Mogelpackung: Roman
die Mädels eigentlich am meisten? Dass du sie angelogen hast – oder dass du eben doch noch nicht mit einem Jungen zusammen bist?«
»Keine Ahnung. Ist im Endeffekt auch wurscht.« Karla hob einen kleinen Stock vom Boden auf und kratzte damit wirre Muster vor sich in den Sand. »Und wie ich weiter in diese Schule gehen soll, weiß ich auch nicht.«
»Vielleicht kommt ja ein Prinz um die Ecke, und alles regelt sich.«
Karla schnaubte verächtlich. »Etwa wie in ›Lara – eine Unschuld in Berlin‹? Das Leben ist keine Telenovela, Onkel Fredo, so viel weiß sogar ich schon darüber!«
»Okay, Telenovelas stecken voller Klischees«, gab Fredo zu. »Aber woher kommen die? Letzten Endes aus dem Leben. Glaub einfach dran.«
»Fällt mir schwer.«
»Dann glaube wenigstens an dich selbst.«
»Klischeesatz.«
»Klischee reicht für die meisten.«
»Ich bin nicht wie die meisten.«
»Dann sind wir ja schon zwei.«
»Gibst du nie auf, Fredo?«
»Niemals. Weil ich mich gar nicht erst auf etwas einlasse.«
»Willst du damit behaupten, dir geht grundsätzlich alles am Arsch vorbei?«
»Ich versuch’s.«
Karla sah ihn ungläubig an. »Und ich soll das auch versuchen?«
»Red es dir ein. Es hilft, glaube mir.«
»Wenn du meinst …«
»Backen zusammenkneifen und durch!«
Karla schmunzelte. »Das hab ich heute auch schon gedacht!«
»Wir sind eben miteinander verwandt, das lässt sich nicht leugnen«, schmunzelte Fredo mit.
»Und stammen von Gesche ab«, lachte Karla.
»Genau. Zu irgendwas muss das doch gut sein.«
Sie schwiegen eine Weile stillvergnügt in sich hinein, dann stupste Fredo das Mädchen aufmunternd mit dem Ellenbogen an. »Besser?«
Karla atmete tief durch und nickte. »Viel besser.«
»Das ist gut.«
»Ich hab Hunger. Was gibt’s heute?«
»Pfannkuchen. Wetten?«
Sie lachten noch, als sie längst wieder im Wald und dann zurück beim Wagen waren. Sie stiegen ein, und Fredo steckte den Schlüssel ins Zündschloss.
»Abflug?«
»Abflug.«
Fredo wollte schon starten, da schoss Karla noch eine Bemerkung ab. »Onkel Fredo, über dich haben ein paar von den Mädels heute auch gelästert.«
»Geht mir am Arsch vorbei. Was denn?«
Karla druckste etwas. »Also … Sara Keller hat was von ihrer Oma gehört … und Mona Sandmann von ihrer Mutter … Die sagen, du hast als Schüler mal ein Mädchen angefallen, auf einer Klassenreise …«
»Na ja, es war gerade Vollmond.« Fredo sah seiner Nichte offen in die silberhellen Augen. »Hey – glaubst du den Quatsch?«
Die Wärme, die ihm aus Karlas Blick entgegenleuchtete, tat Fredo gut. Besser als jede gesprochene Antwort. Fredo ließ den Motor an, wendete und rollte über den Feldweg zurück zur Straße.
»Onkel Fredo – warum reden die Menschen so viel Müll?«
»Wenn ich das wüsste«, seufzte Fredo, »würd ich ihn in Dosen abfüllen und ans Fernsehen verkaufen.«
18.
P LOCK. PLOCK. PLOCK. PLOCK. PLOCK.
Die Wolldecke war Fredo von den Knien gerutscht, sie lag auf den Fliesen neben dem Deckchair. Fredo machte sich nicht die Mühe, sie aufzuheben – erstens war es warm genug für eine Siesta ohne Decke, zweitens war bei dem Lärm eine Siesta ohnehin nicht mehr drin. Nebenan stanzte Knödel seinen Ball mit der Präzision einer Nähmaschine gegen den Holzschuppen, und zwar erstaunlicherweise völlig ohne Begleitkommentar.
PLOCK. PLOCK. PLOCK.
Kein PLOCK.
Dafür raschelte es, und der Ball flog durch die Hecke, rollte aus und blieb vor Fredos Terrasse liegen. Fredo beschloss, diesem trägen Beispiel zu folgen, und rührte sich nicht. Bald darauf lugte das runde Gesicht des Jungen zwischen den Zweigen hervor. Fredo simulierte den Schlafenden. Knödel drückte sich sachte durch die Hecke, offensichtlich darum bemüht, jedes Geräusch zu vermeiden. Fredo wartete ab, bis sich der Junge auf leisen Sohlen bis zum Ball geschlichen und das Spielgerät aufgenommen hatte – dann schrie er laut: »Buh!«
Knödel schoss hoch wie angestochen, versuchte sich noch in der Luft nach Fredo umzusehen, verhedderte sich mit den eigenen Füßen und landete unsanft auf dem Hosenboden.
»In der technischen Ausführung nur Durchschnitt, aber für den künstlerischen Ausdruck kriegst du die Höchstpunktzahl in der B-Note«, kommentierte Fredo ungerührt. »Hallo, Daniel.«
»Ich darf nicht mit dir reden«, erklärte der Junge. Er machte keine Anstalten, näher zu kommen, lief aber auch nicht weg.
»Warum denn nicht?«
»Hat Mama
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