Monde der Finsternis 03 - Mond der Ewigkeit
den Augen, als sie Charles heraushörte. Der nächste Konflikt mit Aidan war vorprogrammiert. Weshalb war er noch hier, wo er ihr doch versprochen hatte, Joey anzurufen? Sie war gespannt auf seine Entschuldigung und marschierte in die Küche. Ihre Mutter, Kevin und Charles saßen am Tisch und sahen auf, als sie eintrat. Das Frühstücksgeschirr war noch nicht abgeräumt und auf dem Herd kochte ein Topf Wasser. Das Lächeln auf ihren Gesichtern erlosch schlagartig, was sicher an ihrer finsteren Miene lag.
„Guten Morgen, mein Schatz, setz dich zu uns. Eine Tasse Kaffee ist auch noch übrig“, wurde sie von ihrer Mutter begrüßt.
Amber verspürte keine Lust auf eine Unterhaltung und antwortete nicht. Stattdessen sah sie Charles fragend an. Sie bemerkte aus dem Augenwinkel den Blick ihrer Mutter, der zwischen ihnen hin und her flog.
„Die Werkstatt ist geschlossen. Joey wird Charles’ Wagen heute Nachmittag aus dem Schlamm ziehen. Bis dahin ist er unser Gast“, rechtfertigte ihre Mutter seine Anwesenheit und nickte ihm zu.
Sie hatte in ihm schon immer den perfekten Ehemann für Amber gesehen. Ihre Trennung wegen Janice damals hatte sie mit den Worten „Männer müssen sich austoben“ heruntergespielt. Amber kniff die Lippen zusammen.
Charles räusperte sich. „Ich glaube, ich gehe jetzt …“
„Warum hast du mich gestern nicht geweckt, um mir zu sagen, dass Charles hier übernachtet? Dann hätte ich ein opulenteres Frühstück eingekauft“, wurde er von ihrer Mutter unterbrochen, die nebenbei aus dem Sideboard eine Tasse angelte und Kaffee für Amber eingoss.
„Hat sich so ergeben. Außerdem wollte er schon längst weg sein.“ Sie konnte sich die Anspielung nicht verkneifen. Er zuckte leicht zusammen.
„Wollte ich ja auch. Dringende Geschäfte warten in London auf mich“, antwortete er.
„Lass dich nicht aufhalten. Ich bringe dich gern zum Flughafen. Joey kann dir den Wagen bringen.“ Nach seinem plumpen Annäherungsversuch in der letzten Nacht wollte sie ihn so schnell wie möglich loswerden.
„Das hört sich ja fast so an, als wolltest du Charles rausschmeißen! Hast du deine Manieren vergessen?“ Ihre Mutter schüttelte den Kopf und warf ihre Serviette auf den Tisch.
„Mom, wir haben nicht das Recht, Charles von seinen wichtigen Geschäften abzuhalten“, entgegnete sie, ohne den Blick von ihm abzuwenden. Hoffentlich verschwindest du bald, schickte sie gedanklich hinterher.
Charles runzelte die Stirn und stand auf. „Da fällt mir gerade ein, dass ich noch einmal zu Joey muss. Wegen der Bezahlung.“
Er sah Amber an, als erwartete er von ihr, sie würde ihm vorschlagen, ihn nach Gealach zu fahren. Da konnte er lange warten. Kevin kam ihrer Antwort zuvor.
„Ich fahre dich.“ Ihr Bruder stand auf und lief zur Tür.
„Warte. Kann ich dich noch einen kurzen Moment sprechen?“, rief Amber ihm hinterher.
Ihr Bruder drehte sich um und nickte. „Muss eh noch in mein Zimmer, mir Schuhe anziehen.“
Kevin schloss hinter sich die Zimmertür.
„Wie geht es Jill?“ Amber sorgte sich um das Mädchen, dessen Angst ihr noch immer gegenwärtig war.
„Gut. Sie ist bei ihren Großeltern. Aidan hat sie gestern zu ihnen gefahren.“
Amber sah ihn an und fragte sich in diesem Moment, wie sie die sicherlich schlechte Verfassung Jills begründet hatten.
„Die glauben, dass sie Migräne hat. Du weißt schon, mit Übergeben und so.“ Kevin grinste schief und setzte hastig nach: „Keine Angst, ich habe vor Mom und Charles kein Sterbenswörtchen verloren. Du warst klasse. Danke.“
„Schon gut. Ich hatte Befürchtungen, aber zum Glück hat sie es geschafft.“ Sie klopfte ihrem Bruder liebevoll auf die Schulter. „Hoffentlich sieht sie ein, dass es besser ist, sich nicht mehr mit Magiern einzulassen.“ Über Kevins Miene flog ein Schatten. Seine Sorge um Jill war rührend.
„Bestimmt hat sie daraus gelernt. Rede mit ihr über das, was geschehen ist.“
Er wirkte erleichtert, als hätte jemand eine Last von seinen Schultern genommen. Amber ging zur Tür und drückte die Klinke hinunter.
„Aidan war gestern Nacht so komisch drauf. Er ist sauer wegen Charles, stimmt’s?“
„Ja, ich denke schon“, antwortete Amber und spürte, wie sich vor Traurigkeit ihre Kehle zusammenzog.
An Hermits Beisetzung nahmen außer dem Geistlichen nur Amber, ihre Mutter, Kevin und zwei Mitarbeiter des Beerdigungsunternehmens teil. Der Himmel war blau und die Sonne öffnete bereits die ersten
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