Mörderspiele
sollte Skinner ihn nicht in Dublin durch einen Auftragskiller töten lassen, wenn er ihm in Atlanta durch die Finger geglitten war?«
»Weil er ein Cop ist und kein Attentäter. In dem File findet sich keinerlei Hinweis darauf, dass er sein Zielobjekt in Dublin lokalisierte. Es gibt Korrespondenz mit Interpol, mit den lokalen irischen Behörden. Skinner arbeitete auf einen Auslieferungsbefehl hin, für den Fall, dass seine Zielperson wieder in Irland einreisen sollte, und den hätte er bestimmt durchgesetzt. Daran war ihm in erster Linie gelegen«, fuhr sie fort. Sie erhob sich, schlenderte ziellos durch den Raum. »Er wollte, dass der Bastard seinem Zuständigkeitsbereich überstellt würde. Wollte die Gegenüberstellung. Aber die Genugtuung hat er nie bekommen.«
Sie schnellte herum. »Andernfalls hätte er die Akte schließen und sich entspannt zurücklehnen können. Er wäre nicht auf die zwanghafte Idee verfallen, seinen Hass auf dich zu projizieren. Du bist die lebende Reminiszenz an seine schwerste persönliche und berufliche Blamage. Er verlor seine Männer, und der Schuldige entkam ungestraft.«
»Du hast Recht. Ein Mord wäre niemals in Skinners Sinne gewesen. Er strebte eine ordnungsgemäße Verhaftung und ein Gerichtsverfahren mit abschließendem Todesurteil an.«
»Korrekt. Aber du bist auch noch da, wohlhabend, erfolgreich, berühmt und - leider Gottes - mit einer Polizistin verheiratet. Ich brauche keine Dr. Mira, die mir ein Profil von diesem Mann erstellt. Skinner plädiert vehement dafür, dass Mörder, insbesondere Polizistenmörder, zum Tode verurteilt werden. Nach einem anständigen Prozess. Dein Vater hat sich ihm entzogen. Und dafür sollst du büßen.«
»Da wird er eine herbe Enttäuschung erleben. Logischerweise. Einmal bin ich erheblich cleverer als mein Vater.« Er stand auf, ging zu ihr, streichelte zärtlich ihr Kinngrübchen.
»Zum anderen ist mein Cop kompetenter, als Skinner ahnt.«
»Ich werde ihm einen Dämpfer verpassen, darauf kannst du Gift nehmen. Indem ich seine fünfzig Dienstjahre genauestens unter die Lupe nehme und irgendetwas Belastendes gegen ihn finde.«
»Das war mir klar.« Dabei würde sie sich mehr ins Zeug legen, überlegte Roarke, als Skinner lieb war. Aber der Commander kapierte ohnehin nichts. »Wir sollten schlafen gehen.« Er hauchte ihr einen Kuss auf die Schläfe.
Sie träumte von Dallas und dem ungeheizten, verdreckten Zimmer in Texas, in das ihr Vater sie eingesperrt hatte. Träumte von Kälte und Hunger und unsäglicher Angst. Das rote Licht der Neonreklame über dem Sexclub auf der gegenüberliegenden Straßenseite flackerte in den Raum, huschte über ihr Gesicht. Und über seins, während er sie schlug.
Unvermittelt fühlte sie wieder die wahnsinnigen Schmerzen, wenn sie von ihrem Vater träumte. Wie er sich brutal in ihren jungen, unschuldigen Körper zwängte. Von knackenden Knochen, ihrem hohen, spitzen Schrei, als er ihr den Arm brach.
Sie träumte von Blut.
Ihr Vater war ebenfalls erstochen worden. Aber in seinem Fall wusste sie genau, wer der Täter war. Sie hatte sich als Achtjährige ein Messer geschnappt und damit blindwütig auf ihren eigenen Vater eingestochen.
In dem himmlisch großen Bett in der mondänen Suite wimmerte sie wie ein kleines Kind. Roarke zog sie an sich und wiegte sie in seinen Armen, bis der Traum verblasste.
Gegen sechs war sie geduscht und angezogen. Das schicke Jackett, das auf wundersame Weise in ihren Koffer gelangt war, schmiegte sich wie eine zweite Haut über ihre kugelsichere Weste und das Waffenholster. Damit fühlte sie sich erheblich wohler.
Sie benutzte den Link im Schlafzimmer, um Peabody anzurufen. Sie mutmaßte, dass sich ihre Partnerin unter dem aufgetürmten Berg Decken befand, der unvermittelt ins Bild kam.
»Wa… wa… was ist denn?«
»Aufwachen«, fuhr Eve sie an. »In fünfzehn Minuten möchte ich Ihren Bericht sehen.«
»Wer ist da?«
»Grundgütiger, Peabody. Sind Sie so schwer von Begriff? Stehen Sie auf, und ziehen Sie sich an. Kommen Sie zu mir.«
»Wie wär’s, wenn ich uns Frühstück bestelle?«, schlug Roarke vor, nachdem sie die Verbindung beendet hatte.
»Prima Idee, bestell gleich für die ganze Truppe. Ich spiele jetzt nämlich den fröhlichen Wecker und hole alle aus den Federn.« Sie zögerte. »Ich kenne meine Leute, Roarke, und weiß, dass ich ihnen vertrauen kann. Darcia Angelo dagegen kenne ich nicht.«
Seelenruhig verfolgte er die morgendlichen Aktienkurse auf
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