Moloch
eine alte Zigarettenbildersammlung durch, die sie in einem der Gepäckfächer gefunden hatten. »Sieh dir das mal an!« Mo zeigte das Bild seinem neuen Freund. »Fifty Famous Chickens.«
»Hören Sie mal«, sagte Jerry, schaltete den Autopiloten ein und nahm eine Tasse Russischen Tees von Mitzi Beesley an, die die Bar gefunden und sich in die altmodische Einrichtung verliebt hatte. Sie hatte bereits viel zu viele Cocktails gemixt, und ihr gingen allmählich die frischen Gläser aus.
Jerry trank einen Schluck Tee. »Wie kommt es, dass wir früher so gelebt haben und heute so anders leben?«
»Das hat damit zu tun, nach welchen Kriterien wir tauschen.« Una stand auf und strich ihren Rock glatt. »Aber Sie kennen mich ja. Die Volkswirtschaft war schon immer meine Achillesferse.« Sie schaute nach den Drinks, die leise klirrend auf der Theke der Bar standen. »Was ist dieser rosa Cocktail, Mitzi?«
»Es soll ein Shirley Temple sein, aber ich habe vergessen, den Gin hinzuzufügen. Er ist ein wenig süß. Mehr wie ein altmodischer Trojan Horse.«
Una legte die Finger um das Glas. Sie trank, verzog das Gesicht, ging zum Fenster und blickte hinaus. »Oh, wie ist das schön. Das türkisfarbene Wasser. Wo sind wir?«
»Nun, es war Bengalen.« Major Nye kam aus der Toilette. Sein Haar war frisch gekämmt, und er hatte seinen Schnurrbart gebürstet. »Davon ist jetzt nur noch sehr wenig übrig, diese armen Teufel. Ich war dort als junger Mann stationiert. Ziemlich imposante Architektur. Kein reiches Land. Aber die Tiger waren grandios.«
Er ging sich seinen Singapore Sling holen.
»Was geschieht als Nächstes?«, fragte Mitzi aufgekratzt. »Entwickeln alle Tiger sich zu Fischen?« Ihr Verständnis für evolutionäre Zeiträume entsprang ausschließlich halbstündigen Fernsehdokumentationen. »Ich erwarte, dass die Leute ein paar wunderschöne Fischfarmen anlegen. Man weiß, dass sie aus ein paar Setzlingen und etwas Erde die tollsten Dinge zusammenzaubern können. Und dabei sind sie so durchgeistigt.«
Als Mitzi sich in die Toilette geschlängelt hatte, zog Mrs. Persson die Jalousien herab und versuchte, den weiteren Weg zu suchen. Alles, was sie erkennen konnte, war ein Gewirr von Autobahnen, von einer erstaunlich bösartigen Macht zu unbenutzbaren Formen verdreht. Sollte sie am Ende dem Satan gegenübertreten?
Sie trat sich selbst in den Hintern, weil sie sich von Jerry zu dieser Sache hatte überreden lassen. Sie war erneut seinem Charme verfallen. Nun, jetzt war es zu spät, um irgendetwas zu bedauern. Außerdem hatte sie doch im Großen und Ganzen ihren Spaß. Genauso wie einige Menschen prädestiniert waren für ungestörten ländlichen Frieden oder ständige Liebesaffären, waren andere prädestiniert für Krisen. Sie brauchten ständige Adrenalinschübe, sonst fühlten sie sich nicht wohl. Sie erinnerte sich allmählich wieder daran, wer sie war. Sie erinnerte sich an die feinen Geschmacksnuancen unterschiedlicher Lebern.
»Lecker«, sagte sie.
Jerry setzte seine Kopfhörer auf. Sein Schädel reflektierte die leisen Noten von Mose Allisons »Everybody’s Cryin’ Mercy«. Das Flugzeug schwebte elegant über das Wasser und scheuchte Reiher und andere Wasservögel auf. Er streckte die Hand nach der Reihe Schalter aus und begann sie in schneller, geheimnisvoller Folge hin und her zu kippen. Dann drehte er die Lautstärke seiner Kopfhörer so hoch, dass er nur noch Musik hören konnte.
Sobald sie zurückkam, setzte Major Nye sich zu Mitzi an die kleine Bar. »Das Gleiche noch mal, meine Liebe, wenn Sie so nett sein wollen.« Er warf einen Blick auf die Uhr. » Tempus fugit, nicht wahr? Mit ein wenig Glück müssten wir bald da sein.«
SIEBZEHN
Last Train To San Fernando
Schlussabrechnung
Der ehemalige Vizepräsident Al Gore sagte heute, im Zuge des Krieges gegen den Terrorismus sollte man mit dem Regime des irakischen Präsidenten Saddam Hussein endgültig abrechnen.
Washington Post , 12. Februar 2002
Big Government
»Dies wird ein Zermürbungskrieg«, sagte Mr. Davis während einer Begegnung mit einem seiner Neulinge über die Strategie der Republikaner in ihrem landesweiten Kampf gegen die Demokraten, »und wir verfügen über mehr Panzer, mehr Hubschrauber und mehr Soldaten als sie.«
Rep. Thos. M. Davis III,
Vorsitzender des Republikanischen Wahlkampfkomitees
für die Kongresswahlen,
New York Times , 3. März 2002
Custers letztes
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