Mohrenwäsche
Stimme und öffnete ihren Bisammantel, unter dem ein engsitzendes Kleid aus irgendeinem ungeheuer glänzenden Stoff zum Vorschein kam. »Bist du sicher, du brauchst keine…«
»Um Gottes willen«, sagte Verkramp und blickte sich entsetzt um. Ihm war nur allzu klar, daß seine Nachbarn äußerst wohlanständige Leute waren und daß Dr. von Blimenstein trotz all ihrer Bildung und ihres beruflichen Ansehens als Psychiaterin im günstigsten Fall nicht übermäßig bedacht darauf war, die gesellschaftlichen Gepflogenheiten zu beachen. Und jetzt, wo er ein Badetuch um die Taille und die Doktorin weiß der Teufel was um die Taille und oben und unten rum trug, lag der Fall gar nicht günstig. »Komm schnell rein«, keuchte er. Ein bißchen enttäuscht vom Empfang, den er ihr bereitete, zog Dr. von Blimenstein ihren Mantel enger um sich und betrat die Wohnung. Verkramp machte die Tür schnell zu und hastete an ihr vorbei in die Geborgenheit seines Badezimmers. »Ich habe dich noch gar nicht erwartet«, rief er leise. »Ich wollte zur Klinik kommen und dich abholen.«
»Ich konnte es nicht mehr erwarten, dich zu sehen«, schrie die Doktorin zurück, »und ich dachte, ich würde dir eine kleine Überraschung bereiten.«
»Die ist dir wirklich gelungen«, murmelte Verkramp, der verzweifelt nach einem Socken suchte, der sich irgendwo im Badezimmer versteckt hatte.
»Ich hab nicht ganz verstanden. Du mußt etwas lauter sprechen.«
Verkramp fand den Socken unter dem Waschbecken. »Ich sagte, du hast mich überrascht.« Als er sich aufrichtete, schlug er mit dem Kopf gegen das Waschbecken und fluchte.
»Du bist doch nicht böse auf mich, daß ich einfach so reingeschneit komme?« fragte die Ärztin. Im Badezimmer saß Verkramp auf dem Wannenrand und zog sich den Socken an. Er war naß.
»Nein. Natürlich nicht. Komm, wann du willst«, sagte er mürrisch.
»Meinst du das auch wirklich? Ich meine, ich möchte nicht, daß du von mir denkst, ich… naja… drängte mich auf«, fuhr die Ärztin fort, während Verkramp, der ihr immer noch versicherte, daß sie ihn so oft wie möglich besuchen solle, entdeckte, daß alle seine Sachen, die er sorgfältig auf den Klodeckel gelegt hatte, naß geworden waren, nur weil sie zu früh gekommen war. Als Luitenant Verkramp schließlich aus dem Bad kam, fühlte er sich ausgesprochen naß und klebrig und auf den Anblick, auf den sein Auge fiel, absolut nicht vorbereitet. Dr. von Blimenstein hatte ihren Bisammantel abgelegt und lag provozierend auf seinem Sofa ausgebreitet. Sie trug ein leuchtendrotes Kleid, das mit einer Schmiegsamkeit ihre Körperformen umschloß, die Verkramp erstaunte und ihn sich fragen ließ, wie sie wohl da je hineingekommen sei.
»Gefällt’s dir?« fragte die Doktorin und streckte sich aufreizend. Verkramp schluckte und sagte, das täte es, sehr sogar. »Das ist der neue Naß-Look aus Stretch-Nylon.« Verkramp ertappte sich dabei, wie er hypnotisiert auf ihre Brüste starrte, und sah sich der entsetzlichen Vorstellung gegenüber, dazu verdonnert zu sein, in der Öffentlichkeit einen Abend mit einer Frau zu verbringen, die etwas am Leibe trug, was sowas Ähnliches wie ein halbdurchsichtiges, knallrotes Trikot war. Sein Ruf, ein nüchternes und gottesfürchtiges Leben zu führen, war etwas, worauf er immer stolz gewesen war, und als frommes Mitglied der Holländischen Reformiertenkirche in der Verwoerd Street war er über die Aufmachung der Ärztin entsetzt. Als sie zum Piltdown Hotel hinauffuhren, war sein einziger Trost der Gedanke, daß der scheußliche Fummel so eng sei, daß sie darin bestimmt nicht tanzen könne. Luitenant Verkramp tanzte nicht. Das hielt er für Sünde.
Am Hotel öffnete der Portier den Wagenschlag, und Verkramps Gefühl gesellschaftlicher Unzulänglichkeit, das sich bereits durch die Feststellung, daß sein Volkswagen neben einem Cadillac parkte, enorm gesteigert hatte, nahm durch das Betragen des Mannes weiter zu.
»Die Brassière, bitte«, sagte Verkramp.
»Die was, Sir?« fragte der Portier, die Augen auf Dr. von Blimensteins Busen gerichtet.
»Die Brassière«, sagte Verkramp.
»Sowas haben wir hier nicht, Sir«, sagte der Portier. Dr. von Blimenstein eilte ihm zu Hilfe.
»Die Brasserie«, sagte sie.
»Ach, Sie meinen den Grillroom«, sagte der Portier, der noch immer kaum seinen Augen trauen wollte, und beschrieb ihnen den Weg zur Colour Bar. Mit Entzücken stellte Verkramp fest, daß es dort ziemlich dunkel war, so daß er in
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