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Mogelpackung: Roman

Mogelpackung: Roman

Titel: Mogelpackung: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Schröter
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und mit heulendem Motor davonbrauste. Von oben klatschte ihr der Regen ins Gesicht, von unten spürte Gesche Schlamm und Lehmwasser durch Kleid und Unterhose sickern. Ohne zu begreifen, was ihr da passiert war, dachte sie: Die Welt ist wirklich ein verdammt seltsamer Ort.
    »Gesche …!«
    Jemand eilte zu ihr. Half ihr auf die Beine, hielt sie umklammert, presste sich an sie. Gesche erkannte ihre Urenkelin, hielt sie mit beiden Armen auf Abstand und musterte Karla streng von oben bis unten, sah die knappen Shorts und das zerrissene Top. »Kind, für dieses Wetter hast du eindeutig zu wenig an!«
    Karla lachte und weinte gleichzeitig. »Gesche, du bist komplett irre!« Dann schloss sie ihre Urgroßmutter erleichtert in die Arme. »Und das ist so gut, so gut …«

    Tim kauerte in der offenen Garage und versuchte krampfhaft, das nervöse Zittern seiner Hände in den Griff zu bekommen. Das verhinderte allerdings schon die Anwesenheit der Polizisten und vor allem die grimmige Miene, mit der ihn der Chef der Truppe immer wieder musterte. Wenigstens für den Moment war El Commandante abgelenkt. Ein Feuerwehrmann in voller Montur erklärte gerade den Löscheinsatz im Dachgeschoss für beendet.
    »Im Haus gab es keine Opfer, da war niemand. Wir rücken ab. Ihre Männer können mit der Durchsuchung beginnen!«
    Während die Feuerwehrmannschaften ihre Fahrzeuge bestiegen, Dieselmotoren starteten und davonfuhren, drangen Polizisten in die Villa vor. Tim atmete durch, etwas erleichtert. Wenigstens waren Gesche, Karla und Fredo nicht da drinnen gewesen, als es knallte. Doch wo steckten sie? Tim und auch die Polizei hatten vergeblich versucht, seine Angehörigen zu erreichen. Gesche besaß kein Mobiltelefon, aber Fredo schon. Und Karla ging ohne ihr Handy normalerweise nicht mal zum Klo. Wo sind die alle, wenn man sie braucht, dachte Tim. Er fühlte sich sehr einsam, trotz der beiden Polizisten im offenen Garagentor, die ihn bewachten. Zum Glück goss es in Strömen, und man sah nicht viel. Trotzdem ahnte Tim, dass sich jenseits des rot-weißen Flatterbands, mit dem man das Grundstück weiträumig abgesperrt hatte, gerade halb Bornstedt in lüsterner Sensationsgier versammelte. Diese Vorstellung verstärkte sein Gefühl innerer Isolation allerdings nur.
    Dennoch wäre er lieber für sich geblieben, als sich weiter dem peinlichen Verhör des Einsatzleiters zu stellen. Der kam nun, unvermindert grimmig, aus dem Haus herüber zu Tim und hielt ihm ein wohlbekanntes Notizbuch aufgeschlagen unter die Nase. NEWSFLASH FAMILIE FRIED .
    »Komm rein, und es knallt!«, las der Polizist triumphierend den letzten Eintrag vor. »Du hast deine Tat sogar schriftlich angekündigt! Wen sprengst du da in die Luft? Deine Mutter? Bei euch Psychos ist es doch immer die Mutter, was?«
    »Leck mich«, murmelte Tim verzweifelt.
    »Du weißt sicher, was ich am liebsten täte …« Offensichtlich beherrschte sich der Einsatzleiter nur mit Mühe. »Vielleicht hast du deine Familie ja schon längst allesamt gekillt. Heimlich im Garten vergraben. Vielleicht meldet sich deswegen keiner am Telefon. Und von wegen, Eltern in China!«
    »Das ist die Wahrheit!«, schrie Tim.
    Sein Gegenüber grinste kalt, dann senkte er vertraulich die Stimme. »Unter uns, Junge: Du hast jetzt die letzte Chance, die Dinge ein bisschen zu deinen Gunsten zu gestalten. Zeig dich kooperativ. Hast du noch eine Bombe im Haus versteckt? Liegt irgendwo noch mehr Sprengstoff? Sag schon.«
    Tim schüttelte nur den Kopf und sagte lieber gar nichts, weil er spürte, dass er beim ersten Wort in Tränen ausbrechen würde. Der Einsatzleiter setzte nicht nach, denn jetzt kam ein Uniformierter aus dem Haus herüber in die Garage und berichtete aufgeregt, man habe ein verdächtiges Objekt gefunden. »Ein kleines Päckchen. Etwa doppelt so groß wie eine Zigarettenschachtel, mehrfach dick mit Klebeband umwickelt! Es liegt im Wintergarten, gut versteckt auf einem Mauersims.«
    Der Einsatzleiter wandte sich grimmig an den Jungen. »Du hast natürlich keine Ahnung, was es damit auf sich hat?«
    Tim schüttelte wieder den Kopf. El Commandante schnaufte verächtlich.
    »Grube im Garten ausheben, Mindesttiefe einen Meter! Verdächtiges Objekt unter größtmöglicher Vorsicht aus dem Haus schaffen und im Erdloch zwischenlagern!«, ordnete er zackig an. »Kampfmittelräumdienst ist unterwegs.«
    Der Uniformierte nickte knapp und eilte zurück ins Haus. Sein Vorgesetzter wandte sich an die beiden Posten am

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