Mohrenwäsche
Kommandant, der keine Ahnung von der Wirkung hatte, die er eine halbe Meile entfernt erzielte, »vergangene Nacht begruben wir hier lebend unsere Liebe, unsere herrliche, selige Leidenschaft trugen wir lebendig zu Grabe.«
»Was ist das?« fragte Dr. von Blimenstein, die in ihrer besoffenen Rage bisher alle flehentlichen Bitten Verkramps überhört hatte.
»Laß mich los«, kreischte Verkramp, dem des Kommandanten Mitteilung, daß er etwas lebendig begrübe, besonders wichtig erschien.
»Da drin wird jemand umgebracht«, quietschte die Frau des Religionslehrers nebenan.
»Ich muß verrückt gewesen sein. Ich dachte wohl, ich müsse sterben«, fuhr der Kommandant fort.
»Was ist das denn?« schrie Dr. von Blimenstein wieder, die in ihrer Betrunkenheit versuchte, zwischen Verkramps wilden Schreien und dem leidenschaftlichen Geständnis des Kommandanten zu unterscheiden, eine Dechiffrieraufgabe, die durch Eartha Kitt, die sich soeben als Türkin ausgab, nicht leichter gemacht wurde.
Im Flur drohte der Mann von oben, die Tür aufzubrechen.
Im Zentrum dieses Mahlstroms aus Lärm und Bewegung starrte Luitenant Verkramp leichenblaß in die leuchtendroten Rüschen von Dr. von Blimensteins raffinierten Höschen, dann nahm er, von der hysterischen Furcht überwältigt, daß er jeden Moment kastriert werden könne, den Happen zwischen die Zähne.
Mit einem Schrei, der eine halbe Meile entfernt vernommen werden konnte und die Wirkung hatte, daß der Kommandant aufhörte, laut zu lesen, schoß Dr. von Blimenstein vorwärts durchs Zimmer und zog den halb wahnsinnigen Verkramp, der sich hoffnungslos in ihrem Strumpfgürtel verheddert hatte, hinter sich her.
Für Luitenant Verkramp waren die nächsten paar Minuten ein Vorgeschmack auf die Hölle. Hinter ihm warf sich der Mann von oben, der mittlerweile zweifelsfrei davon überzeugt war, Zeuge irgendeines entsetzlichen Verbrechens zu sein, gegen die Tür. Vor ihm warf sich Dr. von Blimenstein, die ihrerseits davon überzeugt war, daß sie schließlich ihrem Liebhaber doch noch sexuellen Appetit gemacht hatte, jedoch fürchtete, der könne sich auf eher orthodoxe Weise äußern, auf den Rücken. Als die Tür mit einem Krachen aufsprang, äugte Verkramp durch die zerrissenen leuchtendroten Rüschen mit all dem Weltschmerz eines geköpften Rhodeländer Gockels. Der Mann von oben stand angesichts des Schauspiels sprachlos in der Tür.
»Jetzt, Liebling, jetzt«, kreischte Dr. von Blimenstein und wand sich ekstatisch. Verkramp kam wütend auf die Beine.
»Wie können Sie es wagen, hier einzubrechen?«, schrie er und versuchte seine Verlegenheit in berechtigte Wut umzuwandeln. Vom Fußboden aus mischte sich Dr. von Blimenstein viel wirkungsvoller ein.
»Coitus interruptus«, brüllte sie, »coitus interruptus!« Verkramp griff den Ausdruck dankbar auf, der ihm irgendwie medizinisch vorkam.
»Sie ist Epileptikerin«, erklärte er, als die Doktorin immer weiter zuckte, »sie ist aus Fort Rapier«.
»Himmel«, sagte der Mann, der nun seinerseits furchtbar verlegen war. Die Frau des Religionslehrers drängte sich ins Zimmer.
»Ja doch, ja doch«, sagte sie zu der Ärztin, »ist ja alles gut. Wir sind ja hier«.
In dem Durcheinander schlich Verkramp davon und schloß sich in seinem Badezimmer ein. Dort saß er, weiß vor Demütigung und Ekel, bis der Krankenwagen kam, um die Ärztin in die Klinik zurückzubringen. Im Wohnzimmer schrie Dr. von Blimenstein immer noch betrunken irgendwas über erogene Zonen und die Gefühlsrisiken eines unterbrochenen Koitus.
Als alle weg waren, tauchte Verkramp wieder aus dem Badezimmer auf und besah sich angeekelt das Chaos in seinem Wohnzimmer. Der einzige Trost, den er dem Horror des ganzen Abends abgewinnen konnte, war die Erkenntnis, daß sich sein Verdacht gegen den Kommandanten bestätigt hatte. Verkramp versuchte sich zu erinnern, was diese grauenhafte Falsettstimme gesagt hatte. Es hatte sich um das lebendige Begraben von irgend jemandem gedreht. Irgendwie erschien ihm das höchst unwahrscheinlich, aber der ganze Abend war geeignet gewesen, in Luitenant Verkramp den Verdacht zu erregen, daß gerade die angesehensten Leute zu den bizarresten Dingen in der Lage waren. Einer Sache war er sich absolut sicher – nie wieder wollte er Frau Dr. von Blimenstein zu Gesicht bekommen.
Kommandant van Heerden, der, von neuem vom Entschluß durchdrungen, sich wie ein Gentleman zu benehmen, am nächsten Morgen in seinem Büro aufkreuzte, war genau der
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