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Mogelpackung: Roman

Mogelpackung: Roman

Titel: Mogelpackung: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Schröter
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Garagentor. »Nehmt den Jungen und schafft ihn zur Wache. Ich habe genug von ihm.«
    Die beiden Polizisten nahmen Tim in die Mitte und führten ihn zu einem an der Straße geparkten Streifenwagen. Mutlos schlich der Junge zwischen ihnen her. Man würde ihm alles Mögliche und Unmögliche in die Schuhe schieben, war er sich plötzlich ganz sicher. Das lief doch immer so, in der Schule und hier auch. Jetzt auch noch dieses Päckchen. Wahrscheinlich haben die das selbst dahin gelegt, um ihre Erfolgsstatistik zu frisieren, überlegte er. So etwas hat man schon in vielen Filmen gesehen. Wenn er erst in der Wache festsaß, käme er nicht mehr raus aus der Nummer. Und wer sollte ihm dann helfen? Eltern – weit weg. Gesche – unzurechnungsfähig. Karla – freut sich, wenn sie mich los ist. Onkel Fredo – nicht der Typ, auf den die Polizei hört. Patrik Stenzel – den würden die Bullen wohl gleich mit einbuchten, so, wie der aussah.
    Das waren alle. Mehr Leute hatte er nicht.
    Sie erreichten den Streifenwagen, einer der Beamten öffnete die hintere Seitentür und gab ihm einen Wink – nicht unfreundlich, aber bestimmt: »Einsteigen!«
    Ich kenne hier alles, schoss es Tim durch den Kopf, jeden Stein. Da links führt ein kleiner Sandweg zwischen den Gärten hindurch. Die Abkürzung durch Neumanns Hecke kennen die Bullen bestimmt nicht. Und wenn schon – riskiere es!
    Tim atmete noch einmal durch und stieg in den Streifenwagen. Rutschte rasch über die Rückbank zur gegenüberliegenden Seite, stieß die Tür auf, schwang sich ins Freie.
    Und rannte los.

    Sie redeten miteinander. Stundenlang, so empfand es Fredo jedenfalls. Zwischendurch schrillte Helenas Festnetztelefon, was sie zunächst ignorierte, bis sie es schließlich entnervt ausklinkte. »Da geht der Terror schon los«, hatte sie geseufzt. »Thorsten verliert keine Zeit.« Aus dieser Erkenntnis zog Helena ihre Konsequenz: Sie müsse packen und fort, solange es noch ging. Sie würde nur noch Montag früh zur Schule gehen, um dem Direktor, der bisher als Einziger Bescheid gewusst und ihr Inkognito gedeckt hatte, den plötzlichen Abschied zu erklären. Fredo konnte sie nicht davon abbringen und musste sich letzten Endes eingestehen, dass er selbst sein Leben wie ein Durchreisender gestaltete und es sich schon deshalb nicht anmaßen durfte, Helena davon abzuhalten, den Anker zu lichten.
    »Sagst du mir wenigstens, wohin du fährst?«
    Sie zuckte mit den Schultern. »Ich habe noch kein Ziel.«
    »So ein Zufall. Dahin will ich auch.«
    Das rang Helena ein schwaches Lächeln ab. »Aber nicht jetzt. Du bist Familienvater, zumindest auf Zeit.«
    »In der Rolle bin ich sowieso fehlbesetzt«, winkte Fredo ab.
    »Finde ich nicht. So, wie du dich für Tim eingesetzt hast – auch für Karla und sogar für den kleinen Daniel –, bist du für mich ein fabelhafter Familienvater. Auf deine ganz eigene Art und Weise.«
    Sie sahen sich lange in die Augen. Es tut verdammt weh, dachte Fredo. Lass endlich locker, wenn du es überleben willst.
    »Uns bleibt immer noch Paris.«
    »Paris?«
    »Casablanca«, erklärte Fredo. »Der Film. Humphrey Bogart sagt das, als er Ingrid Bergmann zum Abschied in die Augen schaut.«
    »Dann gehst du jetzt besser, bevor es Sam noch einmal spielt …«
    Das tat Fredo. Wie viele Abschiedsszenen habe ich schon geschrieben, dachte er. Rührende, herzzerreißende, tränenreiche Dialoge und Bilder. Die Wirklichkeit war prosaisch: kurze Umarmung, alles Gute. Soll ich dich fahren – nein danke, lieber nicht. Hemd vom Garderobenhaken nehmen, Tür, Treppe, raus.
    Dort empfing ihn das Gewitter mit Blitz und Donner. Vielleicht sollte ich mich doch von Helena fahren lassen, überlegte Fredo schon – da rauschte ein uralter Volvo heran und hielt direkt vor ihm, die Beifahrertür öffnete sich einladend. Fredo flitzte durch den Regen und sprang in den Wagen. Briegel Schulz gab bereits Gas, während Fredo noch damit beschäftigt war, die Tür hinter sich zu schließen.
    »Hey!«, protestierte Fredo, als der Volvo nach vorn schoss und es ihn in die Rückenlehne drückte. »Zu viel Schampus aus dem Siegerpokal oder was?«
    »Oder was.« Briegel starrte angestrengt nach vorn und fuhr trotz der schlechten Sicht in einem höllischen Tempo.
    »Ihr habt doch das Turnier gewonnen, oder?«
    Briegel nickte knapp. »Fredo, hör zu …«
    Und dann berichtete Briegel. Nach dem Turnier hätte er Daniel und Katrin nach Hause bringen wollen und sei direkt in den

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