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Mohrenwäsche

Mohrenwäsche

Titel: Mohrenwäsche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Sharpe
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war. Als er noch am Leben war, hatte Els im Dienst mehr Schwarze erschossen als jeder andere Polizeibeamte Südafrikas und sich unablässig gegen die Sittlichkeitsgesetze vergangen. Der Kommandant sah auf seine Notizen und redete tapfer weiter drauf los.
    »Ein treuer Kamerad, ein hervorragender Mitbürger, ein frommer Christ…« Dem Bürgermeister, der auf die Gesichter der Polizisten vor sich hinuntersah, war klar, daß Wachtmeister Els’ Tod fraglos ein großer Verlust für die Piemburger Polizei gewesen war. Absolut keines der Gesichter, die er sah, ließ diese bewunderungswürdigen Eigenschaften vermuten, die in Wachtmeister Els offenbar so deutlich zu Tage getreten waren. Er kam gerade zu dem Schluß, daß der durchschnittliche Intelligenzquotient sich in der Gegend von 65 bewegen müsse, als der Kommandant seine Rede beendete und verkündete, daß den Els-Gedächtnis-Preis Wachtmeister van Rooyen gewonnen habe. Der Bürgermeister erhob sich und nahm Luitenant Verkramp die Leine des ausgestopften Dobermanns aus der Hand.
    »Herzlichen Glückwunsch zu diesem Preis«, sagte er, als der Preisträger auf die Tribüne kam. »Und was haben Sie getan, daß Sie so hoch geehrt werden?«
    Wachtmeister van Rooyen wurde rot und murmelte irgendwas wie »… einen Kaffer abgeknallt.«
    »Er hinderte einen Häftling an der Flucht«, erklärte der Kommandant eilig.
    »Sehr lobenswert, wirklich«, sagte der Bürgermeister und reichte dem Wachtmeister die Hundeleine. Zu den Hochrufen seiner Kollegen und dem Applaus des Publikums schwankte der Gewinner des Els-Gedächtnis-Preises die Treppe hinunter, den ausgestopften Dobermann im Arm, und die Kapelle setzte wieder ein.
    »Großartige Idee, so einen Preis zu verleihen«, sagte der Bürgermeister, als sie hinterher im Erfrischungszelt Tee schlürften, »allerdings muß ich sagen, auf einen ausgestopften Hund wäre ich nie gekommen. Sehr originell.«
    »Er wurde vom verstorbenen Wachtmeister Els persönlich getötet«, sagte der Kommandant.
    »Er muß ein bemerkenswerter Mann gewesen sein.«
    »Mit bloßen Händen«, sagte der Kommandant.
    »Großer Gott«, sagte der Bürgermeister.
    Bald darauf verabschiedete sich der Kommandant vom Bürgermeister, der mit Hochwürden Schlachbals darüber diskutierte, ob es ratsam sei, zu Besuch weilenden japanischen Geschäftsleuten die Benutzung von Freibädern zu gestatten, die nur Weißen zugänglich waren. Am Zelteingang unterhielt sich Luitenant Verkramp angeregt mit einer gewaltigen Blondine, deren türkisfarbenes Kleid ihr erstaunlich gut saß. Unter dem breitkrempigen rosa Federhut erkannte der Kommandant das Gesicht von Dr. von Blimenstein, der hervorragenden Nervenärztin des Irrenhauses Fort Rapier.
    »Kriegt er ‘ne Gratis-Behandlung?« fragte scherzhaft der Kommandant, als er sich an ihnen vorbeischob.
    »Frau Dr. von Blimenstein erzählt mir gerade, wie sie mit manischdepressiven Fällen verfährt«, sagte der Luitenant.
    Dr. von Blimenstein lächelte. »Luitenant Verkramp scheint die Elektroschock-Therapie außerordentlich zu interessieren.«
    »Ich weiß«, sagte der Kommandant und spazierte hinaus ins Freie, während er lustlos darüber nachsann, ob die blonde Nervenärztin auf Verkramp großen Eindruck gemacht haben könnte. Irgendwie erschien ihm das unwahrscheinlich, aber bei Luitenant Verkramp wußte man nie. Kommandant van Heerden hatte schon lange den Versuch aufgegeben, seinen Stellvertreter zu begreifen.
    Er fand ein Plätzchen im Schatten und blickte über die Stadt hin. Sie sei es, wohin sein Herz gehöre, dachte er, während er gedankenverloren über die lange Narbe auf seiner Brust strich. Seit dem Tage seiner Herztransplantation fühlte sich Kommandant van Heerden in mehr als einer Hinsicht als neuer Mensch. Sein Appetit hatte zugenommen, er war selten müde, und vor allem trug der irrige Glaube, daß zumindest ein Teil seiner Anatomie seine Abstammung von der normannischen Eroberung herleiten könne, dazu bei, die fehlende Wertschätzung, die er für den Rest seines Ich empfand, zu lindern. Nachdem er sich das Herz eines englischen Gentleman zugelegt hatte, war alles, was ihm nun noch zu tun blieb, sich jene äußeren Besonderheiten des Englischseins anzueignen, die ihm so anbetungswürdig erschienen. Aus diesem Grund hatte er sich einen Harris Tweed-Anzug, eine Norfolk-Jacke und ein Paar braune Lochmusterschuhe gekauft. Am Wochenende konnte man ihn in seiner Norfolk-Jacke und den Lochmusterschuhen in den

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