Mörderspiele
begütigend auf die Schulter und schob sie sanft beiseite. »Sie müssen Roarke sein.« Tom nötigte sich ein Grinsen ab und reichte ihm die Hand. »Jetzt erkenne ich Sie wieder. Bitte kommen Sie, setzen Sie sich doch.«
»Tom, bitte…«
»Mach uns rasch einen Kaffee, ja?« Er drehte sich um, drückte seiner Frau einen flüchtigen Kuss auf die Schläfe. Dabei raunte er ihr etwas zu, worauf sie seufzend nickte.
»Ich versuche, es so kurz wie möglich zu machen, Mr Palmer«, erklärte Eve, als Helen durch den Flur in Richtung Küche lief.
»Als das damals passiert war, haben Sie sich uns gegenüber sehr korrekt verhalten, Lieutenant.« Er wies die beiden in einen kleinen Wohnraum. »Das habe ich Ihnen nicht vergessen. Helen - meine Frau ist fix und fertig. Schon seit Tagen«, setzte er hinzu. »Seit wir wissen, dass David aus der Anstalt entkommen ist. Zwar versuchen wir, das zu verdrängen, aber…«
Er gestikulierte hilflos und setzte sich.
Eve erinnerte sich sehr gut an diese sympathischen Leute, ihren Schock und den Kummer über die kriminelle Energie ihres Sohnes. Ungeachtet ihrer liebevollen, fürsorglichen Erziehung hatten sie ein Monster großgezogen.
David war weder missbraucht noch geschlagen oder in irgendeiner Weise vernachlässigt worden. Die abschließende Analyse von Miras Tests hatte Eves Eindruck bestätigt, dass es sich bei den Palmers um ganz normale Eltern handelte, die ihrem einzigen Kind ihre ungeteilte Zuneigung und Geborgenheit gaben. Mochte sein, dass sie den Jungen ein bisschen zu sehr verwöhnt hatten.
»Ich habe keine guten Nachrichten für Sie, Mr Palmer. Es fällt mir nicht leicht, es Ihnen zu sagen.«
Er verschränkte die Arme vor der Brust. »Er ist tot.«
»Nein.«
Tom schloss die Augen. »Grundgütiger. Ich hatte so gehofft - ich hatte wirklich gehofft, er wäre tot.« Als er die Schritte seiner Frau vernahm, sprang er auf. »Komm, ich mach das schon.« Er nahm ihr das Tablett ab. »Wir packen das, Helen. Gemeinsam sind wir stark.«
»Ich weiß. Ich weiß, dass wir es schaffen.« Sie glitt ins Zimmer, setzte sich, schenkte Kaffee ein. »Lieutenant, glauben Sie, David ist wieder in New York?«
»Wir wissen es mit Bestimmtheit.« Nach kurzem Zögern entschied sie, dass die Nachricht ohnehin bald durch die Medien gehen würde. »Heute, in den frühen Morgenstunden, wurde die Leiche von Richter Wainger auf der Rockefeller Plaza entdeckt. Sie trägt eindeutig Davids Handschrift«, setzte sie hinzu, als Helen unwillkürlich aufstöhnte.
»Er hat mich kontaktiert, den Beleg geliefert. Es besteht kein Zweifel mehr.«
»Er sollte doch in psychiatrische Behandlung. Und vor den Menschen weggeschlossen werden, damit er niemandem mehr etwas antun kann, auch sich selbst nicht.«
»Bisweilen versagt das System, Mrs Palmer. Und das, obwohl man alles richtig gemacht hat.«
Helen erhob sich, schlenderte zum Fenster und spähte nach draußen. »So etwas haben Sie schon einmal zu mir gesagt. Zu uns. Dass wir alles richtig gemacht haben, getan haben, was wir nur konnten. Aber dass bei David irgendetwas ausgesetzt hat. Das war nett von Ihnen, Lieutenant, aber Sie machen sich kein Bild davon, wie es ist, wenn man weiß, dass man ein Monstrum in die Welt gesetzt hat.«
Nein, dachte Eve im Stillen. Allerdings wusste sie, wie es war, wenn man von einem Monstrum gezeugt und die ersten acht Lebensjahre von ihm erzogen worden war und mit dieser Erfahrung leben musste.
»Ich brauche Ihre Hilfe«, sagte sie stattdessen. »Vielleicht haben Sie eine vage Vorstellung, wo er stecken könnte. Womöglich kennen Sie sogar jemanden, der ihn bei sich aufnehmen würde. Er ist irgendwo untergeschlüpft«, räumte sie ein. »Irgendwas Privates, wo er experimentieren kann. Wir tippen auf ein Einfamilienhaus, irgendwo in New York. In der City oder jedenfalls in Innenstadtnähe.«
»Nicht dass ich wüsste.« Tom hob beschwörend die Hände. »Vor unserem Umzug haben wir alles verkauft. Unser Haus, mein Geschäft, Helens Laden. Sogar unser Ferienhaus in den Hamptons. Wir haben sämtliche Zelte abgebrochen. Das Haus, wo David - wo er in jenem letzten Jahr wohnte, wurde ebenfalls verkauft. Wir leben hier einsam und einfach. Die Erlöse aus den Verkäufen haben wir festgelegt. Wir brachten es nicht über uns… wir brauchen das Geld nicht.«
»Und er verfügte über ein eigenes Konto?«, fragte Eve prompt.
»Ja, eine Erbschaft, Treuhandfonds. Damit finanzierte er, was er getan hat.« Tom fasste die Hand seiner
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