Mörderspiele
beantworten. Wie hat Ihre Mutter davon erfahren, dass sie Bobbies Tochter ist?«
»Sie erzählte mir - also meinem Bruder und mir -, dass sie Briefe von Bobbie gefunden habe. Bobbies Mutter hatte sie aufbewahrt. Bray erkundigte sich, wie es ihrem Baby ginge, und erwähnte dabei den Vornamen meiner Mutter. Ihre Serenity nannte sie sie, als wäre sie irgendein Ding und kein Kind, das seine Mutter brauchte.«
Die Bitterkeit in ihren Worten signalisierte Eve, dass Ms Sawyer bestimmt keiner von Bobbie Brays Fans war.
»Schrieb, sie bedaure es, dass sie wieder mal Mist gebaut habe. Meine Mutter behauptete nämlich, Bobbie hätte sich für einen weiteren Entzug entschieden und dass sie Hop und die Musikszene verlassen würde. Sie wolle clean werden und sich um ihre Tochter kümmern. Natürlich kam sie nie zurück. Meine Mutter war davon überzeugt, dass Hop sie umgebracht oder aber einen Killer engagiert habe.«
»Und was meinen Sie?«
»Schwer zu sagen.« Sie zuckte mit den Schultern. »Vielleicht ist sie auch nach Bimini gefahren, um dort am Strand Muschelketten zu verkaufen. Oder nach San Francisco und dort von der Golden Gate Bridge gesprungen. Keine Ahnung, und es interessiert mich offen gestanden auch nicht.«
Schwer seufzend presste Ms Sawyer ihre Fingerspitzen auf die Augenhöhlen. »Ich konnte und kann mich in ihr Leben nicht hineinversetzen, tut mir leid. Für meine Mutter drehte sich jedoch alles um sie. Mom beteuerte sogar, Bobbies Geist würde sie häufiger aufsuchen und mit ihr Zwiegespräche führen. Und diese Besessenheit ist meiner Meinung nach mitverantwortlich dafür, dass Mutter, so lange ich denken kann, mit psychischen Problemen zu kämpfen hatte. Als mein Bruder bei den Stra ßenschlachten ums Leben kam, brach für sie eine Welt zusammen. Er war ihr Liebling.«
»Haben Sie die Briefe?«
»Nein. Dieser Hopkins hat sie meiner Mutter abgeluchst. Ich war am College, mein Bruder in Europa, das muss vor gut und gerne dreißig Jahren gewesen sein. Er schwatzte ihr so ziemlich alles ab, was sie an Erinnerungsstücken von Bobbie aufbewahrt hatte. Ihre ersten Platten, Briefe, Tagebücher, Fotos. Er beteuerte, er würde in Kalifornien ein Museum oder so etwas eröffnen. Aber von wegen. Als mein Bruder nach Hause zurückkehrte und davon erfuhr, tobte er vor Wut. Er hatte mit Mutter deswegen einen entsetzlichen Streit und bekam keine Gelegenheit mehr, sich mit ihr zu versöhnen. Jetzt ist er tot und Bobbie vermutlich auch. Ich will nichts mit Bobbie Brays Vermächtnis zu tun haben. Ich möchte mein eigenes Leben leben.«
Eve beendete die Verbindung und erhob sich aus ihrem Sessel. Sie hätte wetten mögen, dass der Mörder es auf die Briefe abgesehen hatte.
Gemeinsam mit Peabody fuhr sie erneut zu Hopkins’ Apartment, um es noch mal gründlich zu durchsuchen.
»Es muss Briefe von Bobbie geben, die bestätigen, dass sie ein Kind mit Hop hatte. Briefe oder irgendein Dokument oder Aufzeichnungen von Hop, die seinen Enkel letztlich zu Serenity Massey führten. Das ist brisanter Zündstoff, der entscheidend für unsere Ermittlungen sein könnte«, erklärte sie ihrer Partnerin. »Ich wette, er hatte irgendwo ein geheimes Depot eingerichtet. Ein Safe oder so. Wir fangen mit den Banken an und eruieren, ob er unter seinem Namen oder einem nahe liegenden Decknamen ein Schließfach gemietet hatte.«
»Möglich, dass er die Unterlagen mitnahm und der Mörder sie bereits hat.«
»Das glaube ich weniger. Der Portier erklärte doch, Hopkins habe nichts dabeigehabt, als er das Gebäude verließ. Wertvolle Papiere hätte er mit Sicherheit in einer Dokumentenmappe verstaut. Der Typ stand auf teure Accessoires - edler Anzug, gute Schuhe, antike Uhr -, warum nicht auch einen respektablen Aktenkoffer? Und er war scharf auf Kohle. Vielleicht hat er sie verkauft oder Interessenten angeboten.«
»Bygones?«
»Keine schlechte Idee. Lass uns kurz hinfahren.«
An der Tür blieb Eve stehen. Sie drehte sich um und warf einen letzten Blick in das Apartment. Hier drin sind keine Geister, sinnierte sie. Lediglich abgestandene Luft und schlechte Träume.
Vermächtnisse, überlegte sie, als sie die Eingangstür abschloss. Das von Hopkins waren seine hochfliegend ehrgeizigen Pläne, vergleichbar mit denen seines Vaters.
Bobbie Brays Enkelin hatte ihr eigenes Erbe vehement verleugnet, um ein von der Presse unbehelligtes Leben führen zu können. Sie mochte nicht Bobbie Brays Vermächtnis sein.
Verständlich in ihrer Situation,
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