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Moloch

Titel: Moloch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: China Miéville , Michael Moorcock , Paul di Filippo , Geoff Ryman
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Sir.«
    »Natürlich ist es das, junger Mann. Und Sie machen es wie der Schuster und bleiben schön bei Ihren Leisten, dann werden Sie sich schon eine hübsche kleine Nische unter Ihresgleichen schaffen.«
    Im vordersten von Pinneys Vorzimmern fanden sie Drumgoole, der wie versprochen gewartet hatte. Er unterhielt sich mit einer hübschen rothaarigen Sekretärin und sagte irgendetwas, das sie erröten ließ. Compounce gab Diego die Hand, lobte nochmals dessen Tugenden und Zukunftsaussichten, bat ihn um eine neue Geschichte für die Oktoberausgabe von Mirror Worlds und verabschiedete sich dann von ihm.
    Im August kochte der Broadway. Kinder spielten in ihrer Unterwäsche vor einem geöffneten Wasserhydranten. Händler verharrten reglos im Schatten der Sonnenschirme ihrer Wagen. Kronkorken, Streichhölzer, Fäden, kleine Stücke Zeitungspapier gerieten in den unerbittlichen Griff des in der Wärme weich werdenden Asphalts. Diego zog seine Krawatte aus, während Drumgoole nicht einmal den Knoten ein wenig lockerte und trotz der Hitze doch unerschütterlich gelassen blieb.
    »Und? Wie ist es beim alten Teague gelaufen? Hast du seine Füße lange genug ins offene Feuer gehalten, damit er auf deine Bedingungen eingeht?«
    »Kann man so nicht sagen. Ich habe einfach sein Angebot angenommen.«
    »Kopf hoch, Dee! Kein Grund zum Ärgern. Ich weiß noch, wie es bei meinem ersten Buch war. Ich glaube, das war Kronen für die Liebenden. Gerade mal zehntausend Vorschuss, und ich hatte nicht mal an höhere Tantiemen für die zweite Auflage gedacht. Was war ich doch für ein Feigling! Aber du wirst das auch noch schnell rauskriegen.«
    »Yale!«, platzte es förmlich aus Diego heraus. »Wie kannst du dich bloß auf Alltagsfiktionen beschränken? Du bist doch ein kluger Kopf! Interessierst du dich denn gar nicht für die bedeutenderen Themen?«
    Drumgoole machte eine Geste, um die gesamte Umgebung einzuschließen. »Was könnte wohl interessanter sein als diese vielfältige gesellschaftliche Landschaft, die da vor uns liegt? Eine unendliche Halskette aus zerbrochenen Träumen und ehrgeizigen Ambitionen. Ich ergründe die Tiefen des menschlichen Herzens, Diego. Darüber wollen die Leute lesen. Über ihre täglichen Sorgen. Beruf, Freundschaft, Heirat, Tod. Sei doch mal ehrlich: Die Mehrheit der Leute will nichts von deinen absurden Hirngespinsten wissen. Zeig ihnen das, was sich vor ihrer Nase befindet, aber zeig es in einem neuen Licht, überhöht und verstärkt. Das ist der Schlüssel zum Erfolg.«
    »Aber sieh dich doch um! Unsere Welt ist ein einziges riesiges Rätsel! Wie ist sie entstanden, wie sind wir hergekommen, was findet sich im restlichen Universum? Wie kann irgendetwas anderes wirklich wichtiger als diese kosmischen Mysterien sein?«
    »Solche Fragen sind guter Stoff für Philosophiestudenten im ersten Jahr, Diego. Aber nach einer Weile wird man reifer, und man beginnt, sich um die lebenswichtigen Dinge zu kümmern, die einen wirklich berühren. Das ist der Punkt, den du noch nicht eingesehen hast. Du und deine Kosmo-Chaoten, ihr seid in einem jugendlichen Trott hängen geblieben. Aber ich schätze, für jemanden mit deinem Temperament und deinen eigentümlichen Fähigkeiten ist das auch das Beste. Du wärst auf verlorenem Posten, wenn du dich an Alltagsfiktion versuchen würdest.«
    Nach der schroffen Behandlung durch Pinney ließen diese Beleidigungen Diego die Faust ballen und an das blaue Auge denken, das sich Drumgoole bei ihrer letzten Begegnung eingehandelt hatte. Mit Mühe gelang es ihm, die Faust wieder zu öffnen und sich beiläufig von dem Mann zu verabschieden.
    »Ich steige hier in die U-Bahn ein, Yale. Wir sehen uns irgendwann.«
    »Aber gewiss doch. Grüß doch bitte deine stürmische und muskulöse Freundin von mir. Wie geht es eigentlich Kush?«
    »Ihm geht es gut. Es geht allen gut. Leb wohl.«
    Diego verließ die U-Bahn an der Haltestelle, die dicht bei Snarky Chuffs Zeitungsstand gelegen war. Ein Impuls, der keine Ruhe geben wollte, ließ ihn an dem Stand anhalten. Hinter der Theke stand Chuff in einem schmutzigen, ärmellosen T-Shirt, das den Blick auf einen eingefallenen Brustkasten freigab, und Segeltuch-Shorts, die seine dürren Beine zeigten.
    »Snarky, erzähl mir etwas über den Typ Kunden, der Mirror Worlds kauft.«
    »Oh, das sind die von der schrägen und wunderbaren Art. Keiner gleicht dem anderen, und jeder ist fantasievoller als der andere. Viele von ihnen müssen erst mal ihre letzten

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