Mohrenwäsche
Reize, die eine abwesende und nur geträumte Dr. von Blimenstein besaß, völlig verschwunden und hatten dem Bewußtsein Platz gemacht, daß sie eine massiv gebaute Frau mit enormen Brüsten und muskulösen Beinen war, deren sexuelle Bedürfnisse zu befriedigen er nicht die geringste Lust hatte. Und schließlich waren die Wände seiner Wohnung so gebaut, daß die Geräusche in der einen Wohnung in der anderen deutlich gehört werden konnten. Um seinen Ärger vollzumachen, war die Doktorin betrunken.
Im törichten Versuch, bei ihr das weibliche Gegenstück eines Whisky-Schlappschwanzes hervorzurufen, traktierte Verkramp sie mit Scotch aus einer Flasche, die er für besondere Gelegenheiten aufbewahrte, und er war nicht nur von der Fähigkeit der Doktorin geschockt, harte Schnäpse zu vertragen, sondern auch von der Tatsache, daß das verdammte Zeug offensichtlich als Aphrodisiakum wirkte. Er beschloß, den Prozeß umzudrehen, und ging in die Küche, um noch etwas schwarzen Kaffee zu bereiten. Er hatte eben den Herd angeschaltet, als ihn ein Wahnsinnsgetöse ins Wohnzimmer zurückeilen ließ. Dr. von Blimenstein hatte sein Tonbandgerät in Gang gesetzt.
»I want an oldfashioned house with an oldfashioned fence and an oldfashioned millionaire«, schrie Eartha Kitt.
Dr. von Blimenstein, die mitsang, war bescheidener in ihren Forderungen. »I want to be loved by you, just you and nobody else but you«, schmachtete sie mit einer Stimme, die um etliche Dezibel über der gesetzlichen Höchstgrenze lag.
»Um Himmels willen«, sagte Verkramp und versuchte, sich an ihr vorbei zum Tonbandgerät zu schieben, »du weckst ja alle Nachbarn auf.«
Das Quietschen von Sprungfedern in der Wohnung darüber ließ vermuten, daß Verkramps Nachbarn vom Verlangen der Doktorin Notiz nahmen, auch wenn er es nicht tat.
»I want to be loved by you alone, buu bupie duup«, sang Dr. von Blimenstein weiter und schloß Verkramp in ihre Arme. Im Hintergrund trug Miss Kitt zu seiner Verlegenheit bei, indem sie der Welt zum einen ihr Verlangen nach Ölquellen und zum anderen Verkramps Vorliebe für farbige Sängerinnen mitteilte.
»Wasso falsch an der Liebe, Baby?« fragte die Doktorin, wobei es ihr gelang, Albernheit und Sex auf eine Weise zu verbinden, die Verkramps besonders irritierend fand.
»Ja«, sagte er beschwichtigend und versuchte, sich ihrer Umarmung zu entwinden, »wenn du… «
»… wärst das einzige Girl auf der Welt und ich der einzige Boy«, plärrte die Ärztin.
»Um Gottes willen«, kreischte Verkramp, den diese Vorstellung entsetzte.
»Das seid ihr aber nicht«, kam eine Stimme aus der Wohnung darüber, »mich gibt’s auch noch.«
Von dieser Unterstützung angefeuert befreite sich Verkramp aus den Armen der Ärztin und fiel auf das Sofa.
»Gib mir, gib mir, wonach ich mich sehne«, sang die Doktorin und wechselte die Melodie.
»Ein bißchen Scheiß Schlaf«, schrie der Mann oben, den das sprunghafte Repertoire der Ärztin offenbar anödete.
In der Wohnung nebenan, in der ein Religionslehrer mit seiner Frau wohnte, hämmerte jemand an die Wand.
Verkramp rappelte sich vom Sofa hoch und warf sich auf das Tonbandgerät.
»Gestatte, daß ich diese Niggergöre abdrehe«, rief er. Miss Kitt war mittlerweile mit Diamanten beschäftigt.
»Laß doch die Niggergören. Mich hast du angedreht«, schrie Dr. von Blimenstein, packte Verkramp an den Beinen und brachte ihn krachend zu Boden. Auf ihm hockend preßte sie sich mit einer Gier an ihn, daß ihm der Gummiknopf ihres Strumpfgürtels in den Mund rutschte, während sie an seinen Hosenknöpfen herumfummelte. Mit einem Ekel, der seiner Unkenntnis der weiblichen Anatomie entsprach, spuckte Verkramp das Ding wieder aus, um sich lediglich einer noch abscheulicheren Aussicht gegenüber zu sehen. Während sein Horizont von Schenkeln, Strumpfgürteln und jenen Teilen der Doktorin auf obszöne Weise eingegrenzt wurde, die in seinen Phantasievorstellungen eine so große Rolle gespielt hatten, bei näherer Bekanntschaft ihren Reiz aber total einbüßten, rang Verkramp verzweifelt nach Luft.
An diesem kritischen Punkt der Lage geschah es, daß Kommandant van Heerden sich unwissentlich einzumischen beliebte. Durch Verkramps elektronische Gerätschaften ungeheuer verstärkt, gesellte sich des Kommandanten Falsettstimme mit ihrem besonderen Charme zu Miss Kitts Alt und Dr. von Blimensteins eindringlichen Aufforderungen an Verkramp, endlich mal stillzuliegen.
»Simon«, quäkte der
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