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Moloch

Titel: Moloch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: China Miéville , Michael Moorcock , Paul di Filippo , Geoff Ryman
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mitschleppen. Er fühlte sich in seinem geliehenen Smoking nicht sehr wohl, und er war auch nicht der Ansicht, Teller und Glas gleichzeitig balancieren zu können, also begnügte er sich mit einem Becher Fruchtpunsch, obwohl er mindestens so hungrig war wie Volusia. Während sie Fleisch und Brötchen auf ihrem Teller zu einem Berg auftürmte, bezog er neben einem Tablett mit Kanapees Stellung und aß immer dann rasch eines, wenn er das Gefühl hatte, dass niemand ihn beobachtete. Für die besonderen Gäste auf der erhöhten Bühne war es einfacher, das Mahl zu sich zu nehmen, das ihnen von einem nicht enden wollenden Strom an Kellnern serviert wurde.
    Volusia kam zu ihm zurück und biss von einem Sandwich ab, das aus drei Lagen Fleisch und ebenso vielen Scheiben Brot bestand.
    »Vol, ich kenne hier keine Menschenseele! Du musst mir wenigstens ein paar der wichtigen Leute zeigen.«
    Volusia schluckte deutlich hörbar, dann gestikulierte sie mit ihrem halb aufgegessenen Sandwich. »Das dort ist Tolkan Sinsalida, Copperknobs Meisteringeniator. Der beleibte Fatzke ein Stück links von ihm – das ist Muzzio Kloves, der Lotteriebrett-König. Der Typ mit der Kamera ist natürlich Mason Gingerpane, und sein Boss, der Verleger von Scimitar, ist der glupschäugige Kerl im weißen Anzug, Ludic Rukenheim. Wen soll ich dir sonst noch zeigen?«
    »Das reicht für den Augenblick. Woher kennst du nur all diese Leute?«
    »Das habe ich dir doch gesagt. Seit ich sein bestes Stück gerettet habe, bin ich Copperknobs neuer Liebling, seine so genannte ›Verbindung zum durchschnittlichen Wähler‹. Er nimmt mich zu allen offiziellen Anlässen mit, daher kenne ich alle diese Kleiderständer.«
    Diego schüttelte ungläubig den Kopf. Es war immer wieder erstaunlich, dass Volusia absolut alles mit einem fröhlichen Lächeln akzeptieren konnte, was das Leben ihr vor die Füße warf.
    Am anderen Ende des Raums glaubte Diego, ein vertrautes Gesicht auszumachen: die harsche und weltmüde schwarze Miene von Rumbold Prague. Der Anblick des Musikers hob Diegos Stimmung spürbar.
    »Vol, ich habe gerade Rumbold entdeckt. Ich muss mich mit ihm über etwas unterhalten, was mir zu denken gibt.«
    »Viel Spaß. Ich glaube, ich stolziere nach drüben und necke ein wenig Copperknobs Stellvertreter, Cagney Passwater. Er ist ein bisschen in mich verliebt, weißt du?«
    Aber Diego war bereits fort.
    Diego bahnte sich seinen Weg zwischen den in ihre Gespräche vertieften Gästen hindurch so elegant, wie es nur möglich war, und verlor dabei Prague aus den Augen. Er blieb stehen, um erneut nach seiner Beute Ausschau zu halten, als er merkte, dass er ausgerechnet neben seinem Verleger stand.
    Der gebrechlich wirkende, aber die Gruppe dominierende Teague Pinney stand halb auf den Arm einer bezaubernden Brünetten gestützt da, offenbar seine Begleiterin für den Abend, vielleicht aber auch seine Frau. In ein Gespräch über Kunst und Politik vertieft, bemerkte Pinney ihn zunächst gar nicht. Diego war dankbar dafür und versuchte, sich davonzustehlen, wurde aber von keinem anderen als Yale Drumgoole gerufen, womit er gezwungen war, sich der Gruppe anzuschließen.
    Pinney war sogar so großzügig, ihn zu erkennen. »Ach, Mr. Patchen, was für eine angenehme Überraschung, Sie auf dieser Soiree wiederzusehen. Meine Damen und Herren, dies ist einer unserer Autoren, Diego Patchen. Er ist auf konterfaktische Geschichten spezialisiert.«
    »Dieses ›Andere Welten‹-Zeugs«, fügte Drumgoole an.
    Seine Enthüllung sorgte für kaum verhohlenes Kichern, und Diego spürte, wie eine Hitzewallung ihn überspülte. »Ganz recht. Meine Kollegen und ich erwirtschaften für Mr. Pinney die größten Gewinne, soweit ich weiß. Vermutlich haben meine Geschichten die goldenen Manschettenknöpfe finanziert, die er heute Abend trägt. Wenn Sie mich jetzt entschuldigen würden, ich muss nach meinem drogenabhängigen, Pool Billard spielenden und in der Gosse lebenden Musikerfreund Ausschau halten.«
    Diego verließ die verblüffte Gruppe mit einem tiefen Gefühl der Befriedigung, das nur ein wenig von Reue getrübt wurde. Zum Glück hatte er seinen Vorschussscheck bereits erhalten und eingelöst.
    Rumbold Prague war derweil noch immer nicht wieder aufgetaucht. Diego malte sich aus, wie er sich auf irgendeiner Toilette einen Schuss setzte, bevor er auf die Bühne ging. Diesem geistigen Bild folgte automatisch ein Gedanke an Zohar Kush und Milagra Eventyr.
    Kurz darauf fand Volusia

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