Moloch
die Hand zu schütteln. »Großartig, Teague. Fünfzigtausend ist gut. Sehen wir uns heute Abend im Club? Fantastisch!«
Der Mann wandte sich ab und entdeckte Diego, woraufhin er mit erkennbarem Vergnügen zu ihm eilte. Drumgoole – ein schlanker, kultivierter Zeitgenosse, makellos gekleidet und braun gebrannt, da er viele Stunden an diversen Pools auf den Hausdächern der Stadt und beim Rudern auf dem Fluss verbrachte – strahlte blonde Vitalität und Selbstbewusstsein aus.
»Diego! Welch eine Freude! Es ist ja eine Ewigkeit her seit unserer kleinen Ausschweifung im letzten Winter. Viel zu lang. Ich habe von deinem kommenden ersten Buch gehört. Ein respektables kleines Debüt. Wohin musst du, wenn du hier fertig bist?«
»Downtown.«
»Hervorragend. Ich werde mir einstweilen draußen ein wenig die Beine in den Bauch stehen, dann können wir zusammen ein paar Blocks weit spazieren.«
Mit diesen Worten ging Drumgoole schwungvoll aus dem Büro, während sich Diego und Compounce Pinney näherten.
Bei näherer Betrachtung wirkte der alte Verleger weniger wie ein lebendes Wesen, sondern mehr wie der schachspielende Automat eines Ingeniators, der keine Miene verzog. Lediglich ein paar Krümel an den Mundwinkeln sowie ein Schweißrand am hohen Hemdkragen straften diesen Eindruck Lügen.
»Mr. Patchen, wie geht es Ihnen? Mein Mitarbeiter Mr. Compounce hat sich sehr dafür eingesetzt, dass wir Sie zwischen zwei Buchdeckel packen.«
Diego nahm und schüttelte die hingehaltene Hand, die so steif und trocken war wie ein Lotteriebrett. Von Pinneys Formulierung einen Moment lang verwirrt, kam ihm keine passende Antwort in den Sinn. »Ähm, danke, Sir. Mein Buch… ähm, mein Buch, ja. Nun, ich bin sehr dankbar dafür, dass Pinney Publishing so nachdrücklich zur Kosmogonischen Fiktion steht.«
»Ja, ja, sicher. Wir haben ein breites Spektrum an Publikationen – qualitativ anspruchsvolle Werke für die Elite, und verschiedene Arten von Unterhaltungsliteratur für die Massen. Dieses Zeugs über andere Welten verkauft sich offenbar gut, also sehen wir die Verpflichtung, es zu veröffentlichen. Wir können ja nicht alle Gewinne der Konkurrenz überlassen, nicht wahr? Es wäre nicht gut, wenn ein zweitklassiger Verlag wie Chugai & Munson uns den Rang abläuft. Nein, nein, Ihr Buch wird ganz sicher eine Lücke in unserem Programm schließen.«
Compounce überreichte ihm die Inhaltsübersicht. »Das ist unsere vorläufige Zusammenstellung, Sir.«
Mühselig holte Pinney eine randlose Lesebrille mit verschmierten Gläsern aus der Brusttasche und klappte sie auseinander, setzte sie auf und widmete sich ganze zehn Sekunden der Liste. »Allesamt sehr gute Vertreter ihrer Art, da bin ich ganz sicher, Compounce. Sie wissen, dass ich auf diesem abstrusen Gebiet Ihrem Urteil voll und ganz vertraue.«
Diego fühlte sich veranlasst, aufgeweckt – oder zumindest minimal betroffen – zu erscheinen, was die geschäftliche Seite anging. »Mr. Pinney, Sir, darf ich nach den Vertragsbedingungen fragen?«
»Oh, ich glaube, der Standardvertrag wird für ein solches Projekt genügen. Tausend Bullen im Voraus, zehn Prozent Tantieme. Ich bin sicher, unsere Buchhaltung wird Ihnen das alles genauer erklären können.«
Diego sah zu Compounce, da er den mageren Vorschuss verhandeln wollte, doch anstatt von dem Redakteur Rückhalt zu bekommen, gab der ihm unauffällig zu verstehen, dass er das Angebot annehmen sollte.
»Und wann wird mein Buch erscheinen?«
»Was haben wir jetzt? August? Na ja, wenn es gesetzt ist und wir ein akzeptables Titelbild gefunden haben, werden wir es drucken, sobald die Maschinen gerade Leerlauf haben. Es wird nicht allzu lange dauern, um etwa fünftausend Exemplare zu drucken, also die Höchstgrenze, die für alle unsere ›Andere Welten‹-Titel gilt. Damit könnte Ihr Buch frühestens im Dezember, spätestens im Frühjahr erscheinen.«
Gegensätzliche Gefühle machten Diego in dem Moment zu schaffen. Da war der Stolz angesichts des Gedankens, in ein paar Monaten tatsächlich sein erstes Buch in den Händen halten zu können, doch er empfand auch Wut darüber, mit welcher Geringschätzung sein geistiges Kind behandelt wurde. Er wollte noch so viele andere Dinge rund um dieses Projekt wissen – die Werbestrategie, Rezensionen, Zusatzklauseln –, doch er spürte, dass Pinneys Geduld allmählich erschöpft war. Schließlich erwiderte Diego nur: »Es ist mir eine Ehre, dass mein Buch Teil des Pinney-Katalogs wird,
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