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Moloch

Titel: Moloch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: China Miéville , Michael Moorcock , Paul di Filippo , Geoff Ryman
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Freude, dass jeder in einen rauschhaften spirituellen Zustand geriet. Mehrere Sufi-Sänger in der Gruppe des Meisters baten um Erlaubnis, Verse aus dem Qur’an vorzutragen, und die Priester gestatteten es.
    Die Freude darüber, unseren Meister empfangen zu können, in Verbindung mit dem Lob Gottes durch die Sänger versetzte die Anwesenden in einen Zustand der Ekstase. Vielen waren total entrückt. Als der Gesang endete und Abu Sai’d sich anschickte, die Versammlung zu verlassen, rief einer seiner Schüler voller Begeisterung aus: »Wenn der Meister es will und äußert, werden viele der hier Anwesenden das Gewand der Christenheit ablegen und sich in das Kleid des Islam hüllen.«
    Der Meister erwiderte: »Wir haben ihnen ihre Gewänder eigentlich nicht mit der Absicht gegeben, damit sie sie irgendwann ablegen.«
     
    Ibn Munawwar, Asrar at-Tawhid, ed. Shafi-Kadkani, 1,210
     
     
    Sie erhalten einen weißen Eimer für dringende kleine Geschäfte, während sie instruiert werden, zwei Finger zu heben, wenn die große Alternative angesagt ist. In diesem Fall legt der Wächter ihnen Handschellen an und bringt sie zur Latrine. Während das Militär einerseits keinerlei Baukosten gescheut hat (in drei Wochen haben sie ein komplettes Feldlazarett mit einem medizinischen Personal von insgesamt 160 Personen errichtet – zwei mehr, als Gefangene im Lager sind), sparen sie ein Vermögen an Toilettenpapier. Es gehört zu den kulturellen Gepflogenheiten der Gefangenen, keins zu benutzen. »Wir verzichten aufs Händeschütteln«, erklärt einer der Wächter.
     
    Guantanamo ist kein Ferienlager. Dass es den Insassen
    schlecht geht, ist ihre eigene Schuld
    von Matt Labash,
    The Weekly Standard , 11. Februar 2002
     
     
    »Alle amerikanischen Soldaten sind Linkshänder«, sagte Jerry. »Das habe ich in einer Illustrierten gelesen.«
    »Ich kann CNN nicht einschalten, ohne an meinen armen, dummen Sohn zu denken.« Mit einem breiten Lächeln streckte Abu Said sich von der Schulter bis zu den Oberschenkeln. »Sie sind ein wenig größer geworden, seit wir das letzte Mal miteinander zu tun hatten. Aber es würde Ihnen gut tun, ein wenig zuzunehmen. Essen Sie heute mit mir zu Abend. So Gott will werden wir erlesen dinieren.«
    »Was hatten Sie noch einmal über Schafe gesagt?« Jerry griff nach seinem Jackett.
    »Ich sprach von Schäferhunden. Mir sind schon sehr seltsame Schäferhunde untergekommen. Ich bewundere natürlich Ihre Collies. Wer würde das nicht? Ich habe mir die Fernsehübertragungen von den Prüfungen niemals entgehen lassen.« Er war heimgekehrt, als die Lage in Tipton heikel wurde.
    »Schon mal erlebt, dass einer ein Schaf gerissen hat?« Jerry hob die Arme. Abu Said übertrug Zahlen auf seinen Palmtop.
    »Niemals. In einem guten Schäferhund steckt viel von einem Wolf, wie Ihnen jedermann bestätigen kann. Doch sie haben etwas in sich, so wie auch viele Menschen etwas in sich haben, das sie davon abhält, etwas derartiges zu tun. Und was für ein Wolf soll das schon sein, Monsignor Cornelius?«
    »Ein ziemlich unfähiger.«
    »Aber ein äußerst fähiger Schäferhund.«
    »Man kriegt immer wieder mal eine schlechte Kreuzung. Sie können nicht alle von Natur aus gutmütig sein.«
    »Hm, vielleicht.« Abu Said ließ sich wieder ein wenig zusammensinken. »Kennen Sie sich bei Camus aus? Ich lese immer mal wieder Le Myth de Sysyphe. Ständiges Bemühen. Ständige Enttäuschung. Ständige Freude. Immer ein Trost in Zeiten wie diesen.«
    Jerry empfand angesichts dieser schicksalsergebenen Haltung Unbehagen. »Wann sind die Herrscher dieser Welt auf den Trick verfallen, Zivilisten an die Front zu schicken? So etwas erspart Unmengen an Rüstungsgeldern.« Er strich mit dem rechten Zeigefinger über das Seidenband, das sein alter Schneider ihm hinhielt. »So glatt wie Öl. Man kann kaum sagen, was es früher einmal war.«
    »Nein, aber gewöhnlich sind es Würmer.« Der Schneider deutete auf dicke Stoffballen, die sich in den Regalen stapelten, an den Wänden des Ladens, die nicht der Straße zugewandt waren. »Der Rest ist Öl. Von Menschenhand gefertigt, wie es so schön heißt. Stellen Sie sich vor, dass dies – jene blassgrüne Gaze, zum Beispiel – irgendwann mal in der Wüste vergraben war.« Seine amüsierten braunen Augen studierten Jerrys Gesicht. »Sie sprachen vom Rif. Abd’ el Krim lautete sein Name, glaube ich. Ist er nicht in Paris an Tuberkulose gestorben? Das tun sie meistens. Nennt man Sie im Magreb

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