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Moloch

Titel: Moloch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: China Miéville , Michael Moorcock , Paul di Filippo , Geoff Ryman
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erfahren. Ich weiß besser Bescheid als alle anderen. Während es so aussieht, als träfe ich spontan unbedachte Entscheidungen, folge ich, genauso wie unser Präsident und all seine Weisen, einem sorgfältig ausgearbeiteten Plan. › White men in grey this world shall rule, Till justice came to Kent State School.‹« Sein gütiger Blick wanderte an der langen Schlange Kinder und Eltern entlang, die darauf warteten, dass ihre Wünsche erfüllt wurden. Sie waren allesamt vom Sicherheitsdienst kontrolliert worden, und man hatte ihnen ein leichtes Beruhigungsmittel verabreicht. Die Mall war ein sicherer Hafen. Sie war ein Paradies. »Was meinst du, wärest du unter Umständen an einem Bein des Heiligen George interessiert? Eine echte Reliquie mit lückenlosem Herkunftsnachweis. Ein gefälschtes Exemplar wechselte letzte Woche bei eBay für über eine Million Dollar den Besitzer. Es ist in Essig eingelegt, aber wenn man bedenkt, wie alt es ist…?«
    »Dragon’s Claw?« Mo hasste es, Dope beim Klerus zu kaufen. Er konnte nichts dafür. Er stammte aus einer Zeit vor dem Konsumwahn. Als lebender Anachronismus verfügte er nun über eine rätselhafte und unvermutete Macht. Das gefiel ihm sehr. Die Wirtschaft knebelte ihn, aber das Prinzip der Blutrache vermittelte ihm ein beruhigendes Gefühl der Sicherheit. Reagan und Thatcher hätten zu Herrschern der Welt gemacht werden sollen. Bei ihnen wusste man, woran man war. Auge um Auge, Zahn um Zahn. Aber die Liberalen hatten sich wie üblich eingemischt, und jetzt herrschte ein nicht enden wollender Krieg, was immerhin ein gewisser Trost war.
    Der Gandalf kramte in seiner Robe. Er schien auf einen Alarm zu lauschen. Er senkte die Stimme. »Nur gegen bar. Ein Tausender die Unze.« Er nahm durch das Pseudoglas eine Bewegung wahr und blickte nervös hinaus auf die gezackte New Yorker Skyline. »Azrael?«
    Mo zog aus einer trendigen, seltsam gefleckten Kampfjacke ein dickes Bündel. Sein bedeutsamer Blick richtete sich auf die Männer der Nationalgarde, die die Menschenmenge überwachten. Es waren College-Footballspieler mit weichen Gesichtszügen, die man für die Festtage zwangsverpflichtet hatte und die froh waren über den zusätzlichen Nebenverdienst. Sie verglichen die Uhren. »Kaffeepause.« High von Schwarzem Afghanen hatten sie es den größten Teil des Jahrhunderts locker angehen lassen. Der hohe Teergehalt war in ihr Blut gelangt, und ihre Arterien verhärteten sich so schnell, dass sie nach ihrer Syrup-Dog- Zuteilung lechzten wie Blechmänner, die ihre Ölkannen verloren hatten. Mo seufzte tief. Er war frei von akuten Angstzuständen. Ein Goldenes Zeitalter wie das augenblickliche dauerte mindestens ein Jahr.
    Wurde es nicht allmählich Zeit, dass Jerry wieder auftauchte? Es wäre nicht fair, wenn es anders wäre. Er war schon zu lange auf dem Eis.
    Der Gandalf schlüpfte für einen Moment in seine Plastikhöhle. Er kam schnell wieder heraus, in den Händen die Überreste eines Mars-Riegels. Sich der kritischen Blicke seiner aufmerksamen Kunden sehr wohl bewusst, bemühte er sich hektisch um eine souveräne Haltung, aber ihm war die Selbstkontrolle ein wenig entglitten. Mit angeekelt gerümpfter Nase schob er die Ware in Mos dunkle Hand. »Irgendein kleiner Bengel hat die Hobbitkostüme vollgewichst. Aber wo ist die Polizei, wenn man sie braucht?« Die Nats knabberten noch immer genussvoll an ihren Karamel-Corn-Dogs, während sie auf dem Bildschirm hoch oben an der Wand die Abenteuer von Sweet Doggy verfolgten. Mo nutzte die günstige Gelegenheit und ging hinein, um nachzusehen, welche sinnlichen Genüsse die Situation für ihn bereithielt.
    Bischof Beesley strich seine graue Soutane glatt und nutzte die Ablenkung, um sich zu sammeln. Er räusperte sich. »Ho, ho. Ho, ho…«
    Allmählich begann er zu strahlen. Für einen kurzen Moment verspürte er einen Anflug von Überlegenheit. Er drehte sich zu seinen Kunden um. Aus dem Zelt vernahmen sie einen dumpfen Fall und ein Quieken, dann ein ersticktes Knurren.
    Der Gandalf ließ sich unbemerkt auf seinem Hocker nieder. Dieser Moment gehörte jetzt Mo.
    In der gesamten Mall herrschte zehn Minuten lang totale Stille, während alles auf den unausweichlichen Schuss wartete.

 
    ZWEI
    Tell Me There’s A Heaven
     
    I want to bite the hand, that feeds me
    I want to bite the hand so badly.
    Elvis Costello, Radio, Radio
     
     
    Ein ganz neuer George W. Bush wandte sich am vergangenen Dienstag an eine veränderte Nation, die

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