenn du meine
Sammlung aus dem Schließfach holst, schenke ich Renate einen Diamantring. Du
kriegst einen Siegelring. Alles klar?“
Achim hatte erwidert, sie
würden sich wahnsinnig freuen und kämen selbstverständlich gern.
Renate klappte ihr Tagebuch zu
und legte es in den Nachttisch zurück.
Wir fliegen auf, dachte sie
panisch. Alles kommt raus. Und dann kennt der Alte keine Gnade. Ehrlichkeit
geht ihm über alles. Idiotisch! Als wäre das nicht ein Luxus, den man sich nur
selten gönnen kann. Aber da gibt es bei dem Alten kein Verzeihen. Nein, der
bringt uns ins Gefängnis. Es sei denn, wir bringen ihn vorher um.
Achim kam herein. Er sah
gammelig aus in seinem alten Trainingsanzug und war noch nicht rasiert. Er
machte ‚langes Wochenende’, also am Freitag schon blau.
„Gepackt, alles fertig?“
„Bin noch dabei.“
„Ich habe nachgedacht,
Renatchen.“
„Ja?“
„Es gibt keine andere
Möglichkeit.“
Sie seufzte. Es war kein echtes
Seufzen, sondern mehr eine verheuchelte Geste.
„Achim, mir wird übel bei der
Vorstellung.“
„Mir auch.“
„Wir könnten... könnten...
könnten…“ Sie überlegte. „Was könnten wir?“
„Wir könnten ihm alles
gestehen.“
„Spinnst du?“
„Und wir geben ihm das Geld
zurück.“
„Das Geld? Seine
Schmucksammlung war etwa zweieinhalb Millionen wert unter Brüdern. Hat Klufenum
gesagt. Und wir haben 960 000.“
„Es... ist doch besser als
nichts. Und in seinem Alter... Er könnte mit dem Geld eine Weltreise machen.“
„Er würde mit dem Geld
Verbrecher anheuern, die uns umbringen. Weil eine Gefängnisstrafe für uns seine
Enttäuschung nicht befriedigt. Nein, Renatchen. Es gibt nur die eine
Möglichkeit.“
Ihre Hände zitterten, als sie
ein Nachthemd zusammenfaltete und in den Koffer legte.
„Heh, wieviele Nachthemden
nimmst du mit? Willst du als Burggespenst auftreten?“
„O Gott! Ich bin völlig
durcheinander. Jetzt habe ich fünf Nachthemden eingepackt für drei Nächte.“
Sie nahm vier wieder heraus.
„Ich stelle mir das so vor“,
sagte Achim und stocherte mit einem Streichholz zwischen den Zähnen. „Der Alte
hat nachts einen Unfall. Fällt aus dem Fenster runter in den Burggraben. Hat
sich eben zu weit hinausgebeugt, als er den Mond sehen wollte oder
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