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Moloch

Titel: Moloch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: China Miéville , Michael Moorcock , Paul di Filippo , Geoff Ryman
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Es war daher eine große Enttäuschung, feststellen zu müssen, dass sich Mr. Attlee zu fadenscheinigen Ausflüchten hinreißen ließ bei der Antwort auf Mr. Crossmans Frage, ob wir noch immer in einem militärischen Bündnis mit den USA stehen.
    Leader Magazine , 7. Dezember 1946
     
     
    Mo Collier war richtig trübsinnig. Er hatte Tage gebraucht, um London zu erreichen, und als er dort eintraf, existierte ein großer Teil der South Bank nicht mehr. Man hatte ihm eine Beteiligung an den Abrissarbeiten verbindlich zugesagt, und er hatte sich schon Gedanken darüber gemacht, wie er die Queen Elizabeth Hall mit vier entsprechend genau platzierten Sprengladungen in Schutt und Asche legen würde. Nach seinem Dafürhalten wurde nicht nach Regeln gespielt, die für alle galten. »Bannings sind einfach nicht fair«, beklagte er sich. »Sonst hätte es überhaupt keinen Sinn gemacht, ihren Einsatz zu verbieten.« Nach der Stadt in Kalifornien benannt, wo sie erfunden worden waren, hatten die Bannings die Gebäude zu Staub zerfallen lassen. Es war noch nicht einmal so viel wie ein auf Minigröße geschrumpftes Londoner Riesenrad übrig geblieben.
    »Man hat mir erklärt, in diesem Sektor richte sich alles nach einem Fünfundsiebzig-Jahre-Zyklus. Ich war sicher, noch mindestens fünf Jahre Zeit zu haben, mich darauf einzustellen. Es ist schwierig, damit fertig zu werden, Mr. C, da will ich ganz offen sein. Bei diesem Tempo werden Sie zunehmend Unterstützung für das Konzept geradlinig verstreichender Zeit finden, und das dürfte Ihre Pläne erheblich durcheinander bringen, nicht wahr?«
    »Ich habe keine Pläne«, sagte Jerry. »Zumindest jetzt nicht.«
    Mo fuchtelte mit seiner leeren MK2000 herum. »Ak – ak – ak – frum – frum – frum …«
    »O Gott, können Sie nicht wenigstens einen letzten Rest von Respekt bewahren?« Jillian Burnes, die transsexuelle Romancieuse, ordnete ihre Dusty-Springfield-Perücke mit affektierter Würde. Sie bedauerte, Mos Einladung angenommen zu haben. Das war ja noch schlimmer, als sich vorübergehend unters primitive Volk zu mischen. Sie blickte über die wenigen noch erhaltenen Ruinen hinweg, ohne sie bewusst zu sehen. »Natürlich gibt es nichts, womit dies hier zu bewältigen wäre. Noch nicht. Nicht in der Literatur. Ich bin mir noch nicht im Klaren darüber, was das für mich bedeutet. Wissen Sie, ich habe es noch nicht aufgenommen, noch nicht verarbeitet. Vielleicht könnte ich einen meiner fiktiven Charaktere damit konfrontieren und dessen Reaktion abwarten… Es ist eine schwierige Kunst, nicht wahr?«
    »Nicht wenn man das richtige Rüstzeug dafür hat, Jill, Schätzchen.« Mo zwinkerte und betrachtete bewundernd ihre Perlenkette. »Sind die echt?«
    »Natürlich«, sagte sie. »Dieses Kostüm ist original Salammbo, Mr. Collier, nicht irgendein billiger orientalischer Fummel. Ich wehre mich entschieden gegen Ihre versteckte Kritik.«
    Jerry musste zugeben, dass sie wundervoll gekleidet war, wie sie so dastand in Samt und Seide. Sie sah aus, als wäre sie direkt aus einem Melvyn-Bragg-Film von der Leinwand herabgestiegen. »Ist das ein Papagei in Ihrem Busen, oder freuen Sie sich nur, mich zu sehen?«
    Automatisch blickte Jill nach unten. Sie war, was diese Dinge betraf, ziemlich gehemmt.
    »Ich finde einfach, sie hätten es nicht tun sollen.« Mitzi Beesley war den Tränen nahe. »Ich habe diesen Ort geliebt. Ich bin damit aufgewachsen. Ich hatte ein Abonnement im National Film Theatre, als ich Studentin war.«
    »Aber Sie müssen zugeben, es war Mist«, sagte Jillian. »Es war ganz und gar totaler Mist, stimmt’s? Die Architektur war das Letzte, oder? Vom Bauhaus geklaute Ideen. Oder irre ich mich?« Sie hatte Mos anderen Kurzfilm gesehen und gab sich alle Mühe, die Kundige zu mimen. »Ist das live?«
    »Ich werde es nicht sinnlos vergeuden, wenn Sie das meinen.« Mo scharrte mit einem Fuß im Vibrationsstaub. »Der Beton war importiert. Anderenfalls hätte es mir um einiges mehr ausgemacht. Sie wünschen sich doch nur ein wenig mehr Respekt vor Ihren Vorfahren, richtig? Oder irre ich mich?«
    »Ich glaube nicht«, sagte Jillian. Sie hasste ihren Hang zu kleinen Männern. »Was für ein Song war das, den Sie gesungen haben?«
    »Ein ganz alter.« Er wusste, was im Gange war, und fing an, sie mit Tanzschritten zu umkreisen. »Er ist einige hundert Jahre alt. I’ve got gangrene, jolly, jolly gangrene. I’ve got gangrene to take away my life. I’ve got gangrene that’s

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